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Biokraftstoffe, sind diese zum Heizen, zum Auto auftanken oder beides?

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Eingestellt 28, Jan 2015 in Energiewende von Franziska B.
   

2 Antworten

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Beantwortet 28, Jan 2015 von Herwig Hufnagel (639 Punkte)

Hallo Franziska B.
Leider beides nicht.

  1. Biokraftstoffe würden sich für beide Zwecke eignen, doch bei beiden Anwendungen werden mehrere Umwandlungen (z.B. verestern, verbrennen) benötigt. Da aber alle Umwandlungen einen Wirkungsgrad in sich tragen, wird der Verbrauch insgesamt höher.
  2. Alle Erneuerbaren Energien werden durch den Faktor Fläche begrenzt, sei es durch Landesgrenzen oder konkurrierende Nutzung.
  3. Begrenzte Fläche abzüglich erste Umwandlung, abzüglich Lagerung, abzüglich zweite Umwandlung ... da bleibt nicht genug übrig. Schon gar nicht Deutschlandweit, wir sind nun mal eines der dichtbevölkertsten Länder. Global auch nicht, denn der Bedarf wird in Schwellenländern heftig wachsen.

Warum dann Bio(treib/heiz)stoffe?
Die 100% Energiewende wird hauptsächlich aus Sonne, Wind und Wasser später evtl. Geothermie bestehen. Doch diese Arten der Energieerzeugung sind ans Wetter gebunden und schwankend. Die Biostoffe bieten hier Lösungsmöglichkeiten in der Regelbarkeit, sei es als gelagerter Holzstapel vor einem Heizhaus oder Silage der Biogasanlage etc. Hier lassen sich die Versorgungslücken schließen, sowohl in der Mobilität (z.B. Rapsölmotor, Gasmotor) als auch auf dem Wärmemarkt (Brennholz, Abwärme von KWK - Anlagen ...). Bei all diesen zukünftigen Umbauten dürfen wir die 3E nicht vergessen: Energiesparen, Effizienzsteigerung, Erneuerbar Erzeugen.

Ein sehr schönes Werkzeug, um sich selbst einen Überblick zu erdenken, ist der kostenlose Dienst des www.sfv.de , der www.energiewenderechner.de . Ein herrliches Tool, einfach zu bedienen, mit Ampelantwort, ob die von mir gewählte Einstellung funktionieren würde oder nicht. Bei Rot wird auch erklärt, warum was nichtfunktioniert. Einfach die Schieberegler ziehen und probieren, was passieren würde. Sehr informativ und gleichzeitig sehr wissenschaftlich, da die verwendete Datenbank sehr breit aufgestellt ist und von offizieller Seite kommt.

+1 Punkt
Beantwortet 29, Jan 2015 von Michael Stöhr (1,180 Punkte)
In einem begrenzten Umfang ist der Einsatz von Biokraftstoffen, vor allem Pflanzenöl, sowohl zum Heizen, als auch als Kraftstoff sehr wohl sinnvoll!

In den Projekten 2ndVegOil (www.2ndvegoil.eu) und PraxTrak (www.praxtrak.de) wurde unter Leitung von John Deere nachgewiesen, dass verschiedene Pflanzenöle (Raps-, Sonnenblumen-, Jatropha-, Leindotter- u.a. -öle) in entsprechend angepassten Dieselmotoren landwirtschaftlicher Maschinen unter Einhaltung der Abgasnormen 3B und 4 als Kraftstoff verwendet werden können. Seit Anfang Dezember können Pflanzenöltraktoren, zunächst nur für Bayern, bei John Deere bestellt werden.

In Deutschland ist Rapsöl ein Nebenprodukt der Rapsölpresskuchenherstellung, welches als Tierfutter eingesetzt Importe von Sojaextraktionsschrot aus Nord- und Südamerika verringert, wo Soja mitnichten immer nachhaltig angebaut wird. Wird soviel Rapsöl als Kraftstoff eingesetzt, wie in Landmaschinen zum Antrieb benötigt wird, ist diese Verwendung sehr wohl ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung. Noch bessere Effekte werden erzielt, wenn Leindotteröl aus Mischfruchtanbau mit Getreide (www.mischfruchtanbau.de) als Kraftstoff in der Landwirtschaft eingesetzt wird.

In ariden subtropischen Gebieten eignet sich Jatropha als Quelle für Pflanzenöl, das nicht genießbar ist und deshalb auch nur als Kraftstoff in Dieselaggregaten und Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Jatropha ist eine anspruchslose Pflanze, die als Schutzhecke an Feldrändern angebaut werden kann.

Andere Biokraftstoffe weisen im Vergleich zu solchermaßen lokal erzeugtem und verwendetem Pflanzenöl eine teils deutlich schlechtere Nachhaltigkeitsbilanz auf. Die ohne Einschränkung der Lebensmittelerzeugung produzierbaren Mengen reichen auch nicht aus, um über den Landwirtschafts- und Forstsektor hinaus Kraftstoff bereitzustellen - abgesehen von Energieversorgung auf niedrigem Niveau in ländlichen Gegenden von Ländern des Südens (Afrika, Indien u.a.).

Zum vollständigen Bild gehören auch folgende Aspekte:

- Das meiste Palmöl, welches zum Teil auf gerodeten Urwaldflächen produziert wird, fließt in die Produktion von Reinigungs- und Pflegeprodukten, nur ein sehr kleiner Teil wird energetisch verwendet. Natürlich sollte dieser Verwendungszweig nicht wachsen, seine Einschränkung alleine löst aber noch nicht das Problem der Urwaldrodung zum Palmölanbau.

- 55% der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland dienen der Tierfuttermittelerzeugung. Eine deutliche Einschränkung des Fleischkonsums wäre eine erheblich effizienteres Mittel, um landwirtschaftliche Flächen für die Nahrungsproduktion hinzuzugewinnen, als die Verbannung von Pflanzenölkraftstoffen auch aus der letzten Nutzungsnische.
Kommentiert 29, Jan 2015 von Herwig Hufnagel (639 Punkte)
Bearbeitet 29, Jan 2015 von Herwig Hufnagel
Hallo Franziska B., Sehr geehrter Herr Stöhr,
alles richtig, was hier steht. Wir bemerken, dass es in Zukunft viele Lösungen geben wird, die Teil der Energiewende werden. Die einfache Regel der 3E und deren Folge hier nochmal am Beispiel Flächenverbrauch / Fahrzeugreichweite erläutert. Das Zahlenwerk stammt aud der Zeitschrift Solarmobil Nr. 71, Oktober 2008;
Baut ein Landwirt 1 Hektar Raps an, kann damit ein Verbrennungs - Auto mit dem daraus gewonnenen Rapsöl (nach Abzug der Herstellungs- Energie) ca. 17.000 km weit fahren. Wird nun der gleiche Hektar für die Biogasproduktion genutzt und das Auto mit Biogas gefahren, erreicht das Fahrzeug ca. 39.000 km. Da ist das 2.E für Effizienz schon besser. Wird nun das Biogas dieses Hektars durch KWK - Kopplung verstromt, kommt ein Elektroauto damit schon 70.000 km weit und die Häuser neben dem Generator können Abwärme der KWK nutzen. Will man dann nur Mobilität, könnte auf diesem Hektar eine PV- Freiflächenanlage gebaut werden. Mit dieser Stromernte fährt das Elektro- Auto 1.250.000 km weit, das ist das 73-fache der Rapsöl - Reichweite. Allerdings würden dann die meisten Autos im Winter stehen, denn bei dieser Lösung ist das saisonale  Speicherproblem nicht berücksichtigt.
Für die Landwirtschaft wurde auch schon der erste Prototyp eines Elektro - Schleppers vorgestellt ..... ob dieser Schlepper auch die schweren Arbeiten schafft? Die Welt ist gottseidank bunt. So wird es viele Lösungen geben, die aber alle ein Ziel haben müssen: Energiewende zu 100%.
Kommentiert 29, Jan 2015 von Michael Stöhr (1,180 Punkte)
Hallo Herr Hufnagel, an elektrisch betriebenen Schleppern wird auch schon gearbeitet :-) Unter www.sesam-project.de finden Sie ein Projekt zu einem batterie-betriebenen Traktor. Seit 1. Januar 2015 arbeiten wir schon am Folgeprojekt "GridCon", in dem ein kabel-geführter Schlepper, also ähnlich einem Rasenmäher, direkt über das Netz mit Antriebsenergie versorgt wird. Der kleinere und leistungsschwächere, batterie-betriebene Traktor soll nach den Vorstellungen von John Deere vor allem auf dem Hof, sprich vor allem in viehhaltenden Betrieben zum Einsatz kommen, der in der angestrebten Entwicklungsstufe mit bis zu 1 MW deutlich leistungsstärkere Traktor auf dem Feld zum Pflanzenbau. Grüße, M. Stöhr
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