Felix Finkbeiner ist Europäer des Jahres. Ein Preis, der seit 1996 jedes Jahr von Reader's Digest vergeben wird. Dieses Jahr finden wir, ist es allerdings ein ganz besonderer Preisträger, denn Felix ist gerade mal 17 Jahre alt und bereits seit acht Jahren aktiver Klima - und Umweltschützer.
Beeindruckend fanden wir das, als wir durch einen Artikel über ihn, auf seine Person und seine Aktionen aufmerksam wurden. So beeindruckend, dass wir es für wichtig empfinden, diese Initiative weiter zu verbreiten und zu unterstützen. In diesem Video erklärt er selbst worum es genau geht.
Als er im Jahr 2007 in der Schule ein Referat zum Thema Klimawandel vorbereitete, kam dem damals neunjährigen Jungen die Idee, die Schülerinitiative Plant-for-the-Planet ins Leben zu rufen.
Das Ziel dieser Initiative ist es bei allen Menschen, Kindern und Erwachsenen ein Bewusstsein für den Klima- und Umweltschutz zu schaffen. Durch die relativ einfache Aktion des Bäumepflanzens soll dies erreicht werden.
Jeder gepflanzte Baum wird von den Schülern zum Symbol für Klimagerechtigkeit ernannt.
Mittlerweile beteiligen sich bereits Kinder aus 93 Ländern. Das Ziel ist weltweit 14 Milliarden Bäume zu pflanzen, wovon laut der Webseite www.plant-for-the-planet.org bereits 13,02 Milliarden Bäume gepflanzt wurden und zusätzliche 1,08 Milliarden Bäume versprochen sind. Es sieht also ganz danach aus, dass das Ziel erreicht wird. Na hoffentlich!
Ausserdem setzt sich Felix Finkbeiner für das Wahlrecht für Jugendliche ein. Diese Generation muss auslöffeln, was die jetzige Erwachsenengeneration ihnen einbrockt, darf sich aber nicht an Entscheidungen beteiligen. Von dem her ist es lediglich eine gerechte Forderung, dass sich die jungen Menschen unserer Gesellschaft an Entscheidungen, die ihre Zukunft bestimmen, beteiligen dürfen.
Wie schon 1986 ein bekannter deutscher Liedermacher gesungen hat:
Kinder an die Macht!
Um diesen Beitrag noch mehr Gewicht zu verleihen, haben wir Felix einige Fragen zugesandt. Er war so nett und beantwortete diese persönlich.
Was hat dich mit schon mit 9 Jahren an der Idee so begeistert, Bäume zu pflanzen?
In der zweiten Januar-Woche 2007 mussten wir alle in der vierten Klasse ein Referat über die Klimakrise halten. Ich hatte Weihnachten den Film "Eine unbequeme Wahrheit" gesehen und mit meinem Opa das gleichnamige Buch durchgeblättert. Im Internet habe ich von Wangari Maathai gelesen, die zusammen mit vielen anderen Frauen in Afrika in 30 Jahren 30 Millionen Bäume pflanzte. Am Ende des Referats sagte ich spontan: "Lasst uns in jedem Land der Welt eine Millionen Bäume pflanzen!"
Wenn sich viele Menschen zusammen für ein Ziel einsetzen, dann können wir es auch erreichen. Wir wollen erreichen, dass unsere Gesellschaft nachhaltig wird, denn nur so haben wir Kinder auch eine Zukunft.
Ein Moskito kann nichts gegen ein Nashorn ausrichten, aber Tausend Moskitos können ein Nashorn dazu bringen die Richtung zu ändern.
Wie denkst du, kann es alltäglich werden, dass man sich in diesem Alter Gedanken macht über die Klimakrise?
Wenn wir verstanden haben, dass es um unser Überleben geht. Damit meine ich nicht nur das Überleben der Menschheit, sondern bereits das Überleben von uns heute lebenden jungen Menschen.
Wir heute lebenden sind die erste und zugleich die letzte Generation, die die Herausforderungen kennt und die Lösungen kennt. Wir müssen sie „nur“ umsetzen.
Allerdings verhandeln die Erwachsenen auf den Klimakonferenzen schon länger als wir alt sind. Sie können uns nicht mehr erzählen, sie bräuchten mehr Zeit.
Wir sind übrigens 3 Milliarden junge Menschen unter 24 Jahren weltweit. Davon sind zwar erst 100.000 Kinder und Jugendliche bei Plant-for-the-Planet aktiv, aber es werden jeden Tag mehr. Viele Millionen sind in anderen Netzwerken engagiert. Mich begeistert, dass die Kinder aus allen Teilen der Welt sich gleichermaßen für ihr Überleben einsetzen. Ja, wir nehmen unser Überleben in die eigenen Hände, wir pflanzen Bäume und halten Vorträge.
Du hast vor den Vereinten Nationen gesprochen, im Europäischen Parlament, mit vielen prominenten Personen ... wie konntest Du die Hemmungen überwinden, dies zu tun?
Vor jedem Vortrag bin ich aufgeregt. Als ich vor der UNO sprach wünschte ich mir, ich würde in der Schule sitzen. Auf dem Kirchentag 2011 habe ich im Stadion von Dynamo Dresden gesprochen. Ich war Co-Moderator der Wise-Guys, einer Acapella-Band. Nach der allerletzten Zugabe, die Bühne war schon leer, fingen plötzlich die Menschen an zu skandieren "Felix, Felix, Felix". Also musste ich wieder auf die Bühne und habe gerufen "Ich kann doch nicht singen!".
Seit dem bin ich nach wie vor aufgeregt, aber froh, dass ich nicht singen muss.
Ich habe keine Hemmungen, mit Prominenten zu sprechen. Ich bitte sie ja nicht um einen persönlichen Gefallen oder um eine Spende für einen „guten Zweck“ sondern wir sprechen um das Überleben und was sie dazu beitragen können.
Sie sind uns Kindern und Jugendlichen sehr aufgeschlossen gegenüber. Die Medien erheben sie oft zu Stars, aber sie sind Menschen wie wir und teilen unsere Sorgen, schließlich leben wir auf demselben Planeten.
Hattest Du Zeit, deine Kindheit zu genießen? Das sieht alles nach viel Arbeit und Energie aus, die da drin steckt.
Ich gehe ganz normal zur Schule, chille mit meinen Freunden und habe Hobbys wie Skifahren, Snowboarden und Mountainbiken. In keinem der acht letzten Schuljahre habe ich mehr als 20 Schultage gefehlt. Klar, war ich auch oft am Wochenende unterwegs. Heute sind wir viele Tausend Kinder und Jugendliche, die Vorträge halten. Für uns ist es ganz normal, dass wir uns um unsere Zukunft und um unser Überleben kümmern. Im Frühjahr schreibe ich Abitur. Wenn wir diese großen Herausforderungen nicht sehen würden, würden wir glaube ich auch mehr Fußball spielen.
Wie denkst Du, sieht die Zukunft dieser Erde aus?
Um die Erde müssen wir uns keine Gedanken machen, die wird weiter existieren. Eng werden könnte es für uns Menschen, wenn wir nicht endlich handeln und zusammen arbeiten, um die Erderwärmung unter 2 Grad C zu halten. Als ich mit 9 Jahren mein Referat über die Klimakrise hielt, nannte ich es "Das Ende des Eisbären". Meine Tante hatte mir zu meinen fünften Geburtstag einen überlebensgroßen - also größer als ich damals - Stoffbären geschenkt und ab diesem Zeitplan drehte sich alles um den Eisbären. Meine Freunde und ich hatten erst einige Monate später verstanden, dass wir Menschen dabei sind unsere eigene Lebensgrundlage zu zerstören.
Die UNO sagt voraus, dass wir im Jahre 2050 200 Millionen Klimaflüchtlinge haben werden. Jeder dieser Flüchtlinge hat ein Recht bei uns in Europa oder den USA zu leben, denn wir sind verantwortlich, dass sie ihre Länder verlassen müssen. Wir reagieren mit Mauern und Zäunen. Die gefährlichste Grenze der Welt ist die nach Europa. Mehr als 2.500 Menschen sind im Jahr 2014 gestorben, weil sie nach Europa wollten. Stellen Sie sich vor es werden hundert oder tausend Mal so viele Flüchtlingen in 35 Jahren sein.
Zusätzlich zu den Mauern und Zäunen reagieren wir mit „pegida“ und „podemos“. Wir Kinder und Jugendliche haben in den letzten acht Jahren zwar viele Bäume gepflanzt, aber wenn wir verfolgen, wie wenig sonst i.S. Klima passiert ist, dann müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen.
Warum reden die Erwachsenen immer so viel und handeln nicht?
Wir Kinder haben uns oft gefragt, warum so wenige Erwachsene Nachhaltigkeit umsetzen und kamen auf das Beispiel der Affen: Wenn Du einen Affen wählen lässt, ob er jetzt ein Banane oder später sechs Bananen will, dann entscheidet sich der Affe immer für die eine Banane jetzt.
Viele Erwachsene denken nicht, dass sie von der Klimakrise betroffen sind. Die Veränderungen, die die Klimakrise jetzt auch schon in Europa mit sich bringt, nehmen sie nicht als solche wahr. Für sie ist es eine wissenschaftliche Frage, um wie viele Meter der Meeresspiegel ansteigen wird. Dass es für ihre Kinder oder Enkel eine Frage des Überlebens sein wird, verdrängen sie.
Wie habt Ihr es geschafft weltweit so viele Kinder zu bewegen?
2 hoch 33 ist 8 Milliarden. Wenn zwei Menschen zwei andere begeistern und diese vier dann wieder vier andere und so weiter, dann teilt nach 33 Multiplikationen die gesamte Menschheit dasselbe Ideal. Deswegen halten wir Kinder Vorträge. Wir erreichen damit gleichaltrige, aber wir erreichen auch viele Erwachsene. Wer könnte glaubwürdiger über Nachhaltigkeit, über Enkeltauglichkeit sprechen als wir Kinder?
Mich begeistert, dass die Kinder aus allen Teilen der Welt gleich reagieren. Egal in welchem Land ich einen Vortrag halte und mit den Kindern diskutiere, ob in China, Japan, Südkorea, USA, Mexiko oder Europa, überall die gleiche Reaktion: Ja wir machen mit, wir nehmen unsere Zukunft in die eigenen Hände, wir pflanzen Bäume. Die Kinder trauen sich sofort zu, auch in ihrem Land selbst Vorträge zu halten und Pflanzaktionen zu organisieren.
Jeden Tag werden es mehr Kinder, die mitmachen. In manchen Gegenden gibt es in wenigen Monaten facebook-Gruppen mit hunderten und tausenden von Kindern.
Wie können sich andere Länder und einzelne Kinder dieser tollen Aktion möglichst einfach anschließen und somit ihren Teil dazu beitragen?
Kinder können sich kostenlos zur nächsten Akademie in der Nähe anmelden. Dort lernen sie viel über Klima und Gerechtigkeit, selbst Vorträge zu halten und Erwachsene und Kinder zu motivieren. Alle Termine stehen auf www.plant-for-the-planet.org. Wenn es noch keine Akademie in dem Land gibt, schreiben Sie bitte an info@plant-for-the-planet. Die Mitabeiter vom Team International werden sich dann mit Vorschlägen und Ideen melden.
Außerdem kann jeder, auch Erwachsene, auf unserer Webseite, virtuelle Bäume pflanzen. Zehn Bäume kosten zehn Euro und wir pflanzen zehn echte Bäume in den Ländern des Südens. Damit schaffen wir auch Arbeitsplätze, wo die Armut am größten ist und der Baum am schnellsten wächst und am meisten CO2 bindet. Kinder und Erwachsene können auch Mitglieder werden. Das alles finden Sie auf www.plant-for-the-planet.org
Was war für dich persönlich Dein größter Erfolg, den Du mit der Stiftung Plant-for-the-Planet erreicht hast?
Inzwischen haben sich 100.000 Kinder weltweit an Plant-for-the-Planet beteiligt und dazu beigetragen, dass knapp 13 Milliarden Bäume gepflanzt wurden. Diese Bäume haben natürlich nicht wir Kinder alleine gepflanzt, sondern Regierungen Unternehmen und Bürger aus fast allen Ländern der Welt. Wir Kinder haben mehr als 30.000 andere Kinder in 48 Ländern in unsere Akademien zu Botschaftern für Klimagerechtigkeit ausgebildet. Diese tragen nun die Idee weiter, dass jeder etwas gegen die Klimakrise unternehmen kann. Wir haben erreicht, dass uns mehr und mehr Erwachsene ernst nehmen, das zeigt allein die Zahl der Vortragsanfragen, die wir von Städten und Gemeinden, Unternehmen und anderen Organisationen bekommen.
Vielen Dank, Felix für diese interessanten Antworten, die ganz klar darstellen, dass wir alle im gleichen Boot sitzen, egal ob Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Prominente oder Politiker!
Wir wünschen Dir für Dich und für die Zukunft aller Kinder und Jugendlichen dieser Erde alles Gute und viele Bäume!
Wie wäre es für den nächsten (Kinder-) Geburtstag mit einem nachhaltigen Geschenk, das auch gleich zum Nachdenken anregt?
Wer weitere Initiativen kennt, welche von Kindern geschaffen wurden, würden wir uns freuen, wenn Ihr sie hier erwähnt.