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Speichersysteme für Photovoltaik - Welche Technologien gibt es?

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Eingestellt 16, Dez 2013 in Photovoltaik von Anonym
   

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Beantwortet 16, Dez 2013 von Anonym

Technologieübersicht und Anmerkungen

Es gibt kaum noch eine Fachveranstaltung im Bereich der erneuerbaren Energien, die sich nicht mit dem Themenkomplex der Speichersysteme auseinander setzt. Immerhin ist der sich entwickelnde Markt gigantisch: Allein fast 800.000 Solaranlagen (bis 30 kW) werden von Privatpersonen oder kleinen Unternehmen in Deutschland betrieben. Für die Größen zwischen 30 und 100 kW kommen nochmals gut 90.000 hinzu.

Aber auch der Endkunde - mit Solaranlage - beschäftigt sich angesichts steigender Energiepreise mit den Möglichkeiten, die solche Systeme bieten können. Dabei sind es vorrangig zwei Gründe, die derzeit für die Installation von Speichersystemen angegeben werden: Die Verminderung der Abhängigkeit von den Stromversorgern und mittelfristig die Erhöhung des Eigenverbrauchs und damit Senkung der Energiekosten.

Doch für welche Technologie soll sich der Kunde entscheiden?

In den Marketingbroschüren ist natürlich jedes Produkt sein Geld wert, doch rein technologisch gibt es gravierende Unterschiede. Eine kurze Übersicht:

Speichersysteme mit Blei-Säure oder Blei-Gel-Akkus

Blei-Akkus sind jedem hinlänglich bekannt, da diese seit Jahren in jedem PKW eingesetzt werden - als typische Autobatterie. Die Industrie hat hier eine langjährige Erfahrung in der Herstellung aufzuweisen und auch die Ladetechnik ist bekannt und erprobt. Etwas moderner sind Blei-Gel-Batterien. Hier ist der Elektrolyt - die Flüssigkeit innerhalb der Batterie, die normalerweise aus verdünnter Schwefelsäure besteht - entsprechend chemisch gebunden, so dass die Zelle nicht auslaufen kann.


Die Bleibatterie findet allerdings ihre Grenzen bei der Lebensdauer. Mehr als 3.000 Ladezyklen sind mit aktuellen Systemen kaum erreichbar. Bleiakkumulatoren sollten nicht tiefentladen (Zellenspannungen unter 1,8 V) werden, da dies zu irreparablen Schäden führt und den Akku unbrauchbar machen kann. Aus wirtschaftlichen Gründen sollten daher die Batterien nicht unter 20 % der Kapazität entladen werden.

Die Lebensdauer solcher Systeme wird bei vielen Herstellern vermutlich überschätzt. Wie oft brauchen wir denn eine neue Autobatterie? Je nach Fahrzeug alle zwei bis drei Jahre. Wie viele Ladezyklen das dann wohl waren?

Ist eine Bleibatterie am Ende ihrer Lebensdauer angekommen, muss diese endgültig als Sondermüll entsorgt werden.

Im Bereich der Solarstromspeicher werden eine Vielzahl Systeme auf Blei-Säure-Basis angeboten.

Weitere Informationen zur Blei-Säure-Technologie bei Wikipedia.


Speichersysteme mit Lithium-Ionen- oder auf Lithium basierende Akkus

Lithium-Ionen-Akkus verfügen im Gegensatz zur Bleich-Technologie über eine wesentlich höhere Energiedichte.Das bedeutet, dass entweder die Bauform und das Gewicht bei gleicher Kapazität kleiner sind oder bei gleicher Größe mehr Energie gespeichert werden kann.


Lithium-Ionen-Akkus sind im Kleinformat bereits seit Jahren aus der Elektronik bekannt. In der Öffentlichkeit fanden diese Beachtung, als die Technologie bei den Mobiltelefonen genutzt wurde. Lithium-Ionen-Akkus haben (fast) keinen sog. Memory-Effekt, der die Kapazität im Laufe der Lebensdauer vermindert.

Heute wird eine Vielzahl an verschiedenen Einzelsystemen angeboten, die auf Basis von Lithium arbeiten. Eine der bekannteren Technologien ist beispielsweise der Lithium-Eisenphosphat-Akkumulator (LiFePO4).

Die höhere Energiedichte hat allerdings auch ihre Nachteile, wie aus den Vorfällen in der Vergangenheit ersichtlich ist. Die eingesetzten Batterien in Boeings Dreamliner waren Lithium-Ionen-Akkus. Und davor gab es Probleme mit explodierenden Handy-Akkus - gleiche Technologie. Nicht umsonst gelten beim Umgang mit Lithium-Akkus spezielle Sicherheitsvorschriften, zumal eine solche Batterie im Fall der Fälle mit Wasser nicht zu löschen ist.

Aktuell gibt es kaum belastbare Aussagen über die Lebensdauer dieser Systeme. Die Angaben basieren meist auf den hochgerechneten Ergebnissen von Belastungstest im Labor. Erst in Jahren werden konkrete Daten vorliegen.

Im Bereich der Solarstromspeicher werden eine Vielzahl Systeme auf Lithium-Ionen-Basis angeboten, die preislich allerdings deutlich über der Blei-Technologie rangieren.

Weitere Informationen zur Lithium-Ionen-Technologie bei Wikipedia.


Speichersysteme mit Nickel-Eisen-Akkus

Ein wenig abseits der o.g. dominierenden Technologien steht der Nickel-Eisen-Akkumulator. Der auch Edison-Akku (nach dem Erfinder Thomas Edison benannt) genannte Speichertyp ist seit über 100 Jahren bekannt, konnte sich Anfang des letzten Jahrhunderts allerdings nicht gegenüber den Blei-Säure-Batterien behaupten - hauptsächlich auf Grund des Vorteils, dass Nickel-Eisen-Akkus eine weitaus höhere Lebensdauer haben, als andere Technologien.


Auch bei diesen Batterietypen ist der Grundaufbau der gleiche. Allerdings sind alle verwendeten Materialien nicht giftig und können umweltfreundlich recycled werden. Die Speicherdichte ist eher mit denen der Blei-Säure-Systeme vergleichbar aber selbst am Ende der Lebensdauer können die Zellen über ein Auswechseln des Elektrolyten - Kalilauge - wieder verwendet werden.

Die Ladetechnologie für solche Systeme ist sehr speziell, so dass es derzeit nur sehr wenige Systemanbieter gibt, die Nickel-Eisen-Akkus für den Einsatz als Solarstromspeicher verwenden. Auch ist der aktuelle Preis der Systeme höher, als bei anderen Technologien. Sieht man allerdings die größere Lebensdauer - die bei anderen Systeme in der Realität sehr schnell erreicht werden könnte - und die damit verbundenen Austauschkosten der Batterien sowie die Entsorgungskosten, so können Nickel-Eisen-Akkus eine echte Alternative darstellen.

Weitere Informationen zur Nickel-Eisen-Technologie bei Wikipedia.

Fazit

Es gibt keine Aussage darüber, welche der Technologien die beste ist. Das kann je nach Einsatzszenario variieren. Tatsache ist jedoch, dass die Lithium-Ionen-Akkus zwar eine sehr hohe Leistungsfähigkeit besitzen auf der anderen Seite jedoch im wahrsten Sinne "brandgefährlich" sein können. Wie dies aus Sicht der Versicherungswirtschaft in Zukunft aussehen kann, wird derzeit noch diskutiert. Die ersten Versicherungsunternehmen beschäftigen sich aktuell auch mit der Frage der Technologien.

Der Vollständigkeit sei noch genannt, dass ein Preisvergleich derzeit nur unter Vorbehalt möglich ist. Einfach die Preisangaben von diversen Internetseiten vergleichen, ist nicht immer die beste Entscheidung. Hier sollte man immer darauf achten welche Komponenten und Serviceleistungen enthalten sind. Aufpassen sollte man übrigens auch bei den 3-Phasigen Systemen. Nicht in allen Fällen wird auch 3-phasig eingespeist - eine Technik, die ab 2014 gesetzlich unterbunden werden soll.

Artikel mit Abbildungen hier

Kommentiert 16, Dez 2013 von Martin Werner (2,069 Punkte)
LiFePO4- Akkus dürfen hinsichtlich des Brandverhaltens nicht mit Li-Ionen Akkus gleichgesetzt werden. Aufgrund des festen Elektrolyt und der Zellchemie gelten LiFePO4-Zellen als eigensicher, d. h. ein thermisches Durchgehen wie bei Lithium-Ionen-Akkumulatoren gilt als ausgeschlossen.
s. http://de.wikipedia.org/wiki/LiFePO4
Kommentiert 16, Dez 2013 von Anonym
Danke für die Ergänzung. Ist natürlich richtig, aber derzeit werden von den verschiedenen Instituten gut ein Duzend verschiedene Li-Technologien entwickelt. Einige davon sind nicht so ungefährlich wie LiFePO4 und stehen aktuell auch noch nicht zum Verkauf.
Trotzdem gelten bei Li-Akkus andere Vorschriften, als bei Blei-Akkus.
+1 Punkt
Beantwortet 19, Dez 2013 von Christian Bieber (58 Punkte)
Trotz der sehr ausführlichen Antwort des Herrn Kuhn (Danke an dieser Stelle) möchte ich noch zwei Ergänzungen anführen:

Bei Batteriespeichersystemen fürs Haus spielen Masse und Gewicht eine untergeordnete Rolle, anders als bei der Elektromobilität.

Aus diesem Grund spricht derzeit wenig gegen Blei Batterien. Diese sind bewährt und kostengünstig.

Anders als bei der Autobatterie, die äußerst günstig hergestellt sind, gibte es auch eine Technologie, die interessant ist: Die VRLA-AGM Batterie. Diese sind mit ca. 1 Euro/Ah hochstromfest, niederohmig und langliebig.

Beste Grüße

Christian Bieber von Solartechnik Bayern
+1 Punkt
Beantwortet 7, Jan 2014 von Wolfgang Hartmann (394 Punkte)
Hallo aus Norddeutschland.  Welche Akkutechnologie bei Energiespeichern verwendet werden sollte, ist eine Sache. Ich tendiere hier zur Lithium Technologie, weil sie einfach längere Lebensdauer verspricht. Andere Argumente sind meiner Ansicht nach aber auch wichtig zu bedenken:

1.  Warum eigentlich speichern?    Weil die Sonne am Tage scheint. Zumindest, wenn wir berufstätig sind und tagsüber die gewonnene Energie überwiegend nicht genutzt werden kann, so gibt der Speicher doch die Möglichkeit, die Energie am Abend und in der Nacht abzurufen. Das steigert die Unabhängigkeit von den Energieversorgern.

2.  Ein Energiespeicher kann mehrere Eingänge haben!     So können verschiedene Energiequellen sinnvoll angezapft werden, z.B. Photovoltaik vom Ostdach und vom Westdach, Überschussenergie von Blockheizkraftwerken und nicht zuletzt Energie von Kleinwindkraftanlagen. Alles wird über den Speicher gebündelt und dann an die Verbraucher im haus abgegeben.

3. Wie wichtig ist die Wechselrichtertechnologie?      Die Wechselrichter sollten in 3-Phasen-Drehstromtechnik ausgelegt werden. Oftmals sind es zwar 3 einzelne Phasen, aber die Drehstromfunktion fehlt. Dies ist aber für die gleichmäßige Auslastung der Netzphasen wichtig.

4. Notstromfunktion?  Die Notstromfunktion ist auch heute noch sehr wichtig. Es gibt zwar Schaltzeiten, also ein Vergleich mit USV-Anlagen ist niocht möglich. Wenn aber kein Strom vorhanden ist, funktioniert auch die Heizung nicht mehr!!! Hier liegt auch ein Vorteil in der Lithium  Akkutechnologie, denn generell kann dieser Akku tiefer antladen werden als ein Blei-System.

 

Also: Speichersysteme finde ich gut. Beratung ist aber sehr wichtig, um die optimale Anlage auszusuchen.

 

Liebe Grüße
Wolfgang Hartmann
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Beantwortet 7, Apr 2014 von Schmidt-Gütter (284 Punkte)
Bei den Blei-Akkus gibt es zwei wesentlich verschiedene Bauarten - verschieden sowohl in der Leistung als aucvh im Preis. Das "Zauberwort" heißt dabei "Zyklenfestigkeit" - also die Anzahl der lebensdauerbestimmenden Entlade-/Ladezyklen, jeweils bei einer bestimmten "Entladetiefe".

Der "normale Auto-Akku" ist eine sogenannte Starterbatterie. Kennzeichen: Hohe Entladeströme, niedriger Preis - aber geringe Zyklenfestigkeit (oft nur wenige hundert Zyklen bei 50% Entladetiefe). Grund: Hoher Anteil an Bleischwamm - und damit geringer Materialeinsatz.

Im Gegensatz dazu stehen dedizierte Solar- oder Antriebsbatterien: Sie sind zwar für geringere Entladeströme ausgelegt und auch noch deutlich teurer (etwa um den Faktor 2 - 4) - besitzen aber eine hohe Zyklenfestigkeit von 3000 - 4000 Zyklen bei 30 - 50 % Entladetiefe. Der höhere Preis resultiert unter anderem aus einem höheren Materialeinsatz (massive Bleiplatten, kaum Bleischwamm) und ggf. höheren Qualitätsansprüchen in der Produktion.

Dies sollte man beim Vergleich verschiedener Blei-basierender Akkusysteme wissen und beachten, wenn man nicht die sprichwörtlichen "Äpfel und Birnen" vergleichen will...
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