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Undurchschaubare Preisgestaltung bei Messsystemen

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Eingestellt 26, Mär 2015 in Energiewende von Susanne Jung (1,633 Punkte)

Ergebnisse einer Internetrecherche bei Verteilnetzbetreibern

Anfang diesen Jahres führten wir eine Internetrecherche durch, um uns einen Überblick zu den Preisen für Messeinrichtungen zur Erfassung von Strom aus Erneuerbaren Energien der ca. 900 deutschen Verteilnetzbetreiber (VNB) zu verschaffen. Anlass hierfür waren zunehmend Rückmeldungen zu strittigen Preisen und undurchsichtigen Rechnungen. Auf Rückfrage der Anlagenbetreiber argumentierten Verteilnetzbetreiber, dass ihre Messkosten mit der Bundesnetzagentur abgesprochen und damit in ihrer Höhe angemessen seien.  „Angemessen“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Zumindest dürften die nachfolgend zusammengestellten Ergebnisse berechtigte Zweifel daran hegen, ob die Bundesnetzagentur tatsächlich bei allen Verteilnetzbetreibern die erhobenen Messkosten überprüft hat.

Ergebnisse der SFV-Recherche
Wir recherchierten auf den Internetseiten der Unternehmen nach aktuellen Preistabellen 2015 für Messsysteme. Die Suche wurde stichprobenartig geführt und deckte ca. 10% aller Verteilnetzbetreiber (VNB) ab. Bei den meisten VNB waren die Preise unter dem Stichwort „Netze“ bzw.
„Netzzugang“ zu finden. Andere wiederum haben die Informationen in Musterverträgen zum Netzzugang eingebunden. Bei mindestens jeder 10ten Recherche konnten auf die Preislisten nicht finden. Wenn Anlagenbetreiber hier detaillierte Auskunft benötigen, bleibt ihnen vermutlich nur die Hilfe von Telefonberatern.


In den jeweils aufgespürten Preislisten haben wir
a) jährliche Messkosten für Zweirichtungszähler, Niederspannung, netto und
b) die jährlichen Messkosten für Lastgangmessung, Niederspannung, netto, abgegriffen und miteinander verglichen.


Dabei kamen enorme Preisunterschiede zu Tage. Die Ergebnisse für diese beiden ausgewählten Messsysteme und den damit verbundenen Dienstleistungen sind in der nebenstellenden Tabelle zusammengefasst.
Besonders gravierend waren die prozentualen Unterschiede bei Zweirichtungszählern. Bei der Position „Messung“ variierte der Preis um das 18-fache, der „Messstellenbetrieb“ um das 10-fache.


Als für Anlagenbetreiber finanziell einschneidender sind allerdings die Kosten bei Lastgangzählern einzuschätzen. Ob man für die Abrechnungsdienstleistungen 72 Euro oder 625 Euro pro Jahr bezahlen, ist schon erheblich. Noch schwerer wiegt der Rechnungsbetrag, wenn er über einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet wird. Ob Anlagen zzgl. der Kosten für Abregeltechnik dann überhaupt noch wirtschaftlich betrieben werden können, ist fraglich.


Was können Anlagenbetreiber tun?
Da Anlagenbetreiber für die ordnungsgemäße Erfassung des erzeugten EE-Stroms grundzuständig sind, müssen sie auch die jeweils notwendigen Kosten für die Messeinrichtungen tragen.
Wer sich gegen zu hohe Kosten von Messsystemen wehren möchte, sollte zunächst überprüfen, ob die zu bezahlende Dienstleistung vom Netzbetreiber tatsächlich erfüllt wurde oder möglicherweise Bestandteil von gesetzlichen Bestimmungen war, die kostenfrei erfüllt werden müssen.
Dabei sollten die Rechnungsgrößen „Messung“, „Messstellenbetrieb“ und „Abrechnung“ einzeln betrachtet werden.
„Messung“ beinhaltet dabei die Aufwendung für Ablesung der Zählerstände und der Übermittlung der Messdaten. Wenn der Anlagenbetreiber die Daten selbst abliest und übermittelt, dürfen ihm hierfür vom Netzbetreiber keine Kosten in Rechnung gestellt werden.


Zu diesem Ergebnis jedenfalls kommt die Clearingstelle EEG in ihrer Rechtsauskunft „Müssen Anlagenbetreiber/-innen Entgelte für selbst vorgenommene Messung bzw. Messstellenbetrieb entrichten?“ (https://www.clearingstelle-eeg.de/beitrag/2163).
Sie schreibt:
„Fachkundig zur Messung, d. h. zum Ablesen der Messwerte in Kilowattstunden für den erzeugten, den ins Netz eingespeisten sowie den bezogenen Strom sind bei Messeinrichtungen mit optisch ablesbarem Zählwerk grundsätzlich alle des Lesens und Schreibens kundigen Menschen.
Sind Anlagenbetreiberinnen- und -betreiber demnach fachkundig und nehmen die Messung und den Messstellenbetrieb der Messeinrichtungen wahr, müssen sie auch keine für die von ihnen selbst erbrachten Leistungen Entgelte entrichten.“

Dies gilt allerdings nur für die Solarstromlieferung, für den der Anlagenbetreiber zuständig ist. Die Kosten für Messung des sonstigen Strombezugs (z.B. bei Zweirichtungszählern) wird in dieser Rechtsauskunft nicht näher erläutert.
Wer die Messung künftig selbst durchführen möchte, sollte die Kündigungsmodalitäten und -fristen im wirksamen Messstellenbetreibervertrag des zuständigen Netzbetreiber beachten.

Die Kosten für den „Messstellenbetrieb“ soll Aufwendungen für den Einbau, den Betrieb, die Instandhaltung und Eichung decken.

Auch hier sind Anlagenbetreiber nach Meinung der oben erwähnten Rechtsauskunft der Clearingstelle EEG ggf berechtigt und befähigt, den Messstellenbetrieb selbst durchzuführen: „Bei „wartungsfreien Zählern“ (bspw. elektromechanische Ferrariszähler), die nach ihrer Einrichtung keiner permanenten technischen Betreuung, Überwachung oder Wartung bedürfen, beschränkt sich der Messstellenbetrieb im Wesentlichen darauf, per Sichtkontrolle den äußerlich einwandfreien Zustand der Messgeräte zu kontrollieren und bei Störungen bzw. nach Ablauf der Eichgültigkeit den Austausch derselben durch einen fachkundigen Dritten zu veranlassen.Insofern ist bei solchen Zählern nicht nur für die Messung, sondern auch für den Messstellenbetrieb die Fähigkeit zum Lesen und Schreiben hinreichend.“

Wenn der Anlagenbetreiber einen solchen geeichten Zähler selbst stellt, dürften ihm demnach keine Kosten für Messstellenbetrieb in Rechnung gestellt werden. Bei einer Zählermiete fallen anteilige Kosten an.

Bei anderen, nicht wartungsfreien Messeinrichtungen ist eine spezielle Fachkunde nachzuweisen. Infos darüber findet man in der Rechtsauskunft der Clearingstelle EEG.


„Abrechnungskosten“ werden für Abschlagszahlungen und die Endabrechnung berechnet. Wenn Anlagenbetreiber allerdings die Einspeisedaten an den Netzbetreiber liefern und der Netzbetreiber auf Grundlage dieser Daten die Vergütung ausbezahlen kann, ist der Netzbetreiber aufgrund seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht berechtigt, hierfür ein Entgelt zu verlangen. Das gesamte Datenmanagement einschließlich der Abwicklung des bundesweiten Ausgleichs ist von den Netzbetreibern grundsätzlich auf eigene Kosten vorzunehmen (siehe Clearingstelle EEG: „Dürfen Netzbetreiber für die Abrechnung Entgelte von den Anlagenbetreiberinnen bzw. - betreibern verlangen?“ unter https://www.clearingstelle-eeg.de/beitrag/1982).

Welche Änderungen sich hinsichtlich Zuständigkeit und notwendiger Kosten nach Einführung von intelligenten Zähleinrichtungen (Smart Metering) ergeben werden, ist derzeit rechtlich noch nicht sicher geklärt.


Externe Messstellenbetreiber
Nach § 10 (1) EEG 2014 dürfen Anlagenbetreiber (weiterhin) „die Einrichtung und den Betrieb der Messeinrichtungen einschließlich der Messung von dem Netzbetreiber oder einer fachkundigen dritten Person vornehmen lassen.“ Dabei müssen die „Bestimmungen für Messstellenbetrieb und Messung §§ 21b bis 21h des Energiewirtschaftsgesetzes und der auf Grund von § 21i des Energiewirtschaftsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen eingehalten werden“.


Somit besteht die Möglichkeit, einen vom Netzbetreiber unabhängigen Messstellenbetreiber zu beauftragen. Bisher ist die Zahl der externen Messstellenbetreiber überschaubar. Diese sind meist überregional tätig und stehen in Konkurrenz zu den eingesessenen Strukturen des örtlichen Netzbetreiber. Nach unserer Einschätzung dürfte deshalb die Beauftragung von „fachkundigen dritten Personen“ meist nur bei größeren Anlagen in der Praxis angekommen zu sein.


Wenn möglich, private Messeinrichtungen nutzen!
Um Kosten zu sparen, sollte überprüft werden, ob es kostengünstiger ist, geeichte Zähleinrichtungen privat zu erwerben. Besonders sinnvoll ist dies, wenn Erzeugungszähler bei Eigenverbrauchsanlagen benötigt werden.
Geeichte Hutschienenzähler, die außerhalb von Zählerschränken angebracht werden, können kostengünstige Alternativen darstellen.


Das BMWi bereitet die Umrüstung auf „intelligente Zähler“
(Smart-Meter-Systeme) vor (siehe http://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=689540.html). Ob die in Bestandsanlagen eingebauten Zähler in jedem Fall weiter genutzt werden dürfen, ist deshalb unklar. Den derzeitigen Veröffentlichungen ist zwar zu entnehmen, dass „intelligente Messsysteme“ nur dort zum Einsatz kommen sollen, wo Kosteneinsparungen nachweisbar sind. Messysteme bei Anlagen bis 7 kW sollen ebensowenig umgerüstet werden wie Haushalts-Bezugzähler, bei denen weniger als 6.000 kWh Strom abgerechnet werden. Nach inoffiziellen Informationen sind allerdings auch diese Hinweise noch in der internen Diskussion. Eine Rechtsverordnung zur Umstellung auf Smart-Meter-Systeme wird hier Rechtssicherheit schaffen. Diese soll noch vor der Sommerpause 2015 vom Bundeskabinett beschlossen werden.

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