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Was ist los im deutschen Photovoltaik-Markt 2014?

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Eingestellt 11, Feb 2014 in Energiewende von Karl-Heinz Remmers (137 Punkte)

Das Jahr 2013 hat einen Absturz des Solarmarktes in Deutschland auf 3,3 Gigawatt gesehen. Da weiter ein immenser Preisdruck bestand und besteht, dürften die Umsätze in gleichem Maße oder gar mehr gefallen sein. Wie schon oft in den Wintermonaten, beginnt auch das Jahr 2014 offenkundig bei vielen Marktteilnehmern sehr verhalten. Anders als in den Vorjahren scheint sich auch trotz der Ankündigung der EEG- Novelle keine "Torschlusspanik" auszubilden - viele Kunde warten offenkundig ab.

Was ist los und wie kann es erklärt werden oder wie kann es weitergehen?

Im Bereich von Photovoltaik-Großanlagen werden einige wenige Projekte mehr oder minder noch zu Ende gebracht - auch noch aktive Markteilnehmer in diesem Segment rechnen aber im Sommer mit einem Ende des Neubaus von EEG-Anlagen im Freiland. Vergütung und Kosten werden dann endgültig nicht mehr zusammenpassen. Nachfolgeprojekte mit dem Ziel von beispielsweise industriellem Eigenverbrauch sind rar. Hier ist mit der Ankündigung, eine EEG-Umlage auch auf den eigenerzeugten Solarstrom zu erheben, zunächst ein massives Abwarten entstanden.

Ein Abwarten und damit sehr starkes Abbremsen findet auch bei vielen, allerdings nicht allen, im Bereich mittelgroßer Dachanlagen statt. Da diese Photovoltaik-Anlagen oft an der Grenze zwischen EEG-Vergütung und teilweise oder auch höheren Quoten von Eigenverbrauch geplant werden, entscheidet die individuelle Einschätzung, ob etwas umgesetzt wird oder nicht.

Sowohl im Bereich Freifläche als auch mittlerer Dachanlagen dürfte für 2014 der Photovoltaik-Markt nicht nur durch die geringere Rendite weiter schrumpfen, auch viele Unternehmen sind aus diesem Markt ausgestiegen oder schlicht pleite gegangen - sie können dementsprechend auch keine neuen Anlagen mehr installieren.

Im Bereich kleinerer Anlagen oder auch kleinerer Photovoltaik-Anlagen mit Speichern ist das Bild noch uneinheitlicher: Während manche Installateure weiterhin kleine Anlagen sehr regelmäßig verkaufen und es ihnen auch immer besser gelingt, komplexe Systeme mit Wärmepumpen und oder elektrischen Speichern zu verkaufen, haben andere Betriebe und auch Händler massive Absatzschwierigkeiten trotz des relativ milden Winters. Auch in diesem Segment scheinen viele Kunden abzuwarten - hat sich doch die Ankündigung einer EEG-Umlage kommunikativ verselbstständigt: Einige Privatkunden glauben, es gebe eine Steuer auf neue Photovoltaik-Anlagen (so kann man das auch nennen).

Befragt man namhafte Marktteilnehmer der verschiedenen Wertschöpfungsstufen so sagt das Gros einen Markt von 2,5 Gigawatt (+/- 0,5 Gigawatt) für dieses Jahr voraus. Andere sind pessimistischer, denn je länger nun das Tauziehen um die EEG-Novelle dauert, desto länger warten die Kunden ab. Der Effekt ist allen hinlänglich bekannt, die schon zu Zeiten von Förderungen im Photovoltaik-Bereich aktiv waren und 2014 haben wir daher das exakte Gegenteil vorheriger EEG- Novellen zu erwarten: Keine Kaufpanik, sondern abwarten.

Kommt es also zu keiner Einigung in den kommenden Wochen, so könnte 2014 noch stärker als erneut um die durchschnittlich erwarteten 0,8 Gigawatt fallen. Das wären erneut mehr als 25 Prozent des Marktes und es dürfte in einem Desaster für die noch aktiven Betriebe enden, würde der Rückgang noch stärker ausfallen.

Weiterhin dürfte ziemlich entscheidend sein, ob sich die Weltmarktpreise für Solarmodule, die bei vielen internationalen Anbietern unter dem Mindestpreis für chinesischen Solarmodule in der EU liegen, wieder verstärkt in Europa finden lassen. Bisher sind dort Vorstöße anderer Herstellerländer eher zaghaft und es bleibt abzuwarten, was hier nun passiert - dies ist sicher eine gute Nachricht für die verbliebenen Fertiger in der EU, für Käufer von Waren aus China und anderen Ländern. Auch bleibt abzuwarten, ob es weitere Preisabsenkungen bei Wechselrichtern und Montagesystemen gibt. Der Druck auf die Anbieter hat sich massiv erhöht, ebenso sind je nach Marktsegment auch die Installationspreise unter Druck.

Da die EEG-Vergütung in diesem Jahr allerdings vornehmlich für größere Dach- und Freilandanlagen das maßgebliche Instrument bleiben wird, und hier bei einer nun monatlichen Absenkung von 1,0 Prozent über das Jahr mit knapp 12 Prozent Absenkung zu rechnen ist, werden diese nur mit weiter sinkenden Kosten durchstarten können. Damit sind sie in voller Abhängigkeit zu den vorher beschriebenen Entwicklungen in der Angebotslandschaft. Zumal diese auch von international wachsenden Märkten beeinflusst wird.

Die vielen interessanten und im Übergang zu anderen Kaufanreizen befindlichen Segmente werden im Jahr 2014 und auch darüber hinaus ganz massiv von den Entscheidungen zur EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch abhängen. Kommt die derzeit geplante Höhe? Ich halte sie für vollkommen unsinnig, denn wozu haben wir dann 30 Jahre auf dezentrale Strukturen gesetzt, wenn diese jetzt, wo es richtig losgehen kann, im Grunde "besteuert" werden. Und das obwohl sie unter vollem Risiko des Betreibers den im EEG gewollten Klimaschutz betreiben.

2014 kann in diesen Segmenten also Startpunkt oder auch erst einmal Bremspunkt für diese Entwicklung werden. Die Branche muss auf Gedeih und Verderb darum kämpfen, dass die großen Erfolge der Photovoltaik-Kostensenkung hierdurch jetzt nicht abgewürgt werden.

Blickt man auf das in großen Teilen als Trümmerlandschaft zu bezeichnende Bild der deutschen Photovoltaik-Branche, so muss auch die Politik endlich erkennen, dass es eben nicht nur um Umlagen oder Strompreise geht. Sondern auch um die Entscheidung, ob oder in welchem Umfang welche Know-how, Produktions- und Leistungsbereiche in Deutschland erhalten werden sollen oder sollten. Denn ohne diese Bereiche werden in Kürze auch die Forschungsinstitute massiv einbrechen, auch der Maschinenbau erlebt bereits, dass Maschinen für China auch in immer größerem Maß in China gekauft werden, wo eben auch die Nähe zur Produktion größer ist.

Neben der EEG-Novelle muss also sehr schnell entschieden werden, wie die vielen guten Kerne der Branche erhalten und in weiteren Schritten bei einem Neuausbau unterstützt werden können. Angesichts der extremen Finanzierungsschwierigkeiten wären hier vielleicht Bürgschaftsprogramme wie nach der Lehman-Krise ein guter Anfang. Es würde sich sicher lohnen. Mittel- und langfristig muss nicht nur für die Solarindustrie, sondern generell in der EU eine Entwicklungs- und Industriepolitik geben, die den Namen auch verdient. Denn nur mit Rettungsschirmen oder "lasst alles so wie es ist" wird keine Zukunft gebaut.

Aber vielleicht fangen wir klein an und daher die ganz große Bitte an die Politik:
Einigt Euch schnell und überdenkt das Vorgelegte dabei nochmal - so wie es jetzt aussieht dauert die Energiewende sonst noch mehr als 100 Jahre.

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