Ökostrom ohne Ende
Albanien: Großes Potential und große Herausforderungen: Seit den späten 1980er Jahren beschreitet Albanien den Übergang von einer geschlossenen, zentralisierten Wirtschaft hin zu einer offenen Marktwirtschaft in einem mittlerweile demokratischen Gesellschaftssystem. Das weitgehend unbekannte Land an der Adria befindet sich dabei in einem rasanten Wandel. Nach Jahren der weitgehenden Isolation und dem Durchlaufen eines tief greifenden Umbruchs boomt die Wirtschaft. Im Zuge dieses Wachstums steigt der Energiehunger im Land stark an. Trotz der Hochkonjunktur ist man jedoch nach wie vor eines der ärmsten Länder in Europa. Die Zukunft Albaniens, und nicht zuletzt Europas, wird sich auch dadurch entscheiden, auf welcher Weise man sich der wachsenden Herausforderung einer an die zukünftigen ökonomischen und ökologischen Notwendigkeiten angepassten Energieversorgung stellt.
Zwischen Eigenversorgung und Abhängigkeit
Wasserkraft ist Albaniens herausragende Energieressource. Albanien gehört zu den wasserreichsten Ländern. Mehr als 90 Prozent des im Inland erzeugten elektrischen Stroms wird durch Wasserkraftwerke bereit gestellt, der kleine Rest stammt aus thermischen Kraftwerken. Investiert wird vor allem in Hydrokraftwerke, lediglich das Ölkraftwerk in Vlora wurde neu errichtet. Aufgrund der Wetterabhängigkeit kommt es häufig zu Unterdeckungen bei der Erzeugung, mit lang anhaltenden Auswirkungen. Die Stromproduktion unterliegt somit großen Schwankungen. So gibt es Jahre bei denen Albanien durchaus kleine Mengen exportieren könnte, in mageren Jahren ist man dagegen deutlich unterversorgt. Albanien ist nun mal ein Land mit sehr stark schwankenden Niederschlagsmengen. Die jährliche Regenmenge variiert mit am stärksten in Europa. Als es in den Jahren 2002 und 2007 zu längeren Dürreperioden kam, hatte dies eine entsprechend reduzierte Stromerzeugung zur Folge. Auch wenn Albanien selbst einen relativ geringen Ausstoß an Treibhausgas verursacht, sind die Konsequenzen der gestiegenen globalen Emissionen für das Land heute bereits deutlich spürbar. Der fortschreitende Klimawandal wird mittel- und langfristig die Probleme noch erheblich verstärken. Das sind sicherlich nicht gerade ideale Voraussetzungen, wenn man nahezu vollständig von Wasserkraft und Stromimporten abhängig ist. Albanien ist noch weit von einer Energieversorgungssicherheit, wie wir sie beispielsweise kennen, entfernt.
Auch wenn Albanien durchaus über Vorkommen an Erdöl und Kohle verfügt, so genügen diese bei weitem nicht für den eigenen Bedarf. Mineralöl wie auch Strom müssen importiert werden. Die Abhängigkeit ist seit der Öffnung Albaniens, speziell seit Ende der 90’er Jahre stark gestiegen. Nach Angaben des albanischen Wirtschaftsministeriums, hat man 2007 rund 50% und 2008 knapp 40% seiner Stromnachfrage durch Importe decken müssen. Das liegt auch daran, dass die Stromerzeugung Albaniens gewaltig wächst. Allein 2010 wurde sie um fast die Hälfte gesteigert. Im laufenden Jahr konnte der Importanteil vorläufig auf 40% gehalten werden. Die Energieimporte Albaniens stammen dabei weitestgehend aus der direkten Nachbarschaft: Griechenland, Italien, Mazedonien, Kosowo und Montenegro. Die Hauptlieferländer für Mineralöl- und Stromimporte waren 2007 Griechenland und Italien. Die Einfuhren sind jedoch nicht nur eine Frage der Kosten, auch die Stromimportkapazitäten sind limitiert. Eines der größten Projekte ist deshalb auch der Ausbau der Stromtrassen. Der wichtigste Anschluss an das Europäische Hochspannungsnetz, die 400 kV Leitung von Tirana nach Podgorica in Montenegro, wurde bereits hergestellt. Eine weitere 400 kV Leitung von Albanien nach Kosovo befindet sich im Bau. Beide Infrastrukturmaßnahmen wurden durch eine Finanzierung der KfW ermöglicht.
Die albanische Stromwirtschaft ist noch zum überwiegenden Teil in staatlicher Hand. Für die Stromerzeugung ist fast ausschließlich das staatliche Unternehmen KESH (Korporata Elektroenergjetike Shquiptare) verantwortlich. Der Anteil privater Kraftwerksbetreiber steigt zwar deutlich an, ihr Anteil an der Gesamtstromerzeugung ist derzeit mit etwa einem Prozent noch sehr gering. Im Jahr 2008 waren insgesamt 15 privatwirtschaftliche Unternehmen an der albanischen Stromerzeugung beteiligt. Von ihnen waren sieben mit einer Konzession ausgestattet, weitere acht sind rein private Unternehmen. Insgesamt betreibt der Privatsektor 46 Kleinwasserkraftwerke mit einer installierten Leistung bis 10 MW.
Die Gründe für den Zuwachs der Gesamterzeugung liegen aber auch an den günstigen Wetterbedingungen Anfang letzten Jahres. Die albanischen Wasserkraftwerke, in staatlichen wie auch privaten Händen, wurden 2010 mit Volllast betrieben. Dieses Jahr wird sich das voraussichtlich wieder ändern, die fehlenden Niederschläge im bisherigen Jahresverlauf werden bereits jetzt deutlich. Nach Angaben des staatlichen Betreibers KESH wurden in dem sehr regenreichen Jahr 2010 7.702 GWh Strom in Wasserkraftwerken erzeugt. Der historische Durchschnitt liegt für Albanien dagegen bei gerade einmal bei ca. 4.600 GWh.
Modernisierung und Ausbau: Vor allem Wasserkraft
Der Ausbau und die Sicherung der Energieversorgung hat bei der albanischen Regierung, neben der Erneuerung und Schaffung von Infrastrukturen, eine sehr hohe Priorität. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Nutzung von Erneuerbaren Energien gelegt. Schließlich verfügt man über sehr gute Bedingungen, etwa bei Sonnen- oder Windenergie. Ein besonders großes Potential besteht nach wie vor bei der weiteren Nutzung der Wasserkraft. Noch, so eine offizielle Schätzung, wird nur etwa ein Drittel des Wasserkraftpotenzials genutzt. Es soll jedoch auch in die Errichtung von Windkraftanlagen investiert werden.
Von Regierungsseite plant man einen beträchtlichen Teil der bisher staatlichen Wasserkraftwerke zu privatisieren. Durch Investitionen ausländischer Versorger soll die Leistung der vorhandenen Anlagen deutlich ansteigen. Außerdem wurden für eine große Anzahl neu zu errichtender Kraftwerke Konzessionen vergeben. Nach Regierungsangaben seien bereits Verträge mit eine Kapazität von ca. 1600 MW vergeben worden. Mehr als hundert Firmen sind daran beteiligt, gut 300 neue Anlagen sollen entstehen. Zwei große Anlagen, die Wasserkaskaden an den Flüssen Vjosa und Osumi, sind momentan in internationale Ausschreibung. Rund 50 Wasserkraftwerke befinden sich bereits im Bau.
Beispiele von geplanten Wasserkraftwerken
- Bau eines Kraftwerks am Fluss Devoll, geplante Gesamtleistung: 320 MW,
- Wasserkraftwerks Ashta am Fluss Drin, geplante Gesamtleistung: 50 MW,
- Wasserkraftwerk Skavica am Fluss Drin geplante Gesamtleistung: 350 bis 400 MW,
- Wasserkraftwerk Dukagjini am Shala-Fluss, geplante Gesamtleistung: 127,6 MW,
- Wasserkraftwerks Curraj HPP am Curraj-Fluss, geplante Gesamtleistung: 80 MW.
Neben der Errichtung neuer Kapazitäten gibt es einen zum Teil erheblichen Instandsetzungsbedarf bei den bestehenden Altanlagen. Hier greift auch die von der albanischen Regierung vorangetriebene Privatisierung. Vier der großen staatlichen Wasserkraftwerke, jeweils zwei in Burrel und in Saranda, sind bereits in privater Hand.
Andere Energieressourcen
Ein klein wenig möchte sich Albanien aber auch von seiner Abhängigkeit von der Wasserkraft befreien. So soll eine zukünftige Energieproduktion auch auf anderen Standbeinen stehen. Im Mai 2009 begannen die Bauarbeiten an einem großen Energiepark im Distrikt Lezha. Dort wird ein mit Biodiesel befeuertes Kraftwerk mit einer Kapazität von 140 MW und zwei Windparks mit einer Gesamtleistung von über 234 MW entstehen. Teil des Projektes ist die Errichtung einer 210 km langen 500-kV-Unterseeübertragungsleitung zwischen Lezh