Auf dem 7. Deutschen Energiekongress in München vom 04.-05. September 2012 drehte sich alles um die Energiewirtschaft im Wandel.
Beim politischen Auftakt macht Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) deutlich in welche Infrastruktur die Bundesregierung investieren will: großflächiger Netzausbau, weniger Autonomie und offensichtlich mehr Kohle als Gas und Erneuerbare. Die Frage, „können wir es uns leisten in die Falsche oder in zwei Infrastrukturen zu investieren?“ bleibt offen. Stattdessen verdeutlicht der Bundeswirtschaftsminister seine Ziele und gibt klare Impulse: mehr „Ehrlichkeit“ bei der Energiewende! Bürger müssen mehr einbezogen werden; Strom muss unter marktwirtschaftlichen Bedingungen produziert werden, dazu gehöre auch die nächste EEG-Regulierung im Oktober 2012; Insgesamt müssten für das Gelingen der Energiewende fünf Felder entwickelt werden: der Netzausbau, der Bau konventioneller Kraftwerke, die Erneuerbaren Energien (Finanzierung, Forschung, Ausbau), Energieeffizienz und Energieforschung.
Der Bürgerwunsch nach autonomer, regenerativer Energieerzeugung bleibt außen vor.
Rund ein Jahr nach Beschluss des Atomausstiegs bis 2022 durch die Bundesregierung betont der Bundeswirtschaftsminister, dass dieser gemeinsame politische Beschluss von einer breiten Akzeptanz der Öffentlichkeit getragen wird. Allerdings sei versäumt worden, die Bürger differenziert über die Komplexität der notwendigen Umstrukturierungen, die Jahre und Jahrzehnte dauern werden, zu informieren. Dass ein Netzausbau nicht innerhalb eines Jahres zu machen ist, hätte sehr viel früher verständlich gemacht werden müssen. Ein Beispiel dessen, was der Bundesminister unter „fehlender Ehrlichkeit den Bürgern gegenüber“ versteht. Aber die Bürger wollen mehr Erneuerbare und mehr Autonomie und weniger Netze. Darauf geht Rösler nicht ein. Autonome Energieversorgung habe es nie gegeben und werde es nie geben, kommentiert er vor der Energiebranche.
Zuständigkeiten und Tempo der Energiewende
Rösler lehnt einen Energiemanager ab und hält am Beschleunigungsgesetz fest. Bei aller Kritik der bisherigen Organisation und Steuerung der Energiewende halte er nichts von einem Energiemanager, weil sich keine Person finden lasse, die seiner Meinung nach die komplexen Themen, die die gesamte Bundesregierung betreffen bündeln kann. Allerdings sind der Energiebranche die Rolle Röslers und Altmaiers nicht immer deutlich. Zur Steigerung des Tempos will der Bundeswirtschaftsminister am bereits im März 2012 angekündigten Beschleunigungsgesetz für die Energiewende festhalten. Konkret will er Entscheidungen durch die Verkürzung gerichtlicher Instanzenwege beschleunigen, ähnlich wie bei der Umsetzung des Infrastrukturausbaus nach der Wiedervereinigung verfahren wurde. Auf die Frage, wie Altmaiers Bedächtigkeit und Röslers Schnelligkeit zusammenpassen antwortet Rösler: „Ich finde es gut, dass es zwischen uns Bereitschaft für Veränderungen gibt, vor allem die EEG-Veränderungen. Ich bin der Meinung, dass wir keine Zeit für Bedächtigkeit haben, weil wir bereits im Oktober 2012 das EEG erneut regulieren müssen“. Das EEG sei ein verzwicktes System, und Photovoltaik sei keine Nische mehr.
Netzausbau
Das Herzstück der Energiewende sei der Netzausbau. Wohl gemerkt, der Stromnetzausbau, vor allem der Überleitungstrassen. Von der Gasinfrstruktur und deren sinnvoller Nutzung ist nicht die Rede. Auf Grundlage des von der Bundesnetzagentur vorgelegten Netzausbauplans werde bis Ende 2012 der Netzbedarfsplan resultieren, äußert der Bundeswirtschaftsminister.
Bürger- und Experteneinwände eilen also.
Transparenz über den Netzausbau bedeutet aus Sicht Röslers die konkrete und differenzierte Information über den Ausbau von rund 4000 Kilometern Trassen. Dafür bietet die Bundesnetzagentur Informationsveranstaltungen an. Wesentlich sei, dass verstanden werde, dass dafür hohe Investition notwendig sind. Auch sei der Netzausbau ein länderübergreifendes und raumübergreifendes Projekt, dessen Umsetzungszeitraum bereits von 10 auf vier Jahre verkürzt wurde. Das sei bereits ein hohes Ziel. Den Bürgern müsse deutlich gemacht werden, dass solche Umstrukturierungen komplex und (zeit)-aufwändig sind. „Wenn man den Netzausbau mit dem Bundesverkehrswegeplan vergleicht, der alle fünf Jahre überarbeitet wird – wobei die Überarbeitung jeweils bereits zwei Jahre dauert - wird deutlich von welchen Dimensionen wir beim Netzausbauplan sprechen“. Das werde nach Meinung des Bundeswirtschaftsministers meist nicht bedacht. Er weist auf zu erwartende Reibungen mit den Grenzländern hin, mit denen ein früher Dialog gesucht werden sollte und nicht nur, wenn die Nachbarn im Winter mit Energie aushelfen sollen.
Kompromissbereitschaft statt Blockade
Rösler appelliert an die Länder kompromissbereit zu sein, damit eine rasche Einigung und Umsetzung möglich wird. Nach Meinung des Wirtschaftsministers soll der Netzausbau stärker für externe Investoren geöffnet werden, das fördere die Akzeptanz, ähnlich wie bei der Bürgerbeteiligung bei Windparks.
Verteilernetze: Die Länder wollen mitreden
Einigungen über die Überleitungsnetze scheinen, wenn man die Experten hört in erreichbarer Nähe. Beim Beschluss des Verteilernetzplans wollen die Länder jedoch mitreden. Autobahnen seien das Eine, die Zufahrten das Andere lassen die Länder verlauten. In zweitägigen Diskussionen machen Branchenexperten, Länderpolitiker und Energieakteure deutlich, dass jedes Land sehr unterschiedliche Interessen und Rahmenbedingungen hat. Die Frage: „Haben wir 16 Energiewenden in Deutschland“ wurde verneint, aber die Länder wollen bei der Planung von Verteilernetzen mitreden, damit regionale Individualität und Autonomie ausgebaut werden kann. Indessen berichten Windparkbetreiber über fehlende Netzanschlüsse. Ein Argument, das Rösler für den Netzausbau nutzt: Umweltpolitische Aufgabe beim Netzausbau sei es gezielt und begründet mit Blick auf das Gesamtziel Umweltrichtlinien außer Kraft zu setzten, damit Genehmigungsverfahren zügig vorangehen. Das könne, wo sinnvoll auch Naturschutzgebiete betreffen.
Kraftwerksbau
Der letzte Winter sei aus Sicht der Versorgungssicherheit bereits schwierig gewesen und der nächste Engpass komme bestimmt. Das sei ein wichtiges Argument für die Beschleunigung des Netzausbaus und mache deutlich, dass Kraftwerke zur Vorhaltung zuverlässiger Reservekapazitäten notwendig sind. Diese Kapazitätsvorhaltung sei allerdings kein Markt der subventioniert werden müsste. Subventionen lehnt der Bundeswirtschaftsminister entschieden ab.
Die bereits genehmigten Kohlekraftwerke sollen gebaut werden, von Gaskraftwerken ist kaum die Rede. Sowohl Investoren wie Betreiber von Gaskraftwerken erhalten aktuell keine entsprechenden Marktsignale. Das sei ein deutliche Zeichen des Marktversagens sagt Michael Feist, Vorstandsvorsitzender, Stadtwerke Hannover AG. Im Markt gäbe es keine adäquaten Preissignale für Investoren obwohl wir Kraftwerke brauchen, so Feist in seinem Abschlusskommentar zum Thema wer übernimmt den Markt? Und weiter äußert er: „wir wollen Markt und wir wollen die Erneuerbaren in den Markt überführen, die EEG-Ausgestaltung wird darüber entscheiden, wie die einzelnen Marktsegmente sich entwickeln“. Dabei spricht er sich deutlich für den Erhalt des EEG aus, das notwendige Handlungsableitungen ermögliche. Das sieht die Branche sehr unterschiedlich. Die Meinungen reichen von der raschen Abschaffung des EEG bis zu dessen Ausgestaltung.
Keine Privilegierung von Gas vor Kohle
Auf die Frage an die Politik, ob „Gas vor Kohle“ künftig politisch privilegiert wird sagte Rösler: „Diesbezüglich ist nichts geplant. Wir haben ja die Kraftwerksdiskussion“. In G