Guten Tag,
ich gehe mal davon aus, dass sich die Frage auf die Glas-Glas Module der Produktlinie „Sunmodule Protect“ von Solarworld bezieht. Die Belastbarkeit dieser Module wird von Solarworld ja intensiv in Form von Werbespots im Fernsehen beworben. Auch auf der Intersolar 2014 wurde eindrucksvoll demonstriert, welchen mechanischen Belastungen die Glas-Glass Module standhalten. Auch der Glaslieferant von Solarworld hat auf der Intersolar seine 2mm dicken Solargläser für Glas-Glas Module präsentiert.
Solarworld ist natürlich nicht der einzige Hersteller, der diese Technologie im Programm hat. Es gibt inzwischen sogar eine ganze Reihe von Anbietern.
In der Tat geht man bei Glas-Gals Modulen von einer nur halb so hohen jährlichen Degradation im Vergleich zu herkömmlichen Glas-Folie Modulen aus. So garantiert Solarworld auch noch 30Jahren! noch eine Leistung, die mit 86,85% nur etwa 10% unter der Leistungsgarantie für das erste Betriebsjahr liegt. Glas kann man in diesem Zusammenhang als das optimale Verkapselungsmaterial bezeichnen, das die Solarzellen optimal vor einer beschleunigten Alterung durch eindringende Feuchtigkeit und Luftsauerstoff schützt. Polymerfolien, die bei den klassischen Modulen als Rückseitenfolie verwendet werden, verhindern nie hundertprozentig die Diffusion von Feuchtigkeit und Luftsauerstoff. Natürlich gibt es auch bei den Rückseitenfolien sehr große Qualitätsunterschiede, die für den Endkunden leider kaum erkennbar sind.
Der weitere ganz große Vorteil der Glas-Glas Module besteht darin, dass sie nicht nur eine optimale chemische Abkapselung von äußeren Einflüssen gewährleisten, sondern auch einen optimalen mechanischen Schutz für die eingebetteten Solarzellen darstellen.
Wie in der Werbung gezeigt, könnten Sie theoretisch auch über ein herkömmliches Glas-Folien Modul laufen oder mit dem Fahrrad darüber fahren. Vorgespannte Solargläser sind sehr belastbar und besitzen eine hohe Biegespannfestigkeit - bitte trotzdem niemals ausprobieren! Bei einer anschließenden Elektrolumineszenzmessung würden Sie aber eine Vielzahl von Mikrorissen in den Zellen feststellen, die zu einer beschleunigten Degradation der Module führen.
Bei einem Glas-Glas Modul mit gleichdicken Glasscheiben auf der Vorder- und Rückseite und mit gleicher Biegespannung, befinden sich die Solarzellen dahingegen in der sogenannten neutralen Faser. Wenn das Modul durchgebogen wird, z.B. weil jemand darüber läuft - oder im normalen Einsatz durch Wind und Sturm - werden die Solarzellen zwar auch durchgebogen, aber es treten keinerlei Zug- oder Druckspannungen auf, wie das bei Glas-Folien Modulen der Fall ist. Die Solarzellen sind unempfindlich gegenüber leichter Durchbiegung, aber sehr empfindlich auf gleichzeitige Druck- oder Zugspannungen.
Ganz nebenbei ergibt sich auch noch ein interessanter ästhetischer Effekt. Da sich auf beiden Seiten des Moduls transparentes Glas befindet, lässt es in den Zwischenräumen der Zellen das Sonnenlicht durch. Für Carports, Terrassen und Wintergartenüberdachungen oder auch Fassadenanwendungen ist diese teilweise Transparenz sehr willkommen.
Im Gegensatz zu den Einscheibensicherheitssolargläsern (ESG), die bei 3 und 4mm dicken Glas-Folie Modulen üblich sind, wird für die 2mm dicken Gläser der Glas-Glas Module meist teilvorgespanntes Glas (TVG) verwendet. Das bietet hinsichtlich einer ggf. erforderlichen bauaufsichtlichen Zulassung für Fassadenanwendungen oder Überkopfverglasung Vorteile, da TVG Glas auch bei Versagen im Verbund mit einer zweiten laminierten Scheibe eine hohe Resttragfähigkeit garantiert. Somit ist es möglich, im Einzelfall eine Zulassung zu erhalten. Noch besser ist es natürlich, wenn es eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für die Produktserie gibt, die Architekten und Endkunden die Einzelzulassung erspart. Bekanntlich benötigen solche Zulassungen seine Zeit und die Baubranche ändert sich nicht so schnell wie die PV-Industrie, aber inzwischen hört man immer öfter von einer bauaufsichtlichen Zulassungen der Produkte einiger Anbieter.
Klaus Hying