Im aktuellen Newsletter der Allianz Freie Wärme finden sich diese Aussagen:
Zentrale oder dezentrale Wärme?
Wissenschaftliche Studie liefert klare Antworten.
Studie zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden:
Fernwärme lohnt sich nicht
Ausführlich ist das in der Onlineversion des Sondernewsletters November 2016 nachzulesen.
Die Studie ist durchaus interessante Lektüre und zeigt auf, dass es für die Sinnhaftigkeit von Wärmenetzen vor allem auf einen niedrigen Primärenergiefaktor ankommt, sprich: dass sie einen hohen Anteil Erneuerbarer Energien nutzen. Und natürlich darf man beim Ausbau eines Wärmenetzes die Wirtschaftlichkeit nicht aus dem Auge verlieren, weil diese auf die Kosten für den Endverbraucher durchschlägt.
Das erklärte Fazit Fernwärme lohnt sich nicht lässt sich aber bei genauer Betrachtung nicht nachvollziehen.
Die in der Studie errechneten finanziellen Vorteile der dezentralen Umstellung von einem alten Heizkessel z. B. auf einen Ölbrennwertkessel basieren in vielen Fallbeispielen auf falschen Zahlen. Man darf eben nicht übersehen, dass moderne Heizkessel mehr verschleiß- und störanfällige Bauelemente haben, als die alten Heizkessel in "Hält-ewig" Bauweise. So ergeben sich in der Praxis bei dezentralen Heizkesseln schnell höhere jährliche Instandhaltungs- und Wartungskosten, als die "BTGA-Regel 3.001: Wartung heiztechnischer Anlagen" vermuten lässt, während Wärmeübergabestationen von Wärmenetzen tatsächlich nur geringen Wartungsaufwand haben.
Vollkommen merkwürdig sind die auf Seite 171 der Studie angegebenen Verbrauchswerte für EFH: Wozu soll ein Einfamilienhaus-Neubau (!) 26.142 kWh/a Endenergie (Nahwärme) verbrauchen? Auch 15.000 kWh pro Jahr wären beim heutigen EnEV-Standard noch hoch gegriffen und würden sich z. B. auf eine geräumige Villa beziehen. Somit sind alle auf den falschen Verbrauchswerten basierenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen hinfällig.
Dabei verschenken die im Projekt Freie Wärme zusammengeschlossenen Interessenverbände sogar den positiven Aspekt, den ihnen die Solarwärmenutzung beschert: Ein niedrigerer Heizwärmebedarf bedeutet, dass Solarthermieanlagen für Warmwasser und Heizung höhere Gesamtdeckungsraten erreichen. Im Neubau sind über 30% solare Deckungsrate normal, und mit geeigneter Technik sind auch ohne übertriebene Kollektorfläche über 50% zu erreichen, was das BAFA mit der Solaraktivhaus-Förderung honoriert. Dieses Fallbeispiel fehlt in der Studie. Im Zusammenhang mit einer Solarthermieanlage hat der dezentrale Heizkessel einen so geringen verbleibenden Brennstoffverbrauch, dass man ein solches Heizsystem zumindest für die nächsten zwanzig Jahre durchaus als wirksamen Beitrag zum Klimaschutz ansehen kann. Die von den Freie Wärme Lobbyisten als kostengünstigste Lösung propagierte einfache Kesselmodernisierung ist dagegen eine klimapolitische Bankrotterklärung.
Langfristig werden sich Wärmenetze als kostengünstige Alternative zum exorbitanten Ausbau von (Heiz-)Stromnetzen erweisen. Bleibt zu hoffen, dass die Klimaschutzpolitik ihre Fördergelder entsprechend einsetzt, damit auch der Verbraucherschutz gewahrt bleibt.