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Fehlender Netzausbau als Ausrede und die drei Irrtümer des Umweltministers

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Eingestellt 14, Jan 2013 in Energiewende von Anonym

Fehlender Netzausbau als Ausrede und die drei Irrtümer des Umweltministers

   

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Beantwortet 14, Jan 2013 von Wolf von Fabeck (279 Punkte)

Die Stromwirtschaft und die Bundesregierung haben eine Ausrede gefunden,
warum die Energiewende nicht vorankommt. Der schleppende Ausbau der
Übertragungsnetze soll daran schuld sein. Ohne Ausbau der Übertragungsnetze
sei die Energiewende technisch nicht möglich und der weitere Ausbau von
Solar- und Windenergie müsse sich diesen Gegebenheiten anpassen.
Mit dieser vorgeschobenen Begründung wird das brutale Abwürgen der
Solarenergie und die Verlangsamung der Onshore-Windenergie entschuldigt.

Vielen Menschen, denen der technische Hintergrund und die Kenntnis der
geographischen Gegebenheiten (genauer gesagt, der Klimazonen) fehlt, lassen
sich hier irreführen. Wir haben deshalb eine einfache Argumentationskette
entwickelt, wie man die Unsinnigkeit der regierungsamtlichen Argumentation
aufzeigen kann.


Die drei Irrtümer des Umweltministers

Erster Irrtum: Auch Offshore-Windenergie ist stark wetterabhängig

Nord- und Ostsee liegen nicht etwa in einer Zone beständiger Winde, z.B.
in der Zone der Passatwinde, sondern in der unruhigen Westwindzone, in der
sich Hoch- und Tiefdruckgebiete abwechseln.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Planetarische_Zirkulation)
Passat- und Westwindzone

Über Nord- und Ostsee weht deshalb der Wind nicht gleichmäßig.
Stürmische Tage wechseln sich mit Tagen geringer Windstärke ab. Das hat
wichtige technische Konsequenzen.
Die von Windrädern erzeugte elektrische Leistung schwankt noch stärker als
die Windgeschwindigkeit, denn doppelte Windgeschwindigkeit bedeutet
achtfache elektrische Leistung (erst wenn die Höchstleistung der Anlage erreicht ist, steigt die elektrische Leistung nicht weiter an). Halbe Windgeschwindigkeit bedeutet aber nur ein Achtel der Leistung. Mit einer so ungleichmäßigen Stromversorgung wäre kein Verbraucher zufrieden. Offshore Windstrom für sich alleine ist deshalb für eine bedarfsgerechte Stromversorgung ungeeignet.

Hier widersprechen wir dem Bundesumweltminister ausdrücklich, der davon
ausgeht, dass Offshore-Windenergie Grundlaststrom liefern könne. Das kann
sie nicht einmal andeutungsweise! Und insofern gibt es kein
energietechnisches Argument mehr dafür, die Offshore- gegenüber der
Onshore-Windenergie zu bevorzugen. Im Gegenteil: Jetzt hat die
Onshore-Windenergie wegen ihres geringeren Preises und der größeren Nähe zum Verbraucher alle energietechnischen Vorteile für sich.


Zweiter Irrtum: Solartrom kann nicht durch Fernleitungsbau auf den späten
Abend, die Nacht oder den frühen Morgen oder in windstille Zeiten verschoben werden.

Solarstrom kann das Problem der ungleichmäßigen Windlieferung nur wenig
abmildern, denn nachts scheint die Sonne überhaupt nicht und tagsüber
scheint sie ohne zeitliche Abstimmung mit den Windverhältnissen. Es ist mehr oder wenig zufällig, ob der Sonnenschein zur passenden Zeit kommt.
Wer mit Wind- und Solarenergie eine gleichmäßige Stromversorgung plant,
kommt deshalb nicht darum herum, die Überschüsse von Beiden, von Wind- und
Solarstrom für Zeiten von Schwachwind und sonnenlose Tage zu speichern oder
schnell regelbare Gaskraftwerke zu bauen, die in den Zeiten von Wind- oder
Solarschwäche rasch einspringen können.

Von Speicherbau im erforderlichen Umfang ist jedoch in den Planungen der
Bundesregierung nicht die Rede. Die derzeit für Speicher vorgesehenen 200 Millionen sind eine lächerliche Alibiveranstaltung.



Dritter Irrtum: Schnell regelbare Gaskraftwerke werden keineswegs
unwirtschaftlich



Zwar hat es in den vergangenen Jahren manche sonnigen Tage gegeben, an denen zur Zeit der altbekannten mittäglichen Verbrauchsspitze der zusätzliche mittägliche Strombedarf durch vermehrte Solareinspeisung abgedeckt wurde.
Deshalb mussten die schnell regelbaren Gaskraftwerke (Spitzenlastkraftwerke) nicht mehr so oft - wie früher üblich - um die
Mittagszeit angeworfen werden. Aber diese Verhältnisse würden sich bei
weiterem Zubau von Solaranlagen rasch und grundlegend ändern.
Wenn Solaranlagen in großer Zahl und hohem Tempo rasch ausgebaut würden,
würden bald schon die Solaranlagen um die Mittagszeit nicht nur den Strom
der Spitzenlastkraftwerke, sondern sogar noch den Strom der
Grundlastkraftwerke (Braunkohle und Atom) zeitweilig ersetzen bzw.
verdrängen. Die Grundlastkraftwerke, die aus technischen Gründen praktisch
keine Laufzeitunterbrechungen vertragen, müssten dann abgelöst werden durch
schnell auf- und abregelbare Gaskraftwerke. Solche Gaskraftwerke, die bisher im Wesentlichen nur in den wenigen Stunden der Mittagszeit zum Einsatz kamen, werden zukünftig dann den ganzen Abend, die Nacht und den frühen Vormittag benötigt. Sowohl die Zeiten ihres Einsatzes als auch die dann benötigten Leistungen werden gewaltig ansteigen. Es ist deshalb nicht im Entferntesten zu befürchten, dass Gaskraftwerke dann unwirtschaftlich
würden.

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