Die effiziente Fehlersuche an Photovoltaikanlagen ist seit Jahren mein Steckenpferd. Ich verstehe darunter den Versuch, mit einem minimalen Aufwand eine maximale Zahl an Fehlern zu finden. Nur wenn der Aufwand gering ist, kann die Fehlersuche auch kosteneffizient sein, denn was nützt es einen Fehler zu finden, wenn am Ende die Fehlersuche teurer ist, als der durch die Fehlerbehebung gewonnene Mehrertrag einbringt. Am Besten ist es, wenn man den Hinweis auf einen Fehler bereits findet bevor man einen Ortstermin macht, um den Fehler dann beim Ortstermin nur noch zu lokalisieren. Ein Beispiel für diese Vorgehensweise beschreibt dieser Artikel.
Ich hatte in der Vergangenheit bereits häufiger darauf hingewiesen, dass die professionelle Betriebsführung einer Solarstromanlage eine Online Überwachung der Anlage unumgänglich macht. Wir nutzen für diesen Zweck unser Metaportal pvScreen, was hier im Blog ebenfalls bereits ausführlich beschrieben wurde. Kennzeichen eines guten Überwachungsportals sollte sein, dass man von unnötigen Informationen verschont bleibt und dass die wichtigsten Infos zu einer Anlage mit wenigen Mausklicks zugänglich sind.
Voruntersuchung am Online Portal
Bei der Untersuchung von PV-Anlagen am Überwachungsportal habe ich es mir angewöhnt immer zuerst nach den sogenannten "Clear Sky Days" also Tagen mit einer durchgehend hohen Einstrahlung zu suchen. An solchen Tagen lassen sich Auffälligkeiten an einer Anlage am einfachsten aufspüren. Neben der Beobachtung des Tagesverlaufs der Einspeiseleistung, ist es immer auch sinnvoll einen Blick auf die Verläufe der Gleichspannungen an den einzelnen Eingängen der Wechselrichter zu werfen. Hier kann man unter anderem wertvolle Informationen über die MPP Regeleigenschaften des Wechselrichters gewinnen. In diesem Fall möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass man beim Vergleich der DC-Spannungen (DC steht für direct current und zeigt an, dass es sich um die Gleichspannungsseite handelt) unterschiedlicher Modulstränge auch auf kleine Unterschiede achten sollte. Wenn zwei Modulstränge die gleiche Anzahl an Modulen enthalten und die Modulstränge auf demselben Dach montiert sind, dann sollten auch die Spannungen sich höchstens um 2-4V unterscheiden. Ein Spannungsunterschied von "nur" 9V (bei Modulen mit 60 Zellen) kann bereits auf eine defekte kurzgeschlossene Bypassdiode an einem Modul hinweisen. Die nachfolgende Abbildung zeigt, wie die Verläufe im Idealfall aussehen müssen.
- Sehr gleichmäßiger Verlauf der DC Spannungen an allen drei Modulsträngen
Zum Vergleich sieht man im nachfolgenden Bild eine Abweichung zwischen zwei Modulsträngen von ca. 12V.
- Im diesem Bild erkennt man, dass ein Modulstrang eine um ca. 12V niedrigere Spannung aufweist.
Wenn man durch die Analyse der Daten am Online Portal bereits einen solchen Verdacht hat, kann man dann beim Ortstermin diesem Modulstrang besondere Aufmerksamkeit widmen, um die Ursache für die geringere Spannung zu finden. Am schnellsten gelangt man zum Ziel, wenn man den Modulstrang nachts mit Hilfe der Outdoor Elektrolumineszenz Methode untersucht. Dieses Verfahren war je bereits mehrfach Thema hier im Blog.
Untersuchung Vorort
Im oben gezeigten Fall haben wir diese Methode angewandt. Mit unserem Rückstromnetzteil pvServe haben wir zunächst sämtliche Modulstränge der Anlage mit einem definierten Rückstrom von 3,5 A beschickt und die Spannung notiert, die das Netzteil aufwenden musste um diesen Strom in die Modulstränge rückwärts einzuspeisen. Diese Methode ersetzt quasi die Messung der Leerlaufspannungen tagsüber. Wenn man nachts misst hat man allerdings den Vorteil, dass es keine Einstrahlungsschwankungen gibt und die Gegenspannungen des Solargenerators daher sehr gleichmäßig sind. Der einzige Einflussfaktor, der auch nachts auftritt ist die Modultemperatur. Auch hier gilt, wie man es von Messungen am Tag kennt: Je kälter es ist, desto höher sind die Spannungen. Die Abweichungen um die 6V in der Tabelle unten kommen daher, dass die Module auf zwei verschiedenen Dachseiten montiert sind und dass es im Laufe der Messungen etwas kälter geworden ist.
- Messung der Gegenspannungen bei einem definierten Rückstrom ersetzt nachts die Messung der Leerlaufspannungen der einzelnen Modulstränge.
Dennoch zeigt die Messung einen Modulstrang, dessen Gegenspannung deutlich von der Spannung der anderen Stränge abweicht. Damit konnte die Beobachtung vom Portal Vorort bestätigt werden. Nun galt es noch, den Fehler zu lokalisieren. Hierzu wurde von dem "verdächtigen" Modulstrang eine Elektrolumineszenzaufnahme mit unserer pvVision Kamera gemacht.
- Das Bild zeigt in der dritten Modulzeile ganz rechts, dass ein Drittel des Moduls inaktiv ist. Dies deutet auf eine kurzgeschlossene Bypassdiode hin.
Das defekte Modul konnte im wahrsten Sinne des Wortes "auf den ersten Blick" entdeckt werden. In diesem Fall sind auch die Bypassdioden gut zugänglich, so dass der Fehler einfach durch den Tausch der Bypassdiode behoben werden kann.
Wer Lust hat sich intensiver mit dem Thema "effiziente Fehlersuche an Solarstromanlagen" zu beschäftigen, sei an dieser Stelle nochmal auf mein Fehlersuche Seminar hingewiesen, das ich für die DGS (Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie) in Nürnberg regelmäßig zweimal im Jahr durchführe. In diesem Seminar wird versucht einen roten Faden zu spinnen, der die verschiedenen Untersuchungstechniken, von der Kennlinienmessung über die Thermographie bis zur Elektrolumineszenz in einen möglichst sinnvollen Zusammenhang zu stellen. Immer nach dem Motto: "Die maximale Anzahl an Fehlern mit dem minimal nötigen Aufwand finden und immer das jeweils passende Werkzeug einsetzen"
Den nächsten Termin findet man hier ...
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