Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre Fragestellung ist nun zwar schon etwas älter, aber nicht minder aktuell. In der Solarreinigung und in der Gebäudereinigung sind mangels allgemeingültiger Richtlinien und Standards viele Dinge "üblich", die bei näherer Betrachtung eher als kritisch einzuschätzen sind.
Die Motivation für einen Einsatz rotierender Bürstensysteme liegt klar auf der Hand:
1. Die Hersteller versprechen durch den Einsatz von rotierenden Bürsten eine sehr hohe Quadratmeterleistung pro Stunde. Ich lese in Prospekten Angaben von 170qm/Stunde.
2. Altverschmutzungen lassen sich vielfach nur mit erhöhtem handwerklichen Aufwand restlos entfernen. Durch eine Erhöhung der Abrasivität wird die Schmutzentfernung in kürzerer Zeit erzielt.
3. Vielfach wird in der PV-Reinigung entmineralisiertes oder deionisiertes Wasser verwendet. Dies hat zwar eine gewisse "Schleppkraft", hat aber besispielsweise keine fettlösenden Eigenschaften. Das Herunterreiben vieler Verschmutzungen mit einem rotierenden System soll die mangelhaften schmutzlösenden Qualitäten ergänzen.
4. Viele Solarreiniger sind branchenfremd. Man hofft mit automatisierten Reinigungssystemen fehlendes Know-How bzw. Berufserfahrung bei der Reinigung ersetzen zu können.
5. Die Reinigung von Photovoltaikanlagen ist ein "Knochenjob". Maschinenarbeit soll es dem Solarreiniger leichter machen.
Eine rotierende Bürste KANN die PV-Module bei der Reinigung sehr wohl beschädigen:
1. Setzt die Rotation bei einer verschmutzten Glasfläche SOFORT ein, bevor die Verschmutzung mit Wasser ausreichend gelöst ist, wird diese förmlich aus dem Glas gefräst.
2. Dreht sich die Bürste sehr schnell, kann sie sich förmlich unter den Wasserfilm arbeiten. Bei stark verschmutzten Gläsern haben wir dann eine (partielle) Trockenreinigung. Mikroverkratzungen und eine schnelle Nachverschmutzung durch Rauigkeit des Glases sind mögliche Folgen.
3. Ein ähnlicher Effekt kann unabhängig von der Drehzahl der Bürste auftreten, wenn abhängig zum Verschmutzungsgrad, zur Dachneigung und zu den Wetterbedingungen mit zu wenig Wasser gearbeitet wird. Aufbereitetes Wasser ist für den Solarreiniger ein Kostenfaktor. Wassersparen ist in der Photovoltaik-Reinigung nicht ökologisch, sondern ein Bearbeitungsfehler.
4. Rotierende Systeme sind statische Reinigungswerkzeuge. Man kann diese nur schwer an die Reinigungsumgebung anpassen. Bei stärker verschmutzten Anlagen kann deshalb das Schmutzwasser von der rotierenden Bürste mit Abrasivität über die Glasoberfläche gewirbelt werden. Man nennt dies auch "Grauwasserreinigung". In der klassischen Gebäudereinigung sind Verkratzungen auf TVGläsern (identisch mit Solarglas) bei der Grauwasserreinigung bekannt.
5. Von etlichen halbautomatisierten rotierenden Bürstensystemen gehen Vibrationen und Schläge aus. Diese können Mikrorisse auf dem Wafer aufbrechen, oder solche initialisieren. Sind bereits Mikrorisse vorhanden, können diese verstärkt werden.
Es gibt bis dato keine allgemeingültige und verbindliche Bewertung der rotierenden Bürste für die Reinigung der verkratzungsempfindlichen PV-Gläser. Nach meiner Einschätzung ist es ein Reinigungswerkzeug mit einem erhöhten Risiko von Bearbeitungsschäden. Bei stark verschmutzten Gläsern würde ich vom Einsatz generell abraten. Ebenso bei Geräten mit einem hohen Eigengewicht oder hoher Umlaufgeschwindigkeit.
Dennoch muß bei der Reinigung mit rotierender Bürste nicht zwingend etwas passieren, das hängt wie beschrieben vom Zusammenspiel mehrerer Faktoren ab.
Wir haben uns in der Ökologischen Solarreinigung gegen den Einsatz von rotierenden Bürstensystemen entschieden. In der Praxis wurden immer wieder Photovoltaikanlagen dokumentiert, die nach rotierender Bürstenreinigung eine extreme und schnelle Nachverschmutzung (vielfach mit den Bürstenspuren) aufweisen.
Die untenstehenden Bilder zeigen solche Beispiele. Die Bilder wurden je nach Beispiel etwa 6-12 Monate nach der Reinigung aufgenommen. Die Anlagen waren nach der Reinigung sauber gewesen. Es handelt sich also NICHT um eine unzureichende PV Reinigung, sondern um eine schnelle Nachverschmutzung durch erhöhte Adhäsion auf den "Bearbeitungsschäden".
Man muß aber ganz klar sagen, die Entscheidung für oder gegen ein Reinigungssystem liegt in der persönlichen Verantwortung und fachlichen Bewertung eines jeden Einzelnen. Des Solarreinigers und des Photovoltaik-Eigentümers.