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Wie macht man eine Polymerfloureszenzmessung eines Photovoltaik-Moduls ?

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Eingestellt 6, Jun 2014 in Photovoltaik von Matthias Diehl (406 Punkte)

Ich habe auf der Seite des ISFH mal über diese neue Methode gelesen und interessiere mich dafür, wie das Verfahren genau funktioniert ? Gibt es hier Experten die das erklären können ?

   

2 Antworten

+2 Punkte
Beantwortet 13, Jun 2014 von Klaus Hying (930 Punkte)

Hallo Matthias,

offensichtlich hat noch keiner der Experten hier praktische Erfahrung mit der Methode gesammelt. Auch ich habe die Analysemethode noch nicht im praktischen Einsatz gesehen, aber vielleicht kann ich ein bisschen zum Hintergrund der Technik beitragen.

Wie du ganz richtig erwähnt hast und wie der Name auch vermuten lässt, hat Polymerfluoreszenz von der Methodik rein gar nichts mit Elektrolumineszenz zu tun, außer das als Resultat in beiden Fällen etwas „leuchtet“. Während die Elektrolumineszenzmessung Aussagen über die Zustand und Qualität der Zellen zulässt, wird bei der Polymerfluoreszens die Alterung und der Abbau des Einbettungsmaterials untersucht.

Fluoreszenz kennt man vielleicht noch aus Jugendtagen in der Disko. Wenn dort eine UV-Lichtquelle – auch Schwarzlicht genannt -  installiert ist, kann dieses Phänomen beobachtet werden. Das für das menschliche Auge unsichtbare UV-Licht ist in der Lage, einige Moleküle der Kleidung – z.B. beim weißen T-Shirt -  in einen energetisch angeregten elektronischen Zustand anzuheben. Einen Teil der Energie gibt das Molekül an seine  Nachbarmoleküle ab und ein Teil wird beim Rückfall in den energetischen Grundzustand als Strahlung (Licht) emittiert. Da schon ein Teil der Schwingungsenergie des angeregten Zustandes des Moleküls an die Nachbarmoleküle abgegeben wurde, ist die Frequenz des emittierten Lichtes geringer, als die des absorbierten UV-Lichtes. Das führt bei dem Beispiel mit der Disko also dazu, dass ein T-Shirt im unsichtbaren UV-Bereich des Lichtes Energie absorbiert und im sichtbaren Bereich mit niedriger Frequenz Licht ausstrahlt, wodurch der Effekt zustande kommt, dass das T-Shirt vermeintlich im Dunkeln leuchtet.

Aber zurück zur Photovoltaik! Das polymere Einbettungsmaterial, dass die Solarzellen vor äußeren Einflüssen schützen soll, unterliegt einer langsamen Alterung durch UV-Strahlung und auch Luftsauerstoff und Feuchtigkeit, die über die Zeit in geringen Mengen durch die Rückseitenfolie in das Modul eidiffundieren können. Wie wir es auch von anderen Polymeren (Kunststoffen) aus dem Alltag kennen, werden Sie mit der Zeit spröde und brüchig, wenn sie dauerhaft dem Sonnenlicht und damit UV-Licht und auch dem Luftsauerstoffe, Ozon und Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Diese Einflüsse führen auch beim Einbettungsmaterial in der Solarzelle zu einer schleichenden Degradation der Polymere. Wie schnell das geht, hängt von der Qualität des Materials selbst und hier besonders von der UV-Stabilität des Einbettungsmaterials aber auch von der Temperaturbelastung und der Qualität der Rückseitenfolie ab. Hohe Temperaturen beschleunigen die Alterung ganz erheblich, weshalb auf der Webseite des ISFHs auch darauf hingewiesen wird, dass die Auswirkungen von Hot-Spots erkannt werden können.

Was hat das jetzt mit Fluoreszenz zu tun? UV-Licht und Temperatureinfluss führen dazu, dass die Kettenmoleküle in dem Einbettungsmaterial in kleinere Moleküle aufgespalten werden, die stärker fluoreszierende Eigenschaften haben, als das ursprüngliche Material. Somit können die Abbauprodukte als Maß für die Alterung mit der Methode sichtbar gemacht werden.

Damit eignet sich die Methode z.B. für Forschungseinrichtungen, Modulhersteller und natürlich auch die Hersteller von Einbettungsmaterialien und Backsheets, die Qualität ihrer Produkte zu prüfen. Dazu wird an den Modulen vor und nach beschleunigter Alterung in Klimakammern eine Polymerfluoreszenzanalyse durchführt. Die beschleunigte Alterung in Klimakammern kann man dann auf längere Lebensdauern im Normalbetrieb – mehr oder weniger gut – hochrechnen.

Je stärker das Einbettungsmaterial degradiert ist, desto stärker „leuchtet“ es. Bei Hot-Spots lässt sich so an den betroffenen Zellen ebenfalls eine beschleunigte Alterung des Polymers nachweisen.

Wenn jemand Informationen dazu hat, ob die Methode auch an Modulen vor Ort eingesetzt werden kann und mit welchen Kosten man für das Equipment oder pro Messung zu rechen ist, würde ich mich ebenfalls sehr freuen.

Klaus Hying

Kommentiert 13, Jun 2014 von Matthias Diehl (406 Punkte)
Hallo Klaus,
vielen Dank für diese sehr fundierte Erklärung. Klasse. Ich bin sehr daran interessiert das auch mal in der Praxis an älteren Anlagen zu erproben. Ich  hätte da zum Beispiel eine kleine Anlage auf unserem Dach die bereits im 20igsten Betriebsjahr läuft.
Ich müsste demnach (wenn ich's richtig verstanden habe) die Module nachts mit möglichst starkem UV Licht bestrahlen und dann schauen ob es eine Emission im sichtbaren Bereich des Spektrums gibt ?
Wie stark kann man denn diese Emission erwarten ? Ich würde im ersten Versuch
mal eine Kamera mit einem UV Sperrfilter ausrüsten um nur den sichtbaren Teil des Lichtes zu fotografieren...
Es stellt sich die Frage, ob die Emission stärker als das vorhandene Restlicht ist oder ob man nur im absolut dunklen Labor mit einem Ergebnis rechnen kann.
Kommentiert 14, Jun 2014 von Jan Eckert (318 Punkte)
Hallo Klaus,
vielen Dank für deine Korrekturerklärung.
Die Messung der Laminatalterung stelle ich mir für externe Prüfungen schwierig vor. Während der Hersteller alle relevanten Daten seiner Modulkomponenten zur Verfügung hat, kann ich schwerlich herausfinden, welche Beimischungen zum UV-Schutz der EVA-Folien vorgenommen wurden. Erst dann kann ich ja den Alterungsprozess extrapolieren (Datenblatt, Alter der Module, tatsächliche Leistungswerte, usw.).  Ich kann mir nicht vorstellen, dass solch detaillierte Angaben in Zukunft auf den Datenblättern vermerkt werden. Selbst bei den Stecker/Buchse-Typen bleiben sie ziemlich vage. Die Anwendung von Tedlar oder Polyester als Rückseitenfolie wird in diesem Zusammenhang auch nicht transparent dargestellt.

Falls eine Messung nach einem bestimmten Betriebszeitraum der Module dazu vorgenommen wird, fände ich es spannend, wie die Daten interpretiert werden können.

VG
Jan
Kommentiert 16, Jun 2014 von Klaus Hying (930 Punkte)
Hallo Matthias,

wie stark die Emission ist und bei welchen Frequenzen genau Absorption und Emission stattfinden, kann ich leider auch nicht sagen. Da müsste ich erst mal recherchieren…
Stören könnte zum einen wie von dir angesprochen das Restlicht, wenn die Emission im Vergleich dazu zu schwach ist. Aber auch die UV-Lichtquelle selbst könnte stören, wenn sie nicht nur im Absorptionsbereich abstrahlt, sondern auch noch im Frequenzbereich, in dem die Emission stattfindet. Wenn man den Frequenzbereich der Absorption kennt, wäre Laserlicht mit der passenden Frequenz nicht schlecht. Dann kann man mit hoher Intensität anregen, ohne dass das monochromatische Licht des Lasers die Lichtemission stören kann.
Wenn du die passende Ausrüstung hast, wäre es auf jeden Fall einen Versuch wert. Vielleicht klappt es ja.  Versuch macht klug :-)
Ein Versuch mit einem Modul, das schon längere Zeit einen Hot-Spot hat, wäre sicher auch interessant.
Gruß
Klaus Hying
–1 Punkt
Beantwortet 11, Jun 2014 von Jan Eckert (318 Punkte)
Hallo Matthias,

ich selbst habe bei einem Großhändler einige Zeit für Stichproben diese Messung (übrigends heißt es Elektrolumineszenzmessung) durch geführt. In deinem Link ist es ganz richtig beschrieben:

"Mikrorisse und Kontaktfingerfehler

Für die Elektrolumineszenzmessung wird das Solarmodul als Leuchtdiode betrieben und dessen Licht mit einer Kamera aufgenommen. Geschädigte Bereiche von Solarzellen im Modul lumineszieren schwächer als andere. Mit der Elektrolumineszenzmessung können Mikrorisse und Kontaktfingerfehler in einem Solarmodul bestimmt werden."

Man benötigt dazu, grob gesagt, eine spezielle Kamera + Laptop mit Auswertungssoftware, Netzteil zur Rückwärtsbestromung des Moduls und eine Dunkelkammer. Die Kosten der Komponenten sind für einfache Installateure utopisch hoch. Deshalb ist für den Schadensfall beim Endkunden bzw. dessen Versicherung die einfachste Lösung, dass man sich die Spezialisten mit ihren Messcontainer auf die Baustelle holt.

Beispielhaft sei hier die Firma MBJ Services GmbH in Hamburg genannt, die das "Mobile PV Testcenter" zum Einsatz bringt.

VG

Jan
Kommentiert 12, Jun 2014 von Matthias Diehl (406 Punkte)
Hallo Jan,
Danke für die Antwort. Sie beantwortet allerdings nicht meine Frage. Elektrolumineszenzmessungen mache ich selbst und bin sehr gut mit dieser Methode vertraut. Wir machen übrigens sogar Outdoor Elektrolumineszenz in bestehenden Anlagen ohne dafür die Module ausbauen zu müssen. Bei der Polymerfloureszenzmessung handelt es sich um eine völlig andere Untersuchungsmethode. Lies mal auf der Website des ISFH nach. Darüber würde ich gerne etwas erfahren. Mit EL bin ich bestens vertraut.
Gruß Matthias Diehl
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