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Kann jemand über Erfahrungen der eigenen Umsetzung der Energiewende in Kommunen oder kleinen Gemeinden berichten?

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Eingestellt 18, Mär 2014 in Energiewende von Nicole Münzinger (686 Punkte)
Es gibt ja Gott sei Dank schon einige Bürgerinitiativen, Kommunen oder kleinere Gemeinden, die ihre eigene kleine Energiewende machen. Diese machen sich auf eigene Faust autark oder werden in Pilotprojekte eingebunden. Es wäre schön, wenn hier einige Beteiligte oder auch Initiatoren darüber berichten würden, um Ideen zu geben und andere zu motivieren.
   

8 Antworten

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Beantwortet 21, Apr 2015 von Hans-Josef Fell (402 Punkte)
Windpark Medelby eingeweiht
 
Beeindruckend, was Bürger für die Umstellung auf Erneuerbare Energien leisten können:
Circa 360 Bürger beteiligten sich mit 25 Millionen Euro Eigenkapital an der Gesamtfinanzierung von ca. 125 Millionen Euro am Bürgerwindpark Medelby in Nordfriesland. Es dürfte das weltweit größte Bürgerbeteiligungsprojekt in der Windkraft sein. 27 moderne Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 82 Megawatt wurden in nur 5 Monaten geplant und errichtet. Sie liefern nun CO2 freien Strom für über 40 000 Haushalte.
Damit wurde in nur einem einzigen Ort in Nordfriesland in einem halben Jahr etwa ein Fünftel der Windleistung neu installiert, die das Bundesland Bayern - mit dem größten Windpotential aller Bundesländer - im letzten Jahr insgesamt schaffte. Durch die Einbindung der Bürger vor Ort ist auch die Akzeptanz in der Bevölkerung sehr hoch: Es gab keine Proteste oder gar Bürgerinitiativen gegen den Windpark.
 
In meiner Einweihungsrede hob ich die besondere Bedeutung und Leistungsfähigkeit der Bürgerenergiebewegung heraus und kritisierte, dass die Bundesregierung mit Ausschreibungen und Belastung der Ökostromerzeugung und -vermarktung die hohe Bereitschaft der Bürger für die Demokratisierung der Energiewirtschaft blockiert. In Beiträgen und Gesprächen wurde von vielen der über eintausend Festgäste auf der Einweihungsfeier am 18. April Unmut und Unverständnis zu der aktuellen Politik der Bundesregierung geäußert. Hier mehr darüber: http://www.bw-medelby.de
 
Die Worte der Bürger:
Über unseren Bürgerwindpark
 
Im April 2009 gründeten wir unsere Gesellschaft mit dem Ziel, 27 Windenergieanlagen in den Gemeinden Holt, Jardelund, Medelby und Osterby zu errichten und zu betreiben. Mittlerweile schenken uns rund 360 Kommanditisten ihr Vertrauen – eine große Ehre, aber auch viel Verantwortung für uns.
 
Wir möchten allen Anteilseignern eine lohnenswerte Investition bieten und unsere Heimat stärken. Denn durch die Inbetriebnahme der Windkraftanlagen verbessert sich der Gemeindehaushalt durch Einnahmen aus Gewerbesteuer, Einkommenssteuer und Pachtzahlungen. 
 
Darüber hinaus sehen wir uns als Teil der Energiewende: Mit einer Jahresproduktion von rund 206 000 MWh sind wir in der Lage, voraussichtlich 59 000 Haushalte mit umweltfreundlicher Energie zu versorgen. 
 
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Beantwortet 9, Jun 2014 von Jürgen Schäfer (221 Punkte)
Hallo Nicole Münzinger,

genau das hatte ich auch vor, mit den Bürgern aus dieser Gemeinde PV-Anlagen zu betreiben.

Von Anfang an: Ich bin Elektrotechniker und in der PV-Branche seit 2009 tätig. Wir zogen im Jahr 2012, Ende, nach Oberreute/Allgäu. Dort stellte ich fest, daß auf dem Schulgebäude wohl die Sonne lacht, aber keine PV-Anlage.

Mein Gedanke: Verschwendung!

Daraufhin nahm ich mit dem Bürgermeister Kontakt auf und erfuhr, daß wohl ein Energieteam sich damit beschäftigt hätte. Es kam nur zu nichts. Waren das Fachleute? Darüber habe ich keine Kenntnis.
Deshalb bot ich an, eine Firma zu gründen, die Bewohner der Gemeinde mit einzubeziehen, hätte Geld eingesam- melt und PV-Anlagen auf Gemeindedächern betirieben. Den Strom direkt an die Gemeinden verkauft und den Strompreis somit garantiert. PV-Anlagen in Bürgerhand. Ein Win-Win-Effekt für die Bürger und die Gemeinde.
Der Gewinn käme den Investoren zu gute und hätte wenigstens 2-3% jährlich gebracht.
Vergleiche bitte jeder mit dem aktuellen Zinsniveau.

Geldanlage im Sichtbereich und Risiko relativ gering.

Mit dieser Anfrage ging ich auch direkt auf die Gemeinderäte zu und unterbreitete ihnen schriftlich meinen Vorschlag.

Reaktion: keine; "Die Gemeinde vermietet keine Dächer!", bekam ich als Antwort.

Diesen meinen Versuch startete ich in angepaßter Form in mehreren Gemeinden im Allgäu.

Vergebene Mühe und Arbeit! Liegt wahrscheinlich am Allgäu oder der Partei in Bayern.

Grundsätzlich bin ich bereit, PV-Anlagen zu betreiben und Menschen mit kostengünstiger Energie zu versorgen.
Nicht jede Anlage, die betrieben wird, bringt was sie bringen könnte. Die Anlagen müssen richtig ausgelegt werden.
Weiterhin ist die Montage in der Vergangenheit oftmals sehr fragwürdig verlaufen. Bekam inzwischen einiges mit.

Kurz und gut: Wenn jemand europaweit PV-Anlagen planen und realisieren will, ich stehe mit der richtigen Technik bereit. Egal ob Gemeinde, Investor oder Aussteiger.

Würde auch die Allgäuer beglücken, mit Solarstrom vom Eigenheim.

Gruß Jürgen Schäfer, 09.06.2014
 

PS: Leider keine Motivation, aber Realität.
Kommentiert 15, Jan 2015 von Michael Arnold (32 Punkte)
Hallo Jürgen Schäfer,

solche Projekte stehen und fallen immer mit der Tatsache wie der Bürgermeister / Gemeinderat zu erneuerbaren Energien steht. Wir sind in der glücklichen Lage, den Bürgermeister und den Ortsvorsteher mit im Aufsichtsrat unserer Genossenschaft zu haben. PV-Projekte auf öffentlichen Gebäuden scheitern bei uns gerade eher an der Statik der alten Dächer und natürlich an der Wirtschaftlichkeit. (wenn der vor Ort - Verbrauch des Stroms zu gering und die Anlage zu kompliziert ist).

Zur Zeit planen wir gerade unser 2. Projekt auf den Dächern des Freibades (sehr guter vor Ort Verbrauch im Sommer). Auch ein Energieffizenzprojekt könnte dieses Jahr noch folgen. Eine Ladestation für E-Autos ist auch in Planung. Ein Nahwärmenetz ist längerfristig ebenfalls angedacht. Dies alles funktioniert nur durch viel ehrenamtliches Engagement. Aber es macht Spaß. Besonders wenn man am Ende sagen kann, man hat eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten geschaffen.
Ich denke als Bürgerenergiegenossenschaften müssen wir Wege suchen was gerade funktionieren kann. (ist nicht immer einfach, das gebe ich zu)

Viele Grüße
Michael Arnold

http://www.buerger-energie-drebach.de/
+1 Punkt
Beantwortet 9, Jun 2014 von Martin Werner (2,069 Punkte)

Eine der erfolgreicheren Initiativen hier in Baden-Württemberg ist die heutige Firma solarcomplex AG in Singen am Hohentwiel. Diese wurde im Jahre 2000 von 20 engagierten Bürgern als GmbH mit 37500 € Stammkapital gegründet. Ziel war und ist es, den Energiebedarf der Region bis zum Jahr 2030 vollständig aus Erneuerbaren Energien zu decken. Zunächst wurden einige solare Bürgerdächer gebaut, meist auf öffentlichen Gebäuden (Schulen, Altenheime) aber auch auf gewerblichen Dächern. Das Konzept der 6 kW-Dachanlagen wurde entwickelt, die Bürger auf eigenen oder gemieteten Dachflächen bauen lassen konnten. Die gesamte Abwicklung erfolgte durch solarcomplex. Dadurch kamen viele Menschen mit den erneuerbaren Energien in Kontakt und interessierten sich mehr und mehr dafür. Viele wurden schließlich auch Gesellschafter.

So wurde es möglich immer größere Projekte anzugehen. Inzwischen (seit 2006) hat solarcomplex in der Region Hegau / Westlicher Bodensee sieben Bioenergiedörfer "gebaut", sowie viele andere große und kleine Projekte umgesetzt. Neuerdings werden Windkraftanlagen geplant.

1000 Aktionäre halten ein eingetragenes Stammkapital von 7,2 Mio € und besitzen ein Anlagevermögen von mehr als 41 Mio €. Die Bilanzsumme beträgt 48 Mio €. Insgesamt mehr als 100 Mio € wurden investiert (zum größeren Teil im Privatbesitz der Investoren, aber von solarcomplex angeregt und durchgeführt), Es werden 30 Mio kWh Strom und 40 Mio kWh Wärme pro Jahr erzeugt und damit eine Kaufkraftbindung in der Region von 10 Mio € erzielt, die sonst in den Import fossiler Energieträger geflossen wären.

Detaillierte Informationen unter www.solarcomplex.de

 

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Beantwortet 16, Jan 2015 von Geckler, Heinz (2,530 Punkte)
Bearbeitet 16, Jan 2015 von Geckler, Heinz
Hallo Nicole Münzinger,

ich habe leider bei uns im Ort die selbe Erfahrung gemacht wie Herr Schäfer. Zu Beginn der Programme mit PV als "Bürgerenergie-Kraftwerke" wurden in der Gemeinde noch 2 PV-Anlagen auf Dächern der Kommune errichtet, die den Investoren zur Verfügung gestellt wurden. Als dann weitere Anfragen für neue Anlagen vorgelegen sind kam vom Gemeinderat ebenfalls der Hinweis, dass die Gemeinde keine Dächer vermietet, damit dort irgendwelche Investoren Geld verdienen.

Leider sind die Dächer deswegen bisher weiterhin ungenutzt, obwohl alleine auf dem Dach der Mehrzweckhalle eine PV-Anlage mit ca. 50 kWp passen würde. Über den Technikraum der Mehrzweckhalle wird die örtliche Schule mit Energie versorgt, so dass optimale Bedingungen für Eigenverbrauch vorliegen. Der Gemeinderat argumentierte jedoch die vergangenen Jahre immer mit der Tatsache, dass die Gemeinde in der Pro-Kopf-Verschuldung steigen würde wenn für die Finanzierung einer PV-Anlage Darlehen aufgenommen werden.

Ich werde dieses Jahr einen weiteren Anlauf starten. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die wirtschaftlichen Vorteile auch in den Köpfen der Entscheider irgendwann einmal die Nachteile einer solchen Investition überwiegen.
+1 Punkt
Beantwortet 16, Jan 2015 von Herwig Hufnagel (639 Punkte)

Hallo Nicole,

das ist wohl der rechte Augenblick, um auf die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solarinitiativen aufmerksam zu machen, die Ende Januar wieder zum Jahrestreffen einladen, Programm siehe http://www.solarinitiativen.de/

Diese Initiativen kommen aus der Agendabewegung, Interessierten Bürgern, Händlern  und allen weiteren Interessengruppen, aber alle das Ziel, die Erneuerbaren voranzubringen. Es ist ein z.B. der Verdienst dieser Initiativen gewesen, dass fast die Hälfte aller Gelder aus dem 100 000 Dächer - Programm nach Bayern abwanderten. Aus diesen Initiativen, besser durch deren Vorantreiben, sind einige Kommunale Beschlüsse hervorgegangen, die den kompletten Energiewendeumstieg zum Ziel haben (z.B. FFB). Hier können einige Beteiligte Erfahrungen weitergeben.

 

Sonnige Grüße

 

Herwig

+1 Punkt
Beantwortet 20, Jan 2015 von Michael Stöhr (1,180 Punkte)
Hallo Frau Münzinger,

hier ein paar ausgewertete Erfahrungen in einer Reihe von Kommunen und Regionen:

1. Monitoringbericht zum EU-CONCERTO Projekt SEMS in den Kommunen Weilerbach (DE), Redange (LUX), Tulln (AT) und Slubice (PL), 2012, auf Deutsch zum Download unter: http://www.sems-project.eu/default.asp?Menue=341

2. Ergebnisbrochüre zum EU-IEE Projekt SEC im Landkreis Ebersberg (DE), den Gemeinden Feurs en Forez und Collines du Matin (FR), dem Salzburger Seenland (AT) und der Woiwodschaft Lodz (PL), 2010, u.a. auf Deutsch zum Download unter: http://www.sec-project.eu/default.asp?Menue=302

3. Last, but not least, das 2006 mit dem Deutschen Solarpreis ausgezeichnete Handbuch "Auf dem Weg zur 100% Region", in dem meine Kollegen und ich die Erfahrungen aus zahlreichen Energiewendeprozessen in Handlungsempfehlungen gegossen haben, die auch weiterhin gültig und nur durch 1. oben etwas überarbeitet wurden: http://www.fachbuch-erneuerbare-energien.de/baum_region.htm

Viele Grüße, Dr. Michael Stöhr
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Beantwortet 21, Jul 2014 von Robert Doelling (151 Punkte)

In Dormagen wurde jetzt ein kleines Solarwärmenetz errichtet, das 54 modernisierte Altbauwohnungen bivalent in Kombination mit einer Gasbrennwerttherme zur Spitzenlastabdeckung im Winter beheizen soll. Ein kleines aber feines Projekt, das von der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Dormagen eG initiiert und umgesetzt wurde. Ein schönes Beispiel für eine Energiewende im Kleinen.

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Beantwortet 25, Apr 2016 von Nicole Münzinger (686 Punkte)

Über Hans-Josef Fell kam mir die Neuigkeit zu über die:

Erste PV-Gebäudestromanlage einer Wohnungseigentümergemeinschaft in München

http://ew-planer.de/erste-pv-gebaeudestromanlage-einer-wohnungseigentuemergemeinschaft/ 


Anfang April wurde die erste PV-Anlage einer Wohneigentümergesellschaft in München eingeweiht. Mit der Unterstützung des Ingenieurbüros „Energiewendeplaner GmbH“ haben sich 10 Wohnungseigentümer zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen und in einer PV Anlage mit einer Leistung von 55 kWp investiert. Damit lässt sich in Zukunft das Wohngebäude in Passiv-Holzbauweise bilanziell zu 100% mit Strom versorgen. Reststrom wird zu einem großen Teil aus Erneuerbaren Energien bezogen. In den nächsten Jahren kann optional noch ein Speicher installiert werden, um die Eigenverbrauchsquote zu erhöhen, z.B. mit dem Laden der Elektrofahrzeuge der Bewohner.


Solche Solarstromstrommodelle, die sich deutschlandweit immer größerer Beliebtheit erfreuen, sind ein positives Beispiel, mit neuen Geschäftsideen den Solarstromausbau fortzuführen, obwohl die Bundesregierung ihn immer massiver ausbremst. Die Energiewende in Bürgerhand kann weitergehen


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