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GUERILLA-PV: PV-Kleinstanlagen können Grundlast im Haushalt decken

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Eingestellt 17, Apr 2014 in Photovoltaik von Matthias Hüttmann (208 Punkte)

Ein PV-Modul von 245 Watt und ein Wechselrichter gleicher Größe, durch Kabel und Stecker mit dem privaten Hausnetz verbunden, können den (Bezugs)Zähler langsamer laufen lassen, wenn die Sonne scheint. Das Modul findet seinen Platz auf dem Balkon oder an die Wand gelehnt, nach Süden ausgerichtet und befestigt, damit es nicht weggeweht wird oder umfällt.

SO KOMMT MAN ZU SEINER BALKON SOLARANLAGE

 

Es ist sinnvoll bei der Errichtung auch einer kleinen Stromerzeugungsanlage wie der Guerilla-PV systematisch vorzugehen. Dabei stellen sich zuallererst die Fragen:

Wie können Sie die Anlage in ihr Haushaltsnetz integrieren?

Wo kann die Anlage aufgestellt werden (Balkon, Garten, Hauswand) möglichst nach Süden ausgerichtet?

Der Schaltplan

Bild 1 zeigt eine Schaltung, mit der die Anlage ohne Gefährdung der Nutzer mit entsprechender Absicherung an den einen eigenen Einspeisekreis des Haushaltsnetzes angeschlossen werden kann. Der Schaltplan ist der Anbindung eines Elek­troherds an einen abgesicherten Stromkreis angelehnt. Wichtig: Die In­stallation ist ausschließlich Aufgabe einer Elektrofachkraft, sprich eines Elektro-Installateurs mit einschlägiger Photovoltaik-Erfahrung.

Die Bestandteile

Die einzelnen Komponenten der PV-Anlage sind in Bild 1a zusammengestellt: Neben dem PV-Modul benötigen Sie einen Modulwechselrichter, optional einen Wechselstromzähler sowie einige Kabel für die elektrischen Verbindungen. Je nach den örtlichen Verhältnissen muss das Modul am Balkongeländer, an der Wand o.ä. befestigt werden.

Wo gibt es diese Teile zu kaufen?

Grundsätzlich können Sie diese Anlagen als komplettes Set zusammengestellt von der „Stange“ kaufen. Im Internet gibt es hierzu bereits jede Menge Angebote. Man sollte jedoch beachten, dass ein solches System nichts für den noch so versierten Heimwerker ist. Guerilla-PV ist im Gegensatz zu einer solar betriebenen Gartenteichpumpe kein Plug & Play-Baumarktprodukt. Viele der angebotenen Balkon-PV-Produkte suggerieren zwar eine einfache Inbetriebnahme (Plug & Save, Easy Kit, ...), allerdings ist es sinnvoller den Kauf über den örtlichen Handwerker, dem Elektro- oder PV-Installateur, abzuwickeln, da dieser die Anlage schließlich fachgerecht installieren muss. Aus Bild 1a wissen Sie, welche Bestandteile ihre Ausschreibung, also ihre Forderung an den Installateur, ihnen ein Angebot zu unterbreiten, enthalten muss. Der Weg über das Handwerk muss selbstverständlich nicht heißen, ein als Komplettset zu erwerbendes Produkt auszuwählen.

Die nächsten Schritte

Ist die Anlage geliefert, fertig montiert, liefert Ihnen die Frühlingssonne bereits die ersten Kilowattstunden Strom, die Sie selbst im Haushalt nutzen. Haben Sie einen Wechselstromzähler optional in­stalliert, können Sie jeden Abend ablesen, wie viel Ihres konventionellen Stroms aktuell durch Solarstrom verdrängt wurde. Vergessen Sie bei dieser Gelegenheit nicht, ihren Haushaltszähler (Bezugszähler) abzulesen, er sagt ihnen, wie viel Strom Sie „verbraucht“ haben, also aus dem Netz bezogen haben.

STROMSCHLÄGE UND BRÄNDE DURCH PV-MODULE FÜR DIE STECKDOSE Verhindern

Fehlendes Schutzkonzept: Gefahr für Leib und Leben

Die charmante Vorstellung, dass jeder, ob im Mietshaus oder Eigenheim, ohne großen Aufwand und ohne Installationsfirma seinen eigenen Solarstrom erzeugen und nutzen kann, findet sicher viele Anhänger. Umso mehr, da jetzt die EEG-Einspeisevergütung sowie die PV-Stromgestehungskosten immer mehr unter den Strompreis sinken. Allerdings sollte sich jeder bewusst sein, welche Risiken dabei bestehen und welche Schäden sowie auch Gefahren für Leib und Leben dadurch entstehen können. Zum einen könnte an den blanken Kontakten des Schukostecker vom Modulwechselrichter eine berührbare lebensgefährliche Spannung abgegriffen werden. Dies wird allerdings bei den meisten Modulwechselrichtern durch eine integrierte Inselnetzerkennung verhindert. Diese sorgt dafür, dass bei Fehlen der Netzspannung der Wechselrichter nicht einschaltet bzw. ausschaltet. Beim Herausziehen des Steckers aus der Steckdose unter Last kann es aber dennoch zu einer Personengefährdung kommen.

Eine weitere Gefahr besteht durch die Überlastung von Leitungen oder anderen elektrischen Komponenten wie Steckdosen, Unterverteiler etc... Werden mehrere AC-Module parallel angeschlossen steigt der Gesamtstrom um die Anzahl der Module. Werden diese an einen Endstromkreis (= Verbraucherstromkreis der mit einer Überstromschutzeinrichtung, z.B. Sicherung, abgesichert ist) angeschlossen, kann sich der Gesamtstrom auf einen unzulässigen Wert erhöhen. Ein Verbraucherstromkreis ist üblicherweise mit 16 A abgesichert und die Wechselstrom-Leitungen sind dem entsprechend mit einem 1,5 mm2 – Querschnitt ausgelegt. Wechselstrommodule mit Stecker werden z.B. mit 245 W angeboten. Der PV-Nennstrom (hier etwa 1 A) kann sich bei Einstrahlungsspitzen um 30 bis 40 % des Nennwertes IMPP STC erhöhen. Daraus ergibt sich, dass bei dem 245 W-Wechselstrommodul der Sicherungswert bei einer Anzahl ab elf Wechselstrommodulen überschritten wird. Wenn gleichzeitig ein Verbraucher betrieben wird, kann der Endstromkreis überlastet werden ohne dass die Überstromsicherung auslöst. Dadurch kann dann ein Brand an der Leitung oder der Steckdose entstehen.

Aber auch wenn weniger Wechselstrommodule angeschlossen werden, wird bei gemischtem Einsatz im Endstromkreis mit Verbrauchern das elektrische Schutzkonzept der Verbraucheranlage außer Kraft gesetzt. Wenn ein Überstrom fließt weil ein elektrisches Gerät einen Defekt hat und oder so viele Verbraucher angeschlossen werden, dass die zulässigen 16 A überschritten werden, kann es dazu kommen, dass die Überstromsicherung nicht auslöst, weil die Wechselstrommodule den restlichen zur Überlast führenden Strom liefern (siehe Bild 2). Bei nur einem Modul ist das Risiko noch gering, es steigt allerdings rapide an je mehr Module eingesetzt werden.

Normativer Hintergrund und länderspezifische Unterschiede

Deshalb muss unbedingt die internationale Norm IEC 60364-5-55 bzw. die entsprechende harmonisierte nationale Norm VDE 0100-551 beachtet werden. Danach darf die Sicherheit und einwandfreie Funktion der anderen Stromquellen nicht beeinträchtigt werden. Wenn die Stromerzeugungseinrichtung (PV-Wechselstrommodul) im Parallelbetrieb mit anderen Stromquellen einschließlich dem Stromverteilungsnetz eingesetzt wird, muss der Schutz gegen thermische Einflüsse nach VDE 0100-420 und gegen Überstrom nach VDE 0100-430 in allen Fällen wirksam sein. Dementsprechend müssen die Leitungen und sonstigen elektrischen Betriebsmittel: Steckdosen, Verteilungen … vor Überlastungen geschützt werden. Außerdem darf das Stromnetzsystem der Verbraucheranlage nicht durch die Einspeisung verändert werden.

Nach der deutschen harmonisierten Version der VDE 0100-551 dürfen Stromeinspeiser (Wechselstrommodule bzw. Modulwechselrichter) nur auf der (Netz-)Versorgungsseite aller Schutzeinrichtungen angeschlossen werden. Nach der internationalen Version dürfen sie auch auf der Lastseite eines Endstromkreises eingesetzt werden.

Das bedeutet, dass der Endstromkreis dessen Leitungen für 16 A ausgelegt sind, dann z.B. mit 10 A abgesichert wird und der Modulwechselrichter über eine Unterverteilung mit z.B. einer 6 A-Sicherung angeschlossen wird. So kann der maximale Strom von 16 A in dem Endstromkreis nicht überschritten werden. Konsequenz ist, dass in diesem Endstromkreis, wenn die Wechselstrommodule keinen Strom liefern (z.B. nachts) die maximale Belastung durch die Verbraucher auf 10 A begrenzt ist. Die Norm verbietet allerdings die Stromerzeuger über Steckdosen mit dem Endstromkreis zu verbinden. Eine Ausnahme in Europa stellen die Niederlande dar, dort dürfen bis maximal 600 W Stromeinspeiser über Steckdosen mit einem Endstromkreis verbunden werden. In den dort veröffentlichten Anschlussbeispielen wurde dieser Endstromkreis dann direkt über einer separate Überstromeinrichtung an die Unterverteilung angeschlossen. Eine einfache Mischung von Stromerzeugern und Stromverbrauchern im Endstromkreis wird dort wegen der Sicherheitsproblematik aber auch nicht empfohlen.

Um Fehlerströme zu verhindern muss nach IEC 60364-5-55 eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) nach VDE 0100-410, die alle aktiven Leiter einschließlich Neutralleiter unterbricht, vorgesehen werden. Außen- und Neutralleiter von Endstromkreisen der Stromerzeugungseinrichtung dürfen nicht hinter der Schutzeinrichtung des Endstromkreises mit Erde verbunden werden. Während in anderen Ländern die Einspeisung von Stromerzeugungseinrichtungen, also mit Modulwechselrichtern, in Endstromkreise wie beschrieben möglich ist, ist es normativ in Deutschland nach der zitierten VDE 0100-551 (IEC HD 60364-5-55 nationaler Anhang) sowie der Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 „Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz – Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ nicht zulässig. Letztere ist einzuhalten, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass Überschussstrom in das öffentliche Netz eingespeist wird. Ansonsten ist es möglich einen separaten NA-Schutz (Netz- und Anlagenschutz nach VDE-AR-N 4105 ) vor jeder Paralleleinspeisung mit Wechselrichter zu schalten oder die Wechselrichter haben diesen NA-Schutz integriert. Zudem müsste als Bezugszähler ein Stromzähler mit Rücklaufsperre zum Einsatz kommen.

Eine Ausnahme für Stromeinspeiser in Endstromkreisen macht die VDE 0100-551 nur für unterbrechungsfreie Stromversorgungen. Wenn für die Einspeisung von nur wenigen Modulen mit Modulwechselrichter unter Beachtung der oben genannten Sicherheitsanforderungen von der VDE 0100-551 abgewichen wird, muss die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (z.B. anhand der internationalen IEC 60364-5-55) und der Elektrosicherheit für jeden Fehlerfall nachgewiesen werden. Dieses ist für elek­trotechnische Laien schwierig. Fehler beim „einfachen in die Steckdose stecken“ sind vorprogrammiert und die Risiken für Leib und Leben nicht zu unterschätzen. Die sicherste Anschlussart für PV-Anlagen ist der separate Anschluss an die Hausanschlussstelle und damit parallel zu den Verbraucherstromkreisen entsprechend den Anschlussbeispielen der Anwendungsregel VDE-AR-N 4105.

Fazit

Am liebstem sind uns lebendige und gesunde Solar-Guerillas, die nicht ihr Leben und das ihrer Familien aufs Spiel setzen.

Hier gesamten Artikel mit Abbildungen ansehen

 

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PDF herunterladen: Photovoltaik-Balkonkraftwerke_Hüttmann.pdf

   

1 Antwort

+1 Punkt
Beantwortet 24, Jun 2014 von Frank Müllers (590 Punkte)
Ein einzelnes Guerilla oder Plug´n´save Modul anzuschaffen ist durchaus sinnvoll, um seine Grundlast im Haushalt zu decken. Mit annähernd 600-800 € (je nach Ausführung und Anbieter) pro 250 Watt Modul sind diese Lösungen aber zu teuer, um sie auch noch in Reihe zu schalten, bzw. mehrere anzuschaffen und miteinander zu kombinieren. Für größere Leistungen empfiehlt sich eine gut durchdachte und montierte Standard-Solaranlage auf dem (eigenen) Hausdach. Für Mieter sind solche "Balkonkraftwerke" eine durchaus praktikable Alternative. Der Platz auf dem Balkon gibt aber meist nicht mehr als die Anbringung eines Moduls her, insofern ist die Gefahr der Überlastung des Steckdosenkreises eher gering. Gegebenfalls kann man sich auch ein Steckdose mit integriertem Leitungsschutz einbauen lassen, dann ist man auf der "sicheren Seite".
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