Immer wieder wird im Zusammenhang mit PV-Projekten die Bauabzugssteuer thematisiert. Der hintergrund: Jeder inländische oder ausländische Unternehmer oder jede juristische Person des öffentlichen Rechts hat als empfänger einer Bauleistung für diese im Inland 15 % des Werklohns (Bruttopreis) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Wer einfach 100 % einer Rechnung begleicht, könnte theoretisch von einer Nachzahlung betroffen sein – allerdings praktisch nur bei Freiflächenanlagen und nur unter bestimmten Bedingungen.
Durch das Gesetz zur Eindämmung illegaler Beschäftigung im Baugewerbe wurde die Bauabzugssteuer mit der Wirkung zum 1. Januar 2002 in die §§ 48a bis 48d des Einkommenssteuergesetzes eingeführt. Es handelt sich hierbei um die Zahlung des Auftraggebers auf eine eigentlich vom Auftragnehmer zu entrichtende Steuer. Der Auftraggeber haftet hierbei gegenüber dem Finanzamt, wenn er den Abzug zu Unrecht unterlässt und/oder nicht abführt. Im Klartext heißt das: Ist der PV- Betreiber Unternehmer und hat er eine Bauleistung beauftragt, muss er im schlechtesten Fall trotz 100 % Zahlung an den Errichter noch einmal 15 % des Bruttopreises an das Finanzamt zahlen.
Voraussetzungen und Ausnahme
Unabhängig von der Frage, ob die Veräußerung und Montage der PV-Anlage tatsächlich eine Bauleistung ist oder der Anlagenbetreiber Unternehmer ist, gibt es noch drei Ausnahmen von der Zahlungsverpflichtung. Die erste und häufigste: Von dem entsprechenden Steuerabzug darf der Auftragnehmer absehen, wenn der Unternehmer eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt, die er beim zuständigen Finanzamt beantragen muss. Die weiteren Ausnahmen greifen, wenn ein Bagatellauftrag mit einem Wert von 5.000 € im Kalenderjahr an denselben Leistungsempfänger vorliegt oder Leistungen für private Vermieter erbracht werden (bis zu jährlichen Grenzwerten von 15.000 € beziehungsweise ma- ximal zwei Wohnungen). Nun sind die meisten PV-Anlagenbetreiber Unternehmer, denn es kommt darauf an, dass es sich um einen Unternehmer i.S.v. § 2 UStG handelt. Interessant ist die Frage, ob denn nun bei der Lieferung und der Montage einer PV-Anlage beziehungsweise der Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage überhaupt eine Bauleistung vorliegt. Auf der einen Seite ist es weiterhin die vorherrschende Meinung, dass aufgrund des wirtschaftlichen Schwergewichts bei einem Vertrag zur Lieferung und Montage einer PV-Anlage von einem Kaufvertrag mit M ontageverpflichtung auszugehen ist – sei es nun auf einem Gebäude oder auf der Freifläche. Solange also die Montage immer noch eher wertmäßig eine untergeordnete Rolle spielt, handelt es sich um Kaufverträge und damit eigentlich nicht um eine Bauleistung. Auf der anderen Seite ist nach allgemeiner Meinung der Begriff der Bauleistung weit auszulegen. Die Legaldefinition stellt darauf ab, dass es Leistungen sind, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Dachanlage kein Bauwerk
Die Gebäude-PV-Anlage ist letztlich vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit den Verjährungsfristen nicht als Bauwerk oder Leistung an einem Bauwerk gewertet worden. Eine Bauabzugssteuer bei Gebäude-PV-Anlagen ist des- halb unwahrscheinlich. In dem Sinne haben sich auch das Finanzministerium Baden-Württemberg im Januar 2013 und das Bayerische Landesamt für Steuern in seiner überarbeiteten Broschüre Hilfe zu Photovoltaik-Anlagen geäußert.
Bei Freiflächenanlagen wurde die Bauwerkseigenschaft schon anders gesehen. Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 07. Juli 2005 zum Begriff der Bauleistung nicht von dem Wortlaut, sondern von dem Sinn und Zweck des Gesetzes leiten lassen. Es gehe um die Eindämmung der illegalen Betätigungen im Baugewerbe und deshalb um den Gewerbezweig, der den dringendsten Bedarf für Maßnahmen gegen verbreitete Steuerhinterziehungen aufweise. Es gehe also nur um Unternehmen des Baugewerbes, weshalb zum Beispiel die im Zusammenhang mit der Finanzierung des Bauvorhabens stehende Bank nicht darunter falle. Es gehe also eher um Aktivitäten in einem Betrieb des Bauge- werbes. Deshalb ist die Situation bei PV-Freiflächen-Anlagen nicht ganz eindeutig. Wer als Auftraggeber einer solchen Anlage auf Nummer sicher gehen möchte, sollte mit dem Vertragspartner das Vorliegen einer entsprechenden Freistellungsbescheinigung vereinbaren und diese dann im Zweifelsfall zur Verfügung haben. In dem Fall sind beide Vertrags- partner auf der sicheren Seite.