Lieber Herr Seltmann,
im Artikel "Wenn Bäume Solaranlagen verschatten" (siehe http://www.sfv.de/artikel/wenn_solaranlagen_durch_baeume_verschattet_werden.htm) hatte ich neben einer allgemeinen Betrachtung der Konfliktsituation zwischen Anlagenbetreiber und Nachbarn auch eine zusammenfassende Darstellung der Rechtsauffassung des NRW-Ministeriums eingefügt.
Vor wenigen Tagen erreichte den SFV eine Bestätigung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, dass die im Jahr 2011 ergangene Rechtsauskunft noch immer aktuell sei. Somit gibt es zumindest aus NRW einen konkreten Handlungshinweis:
Auszug aus dem Artikel:
"Zusammenfassung des Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW vom 15.06.2011:"
- Die Regeln zwischen den Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn an der Grundstücksgrenze findet man im BGB und in den jeweiligen Ländergesetzen. Für NRW gilt das Nachbarrechtsgesetz (NachbG NRW).
- Zunächst schreibt das BGB keine Grenzabstände für Bäume und Pflanzen vor. Der Eigentümer des Grundstücks kann nach § 903 BGB die Bepflanzung nach seinen Vorstellungen durchführen. Insofern darf jeder Grundstückseigentümer - so das NRW-Wirtschaftsministerium - innerhalb seines Grundstücks nach Belieben Bäume und Sträucher einbringen.
- Um gegenseitige Beeinträchtigungen zu vermeiden, gibt es allerdings Einschränkungen. Im Nachbarrechtsgesetz (NachbG) NRW werden Grenzabstände in Abhängigkeit von der Schnellwüchsigkeit von Bäumen und Sträuchern festgelegt. Bei stark wachsenden Bäumen, insbesondere der Rotbuche und sämtlichen Arten der Linde, der Platane, der Roßkastanie, der Eiche und der Pappel ist ein Grenzabstand von 4 m, bei allen übrigen Bäumen von 2 m einzuhalten (§ 41 Abs.1 Nr.1 lit.a NachbG NRW). Da die Höhenentwicklung der Bäume allerdings bei definierten Grenzabständen keine Bedeutung hat, können Verschattungen von Solarmodulen damit nicht sicher vermieden werden. Nur dann, wenn die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht eingehalten wurden, kann der Nachbar nach § 1004 BGB die Beseitigung bzw. den Rückschnitt einer Anpflanzung verlangen. Aber auch hier gibt es einen Bestandsschutz, wenn der Nachbar diesen Zustand über einen festgelegten Zeitraum nicht beanstandet.
Insofern sollten all diejenigen, die eine Investition in eine Solarstromanlage in Erwägung ziehen, die Bepflanzung des Nachbarn möglichst genau begutachten.
- Das NRW-Ministerium führt weiter aus, dass selbst nach dem Fristablauf einer Beanstandung der Eigentümer die Anpflanzungen nicht in eine beliebige Höhe wachsen lassen kann. „Vielmehr kann unter dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht kommen, Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden.“ Voraussetzung hierfür ist allerdings der Nachweis, dass der Nachbar einer „ungewöhnlich schweren und nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung“ ausgesetzt sei. Der Rückschnitt würde dann auf eine, beiden Interessen gerecht werdende, Höhe verlangt werden können."
Welche Vorschriften in anderen Bundesländern zum Grenzabstand für Bäume und andere Anpflanzungen getroffen wurden, kann man den jeweils geltenden Nachbarrechtsgesetzen entnehmen.