Guten Tag Herr Wollersheim und herzlich willkommen in der Redaktion von Top50-Solar Experts.
Da das Thema Energiespeicher immer wichtiger wird und die meisten Interessenten einer Photovoltaik-Anlage nun auch dazu bereit sind, sich ebenfalls einen Batteriespeicher anzuschaffen, möchte ich heute die Gelegenheit nutzen und Ihnen als absoluten Speicherexperten ein paar Fragen stellen:
1. Welche Kombination im 5 kW Bereich Photovoltaik würden Sie am ehesten empfehlen? PV-Anlagengröße und Speichervolumen? In welchem Preissegment liegen wir hier ungefähr?
Das hängt ganz wesentlich vom Energiebedarf des Haushalts und von der verfügbaren Dachfläche ab. Ein sparsamer 3-Personen-Haushalt kommt mit 3-4 kWp PV und 4-6 kWh Speicherinhalt schon gut aus, für einen 4-Personen-Haushalt mit Brauchwassererwärmung und Heizung mittels Wärmepumpe braucht es eher 8-10 kWp PV und 8-11 kWh Speicherkapazität.
2. Wie ist die Situation mit dem Förderprogramm für Speicher? Wird diese nun gestrichen, oder läuft sie weiter?
Das Speicherförderprogramm der KfW soll fortgesetzt werden, allerdings sind Änderungen der Förderbedingungen geplant, über die bisher noch keine Details bekannt geworden sind.
3. Ist ein DC-Speicher in der Lage, die Batterie so sinnvoll zu laden, dass die PV-Anlage mit dem Batteriespeichersystem die 70% Abregelung einhält und dabei keine Energie verloren geht?
Wir haben im Labor des KIT mit einer realen PV-Anlage, kommerziellen Wechselrichtern und einem am Markt erhältlichen Speicher solche Konstellationen durchgespielt und wissen daher, dass das möglich ist. Dazu muss die Gesamtanlage richtig dimensioniert und entsprechend intelligent geregelt werden.
4. Macht es Sinn für Batteriespeicher auch eine Klassifizierung in Energieklassen wie bei Haushaltsgeräten einzuführen, die auf den Wirkungsgrad eingehen und den Strombedarf im entladenen Zustand der Batterie?
Heute ist die Situation so, dass viele Endkunden ratlos vor dem großen Angebot an Heimspeichern stehen und keine Möglichkeit haben, das Preis/Leistung-Verhältnis realistisch einzuschätzen. Ich begrüße deshalb jede Form der Kennzeichnung, die die Transparenz erhöht, was das Thema Sicherheit, Qualität und Nutzen für den Endkunden angeht. Ein effizienter Umgang mit der gespeicherten Energie ist wichtig, noch wichtiger ist aber, dass endlich die Zertifizierung der Speicher nach dem Sicherheitsleitfaden verpflichtend wird. Danach ist für den Endkunden entscheidend, wie lange der Speicher hält und welchen Vorteil er seinem Besitzer in dieser Zeit erwirtschaftet hat. Für die Energiewende schließlich soll der Speicher netzdienlich arbeiten, also die Belastung der Netze reduzieren, damit noch mehr erneuerbare Energie eingespeist werden kann. Alle diese Kriterien objektiv und fair zu messen und daraus eine Kennzeichnung zu entwickeln, ist nicht einfach. Verschiedene Forschungseinrichtungen – darunter natürlich das KIT - arbeiten aber daran, hierzu Vorschläge zu machen. Ich denke, dass dazu im Laufe des Jahres 2016 erste Ergebnisse vorliegen werden.
5. Was macht Ihrer Meinung nach mehr Sinn für eine schnelle Energiewende, kleine dezentrale Speicher oder große, zentrale Speicher?
Das ist aus meiner Sicht keine Entweder-Oder-Frage, denn große zentrale Speicher erfüllen andere Aufgaben als kleine dezentrale. Beide sind für das Gelingen der Energiewende notwendig und daher brauchen wir eine breite Verteilung von Speichergrößen und Standorten in Deutschland. Tatsächlich findet auch der Ausbau parallel statt, es werden zurzeit genauso mehrere Speicher in der Multi-MWh-Klasse errichtet wie auch 2016 voraussichtlich mehrere Tausend Heimspeicher installiert werden. Damit ist allerdings das Problem der saisonalen Speicherung noch nicht gelöst und auch nicht die Energiespeicherthemen in den Sektoren Wärme und Verkehr. Es gibt also noch viel zu tun. Am sinnvollsten wäre es, wenn der Heimspeicherausbau nicht durch zusätzliche Steuern und Abgaben belastet würde, denn dann wird er sich ganz ohne staatliche Förderung durch rein private Investitionen von selbst vollziehen. Billiger und schneller kann man die Energiewende nicht bekommen.
6. Was würden Sie sagen, ab wann Preise für Heimspeicher wirklich attraktiv sind? Macht es Sinn noch ein paar Jahre abzuwarten, wenn ja wieviele?
Die Preise für einzelne Produkte am Markt sind heute schon sehr attraktiv. Sie amortisieren sich bereits im Laufe Ihrer Lebensdauer. Wer also selbst aktiv an der Energiewende mitarbeiten will, aber dafür nicht mehr bezahlen als beim heutigen Energieversorger, der braucht nicht länger zu warten. Für diejenigen, die eine maximale Rendite anstreben, könnte es sich lohnen, noch ein bis zwei Jahre zu warten. Es ist aber schon absehbar, dass die Preise für die Lithium-Zellen nicht mehr sehr lange weiter fallen werden, denn die Marktbereinigung ist schon ziemlich weit gediehen. Daher werden sich die Preise auch für die Heimspeicher bald stabilisieren.
7. Wie wichtig ist für Sie das Thema Sicherheit und Energiespeicher zu Hause? 3 Tipps die Sie gerne geben.
Die Wichtigkeit dieses Themas kann gar nicht überschätzt werden. Das aktuell höchste Sicherheitsniveau bietet eine Zertifizierung nach dem Sicherheitsleitfaden für Lithium-Ionen-Heimspeicher, wenn sie von einem renommierten Prüfinstitut durchgeführt wurde.
Das ist mein erster und zweiter Tipp. Der dritte ist, von einem Hersteller zu kaufen, der einen guten Namen und einen hohen Markenwert zu verlieren hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass er beides mit unsicheren Produkten auf Spiel setzt, schätze ich als vergleichsweise gering ein.
8. Wie unterscheiden sich die Investitionskosten von AC und DC Speichersystemen und welches System ziehen Sie vor?
Nach unserer Beobachtung wirken sich andere Umstände viel stärker auf den Preis der Speicher aus als die Kopplungsart. Viel entscheidender sind strategisch kluge Weichenstellungen des Managements, kreative Entwicklungsteams und ein integrierter Entwicklungsprozess, der von der Auswahl der richtigen Komponenten bis hin zur Montage und Inbetriebnahme des Systems beim Kunden immer auch die Kosten im Blick hat.
DC-Systeme können zweifellos einige Vorteile haben, sie laden immer nur Grünstrom und können dies grundsätzlich mit höherem Wirkungsgrad tun als AC-gekoppelte Systeme. Es gibt aber Beispiele, wie durch schlechtes Design der Wirkungsgradvorteil wieder vernichtet wird. Insofern ziehe ich ein technisch brillant entwickeltes System vor, ob AC- oder DC-gekoppelt hätte für mich dann nur zweite Priorität.
9. Würden Sie ein Elektroauto schon als bidirektionalen Heimspeicher bezeichnen oder braucht das noch eine Zeit?
Die Anforderungen an Elektrofahrzeuge und Heimspeicher sind kaum in Einklang zu bringen. Der Heimspeicher soll tagsüber im Wesentlich geladen werden und ab abends bis zum nächsten Morgen entladen. Ein Elektroauto ist aber tagsüber oft gar nicht zu Hause und will nachts nicht den Haushalt versorgen, sondern für die Fahrten am kommenden Tag wieder aufgeladen werden. Wenn das Fahrzeug nachts zusätzlich das Haus versorgen soll, muss die Batterie größer ausgelegt werden als für die Fahrzeugnutzung notwendig. Wegen der erhöhten Anforderungen im Auto (Temperaturbereich, Crashsicherheit etc.) ist aber systemisch die Fahrzeugbatterie bei gleichen Stückzahlen teurer als eine Heimspeicherbatterie. Darüber hinaus sind in Deutschland die technischen Voraussetzungen noch gar nicht geschaffen, um aus dem Auto in den Haushalt zurückspeisen zu können. Das ist nicht ganz einfach zu bewerkstelligen und die notwendige elektrotechnische Ausrüstung kostet eine Stange Geld. Diese Nutzungsart ist technisch wie auch wirtschaftlich aus meiner Sicht unsinnig.
Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre hilfreichen Antworten.