Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verjährung von Mängelansprüchen
Der Bundesgerichtshof (kurz: BGH) hat mit Urteil vom 02.06.2016 erneut über die Frage der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen bei PV-Dachanlagen entschieden.
In der Praxis ist immer wieder streitig, innerhalb welcher Frist etwaige Gewährleistungsrechte gegenüber dem Lieferanten oder Errichter der PV-Dachanlage geltend zu machen sind. Abweichend von den allgemeinen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (kurz: BGB), die eine Regelverjährungsfrist von drei Jahren vorsehen, gilt für die Verjährung von Mängelansprüchen die Sonderregelung des § 438 BGB (Kaufvertragsrecht) bzw. § 638a BGB (Werkvertragsrecht). Danach gilt grundsätzlich eine Verjährungsfrist von zwei Jahren. Nur für Bauwerke bzw. Sachen, die für ein Bauwerk verwendet worden sind, gilt die längere Verjährungsfrist von fünf Jahren - und zwar unabhängig davon, ob die Mängelgewährleistungsansprüche aus Werkvertrags- oder Kaufvertragsrecht herrühren. Mithin kommt es entscheidend auf die Frage an, ob es sich bei einer PV-Dachanlage um ein Bauwerk bzw. um eine für ein Bauwerk verwendete Sache handelt.
Bereits im Jahr 2013 hatte der für Kaufrecht zuständige achte Zivilsenat des BGH (Urt. v. 09.10.2013, Az. VIII ZR 381/12) bezüglich einer auf einer Scheune angebrachten PV-Anlage entschieden, dass es sich mangels Verbindung mit dem Erdboden bei der PV-Anlage selbst nicht um ein Bauwerk handle. Die Solarmodule seien auch nicht für die als Bauwerk zu qualifizierende Scheune verwendet worden, denn sie waren weder Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an der Scheune, noch für deren Konstruktion, Bestand, Erhalt oder Benutzbarkeit von Bedeutung. Vielmehr diente die PV-Anlage einem eigenen Zweck, nämlich der Stromerzeugung zur Schaffung einer zusätzlichen Einnahmequelle - und zwar auch wenn die PV-Anlage der Eigenversorgung der Scheune diene. Daher kam der achte Zivilsenat damals zu dem Ergebnis, dass im entschiedenen Fall statt der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit b BGB, die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB anzuwenden war.
In seinem jüngsten Urteil vom 02.06.2016 hatte sich nunmehr der siebte Zivilsenat des BGH mit der werkvertraglichen Parallelvorschrift des § 634 Abs. 1 BGB auseinander zu setzen und über die Frage der Verjährungsfrist bei Mängelansprüchen im Fall einer nachträglich auf dem Dach einer Tennishalle errichteten PV-Anlage zu entscheiden. Im konkreten Fall kam der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass die für Bauwerke geltende längere Verjährungsfrist von fünf Jahren nach § 634 Abs. 1 Nr. 2 BGB anzuwenden sei. Dabei stellte er auf die ständige Rechtsprechung des BGH ab, wonach die fünfjährige Verjährungsfrist bei Bauwerken gilt, „wenn das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden.“ In der Begründung führt er aus, dass im nun zu entscheidenden Fall die PV-Anlage zur dauernden Nutzung eingebaut und so fest mit der Tennishalle verbunden worden ist, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit erheblichem Aufwand möglich sei. Insofern sei bereits die PV-Anlage selbst als Bauwerk zu qualifizieren. Zudem stellte der Einbau der PV-Anlage aufgrund der damit verbundenen erheblichen Eingriffe in das Dach und die Gebäudeaußenhaut nach Auffassung des Senats eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle dar, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu erachten ist. Schließlich diene die PV-Anlage auch der Tennishalle in ihrer Funktion Trägerobjekt einer solchen Anlage zu sein. Auf die Frage, ob die PV-Anlage der Stromversorgung der Tennishalle diene, komme es hingegen nicht an.
Das scheinbar diametrale Ergebnis zum Urteil des achten Zivilsenats vom 09.10.2013 löste der siebte Zivilsenat, indem er darauf abstellte, dass bzgl. der auf dem Scheunendach installierten PV-Anlage die Bauwerkseigenschaft bereits mangels hinreichend fester Verbindung zum Gebäude sowie mangels grundlegender Erneuerung der Scheune zu verneinen gewesen wäre.
Damit wird deutlich, dass es für die Beantwortung der Frage, ob Mängelgewährleistungsansprüche bei PV-Dachanlagen innerhalb von zwei oder fünf Jahren verjähren, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt. Nach jüngster BGH-Rechtsprechung dürfte die fünfjährige Verjährungsfrist gelten, wenn die PV-Dachanlage zur dauernden Nutzung fest eingebaut wird, der Einbau eine grundlegende Erneuerung des Gebäudes darstellt, die einer Neuerrichtung gleich zu achten ist und die PV-Anlage dem Gebäude dient, indem sie eine Funktion für dieses erfüllt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, bedarf einer rechtlichen Beurteilung im konkreten Einzelfall. Insofern stehen wir Ihnen für Rückfragen und weitere Informationen gern zur Verfügung.