Bisher war es in der Regel so, dass PV-Anlagen in steuerlicher Hinsicht (nicht gewerberechtlich!) als Gewerbe betrachtet wurden. Voraussetzung hierfür war die "Gewinnerzielungsabsicht", sowie dauerhafte Einnahmen aus dem Verkauf des Solarstroms. Die steuerliche Einstufung als Gewerbe hat zwei Konsequenzen:
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Umsatz-/Mehrwertsteuer: Die Mehrwertsteuer für die Investitionskosten wird vom Finanzamt (FA) zurückerstattet, die PV-Einspeisevergütung erhält man zzgl. MwSt, die man aber als Umsatzsteuer wieder ans FA abführen muss. Dies gilt heute in der Regel für den Anteil der Überschusseinspeisung.
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Einnahmen aus Gewerbebetrieb (Anlage GSE): Die PV-Anlage kann steuerlich genutzt werden, indem aus dem Gewerbebetrieb (in den Anfangsjahren!) Verluste steuerlich geltend gemacht werden können. Man macht eine "Einnahmen-Überschuss-Rechnung (bzw. Gewinn-/Verlust-Rechnung) und trägt das Ergebnis in die Anlage GSE bei der Einkommensteuer ein.
Mittlerweile macht es kaum noch Sinn, eine kleine PV-Anlage auf dem Privathaus steuerlich als Gewerbe geltend zu machen,
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da der "Gewinn" absolut relativ niedrig ist (auch wenn PV-Anlagen weiterhin lohnend sind!).
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insbesondere der Eigenverbrauch ( = Privatentnahme aus "Unternehmensvermögen) von der gewerblichen Nutzung abgegrenzt werden muss
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durch die gewerbliche Betrachtung kaum mehr Vorteile entstehen, aber jahrelang eine Steuererklärung und Umsatzsteuererklärung gemacht werden muss ( = lästiger Aufwand für wenige Euro!)
Daher die Frage, ob es möglich ist, bei einer heute gebauten PV-Anlage auf dem Eigenheim mit Eigenverbrauch ganz ums Finanzamt herum zu kommen und sich so den lästigen Formalienkram zu sparen!
Beispiel: Privathaus mit 3.500 kWh Verbrauch, 6 kWp PV-Anlage für 10.000 Euro (netto), Eigenverbrauchsquote 25% (1.500 kWh). Rund 2.000 Euro Mehrwertsteuer insgesamt, davon quasi 1.500 Euro gewerblich und 500 Euro privat.
Wenn die Eigenverbrauchsquote mit einem Stromspeicher verdoppelt wird, reduziert sich die Mehrwertsteuererstattung auf 1.000 Euro. Bei weiterer Erhöhung der Eigenverbrauchsquote durch Nutzung im Warmwasser- und Heizungsbereich reduziert sich die Mehrwertsteuererstattung entsprechend weiter...
Steuerliche Betrachtung:
Variante A.: Anteil gewerbliche Nutzung (Überschusseinspeisung) = 75%, d. h. 1.500 Euro Mehrwertsteuer kommen vom Finanzamt zurück. Nachteil: wenn sich der Eigenverbrauchsanteil ändert (z. B. wegen Anschaffung von Stromspeicher oder Elektroauto größer wird), muss der gewerbliche Anteil angepasst werden. (Frage: wie geht das konkret?)
Variante B: die komplette Anlage wird gewerblich genutzt, dafür muss aber der eigenverbrauchte Strom als "Privatentnahme" mit Mehrwertsteuer belastet und diese an FA abgeführt werden. Hierzu kam in den letzten Tagen ein Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums, der klar stellt, mit welchem Geldbetrag der eigenverbrauchte PV-Strom zu bewerten ist. Hier im Forum gibt es dazu diesen Beitrag: "Mehrwertsteuer auf Eigenverbrauch - was heißt das konkret?" Als Wert sind NICHT die Herstellkosten aus der PV-Investition anzusetzen (also ca. 13 Ct/kWh), sondern der Preis des Stromversorgers für den Reststrombezug (also derzeit rund 22 Ct/kWh netto, mit Preissteigerungsrate von wahrscheinlich rund 4% p. a. in den nächsten 20 Jahren!). Damit muss man bei dieser Betrachtung viel mehr Mehrwertsteuer für den selbst hergestellten Strom ans Finanzamt zahlen, und zahlt somit drauf!
Variante A scheint recht unsicher und kompliziert - zumindest wenn sich der Eigenverbrauchsanteil ändert. Variante B ist für dein Eigenverbraucher finanziell sehr ungünstig, insbesondere wenn der Strompreis stark gestiegen ist und die Differenz zum PV-Herstellkostenpreis überproportional steigt!
Es wäre also wirklich schön, es ohne Finanzamt machen zu können, auch wenn das (zunächst) etwas mehr kostet (dafür aber Nerven spart):
Was aus meiner Sicht sicher funktionieren wird:
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Den Strom-Eigenverbrauchsanteil möglichst groß machen (z. B. mit Speicher, E-Fahrzeug)
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Den Überschuss anderweitig nutzen (z. B. mit Elektrowärmepumpe oder Heizpatrone im Warmwasserspeicher der Heizungsanlage, Heizung der Kellerräume etc.)
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evtl. noch vorhandene Überschuss-Einspeisung verhindern (z. B. mit Sunny Home Manager, Einspeisebegrenzung am Hausanschluss auf NULL setzen)
Hier wird kein Strom verkauft, es gibt also keine gewerbliche Tätigkeit, somit auch keine Mehrwertsteuererstattung, aber auch nie die Notwendigkeit für irgendwelche Steuererklärungen.
Die Verhinderung der Überschusseinspeisung mit Stromspeicher oder Wärmespeicher kostet zusätzliche Investitionen, die Abregelung ist volkswirtschaftliche Verschwendung. Daher will ich natürlich vorrangig (nach dem direkten Eigenverbrauch) lieber den Überschuss ins Netz einspeisen, als "abregeln".
JETZT aber die verbleibende Frage an die Steuerexperten: bis zu welcher (Bagatell-)Grenze darf ich Überschussstrom an den Netzbetreiber gegen Entgelt liefern, ohne dass die PV-Stromerzeugung dadurch im steuerlichen Sinn "gewerblich" wird?
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Bis zu welchem Anteil ist die Überschusseinspeisung "Liebhaberei"? Lt. des o. g. Anwendungserlass der Bundesfinanzministeriums gibt es ja bei der Umsatzsteuer eine 10%-Bagatellgrenze.
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Oder gibt es eine andere Möglichkeit, um eine Überschusseinspeisung möglich zu machen, ohne hierbei mit dem Finanzamt in Konflikt zu kommen?
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Z. B. den Strom zu "spenden" und hierfür eine Spendenquittung zu erhalten (z. B. über die Stromtauschplattform buzzn.net?).
Oder darf ich den Strom einfach unentgeltlich in das Stromnetz einspeisen, damit zumindest die Verschwendung des Abregelns unterbleiben kann?
Klar: die PV-Anlage kostet nun im schlimmsten Fall 19% (oder fast 1.500 Euro in obigem Beispiel für den Überschussanteil) mehr. Dafür spare ich mir über 20 Jahre evtl. den Steuerberater oder zumindest den Aufwand für die EÜ-Rechnung und Anlage GSE. Autonomie ohne Finanzamt macht Spaß! Und bei einer privaten Heizungsanlage (z. B. Pelletsanlage für 10.000 Euro) denkt auch niemand daran, die Umsatzsteuer zu sparen und sich dafür die Wärme selbst als "Contractor" zu verkaufen...
Ich freue mich auf Eure Anregungen, Kommentar und Ideen!
Mit sonnigen Grüßen,
Andreas Horn