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Solidarische Energiewende

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Eingestellt 30, Mai 2014 in Energiewende von Matthias Hüttmann (208 Punkte)

Unsere Energieversorgung befindet sich im Umbruch. Unter dem mittlerweile fast ein wenig abgedroschenen Begriff der Energiewende versteht man jedoch meist nur die Substitution fossiler Energieträger bei gleichbleibend zentraler Erzeugung elektrischer Energie. Dabei wird beflissentlich ignoriert, dass die einst staatlich kontrollierten Monopolstrukturen eigentlich längst passé sind. Bereits 1998 mussten sich die Energiewirtschaftsunternehmen im Zuge der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) auf dem freien Markt behaupten. Wenn sich heute immer mehr Bürger für eine breiter aufgestellte, gemeinsame Energieversorgung einsetzen, hat das viele Ursachen. Nicht zuletzt hat das EEG eine selbstbewusste Branche entstehen lassen, zu deren Geschäftsmodell auch die Grundversorgung von Verbrauchern, sprich eine direkte Belieferung von privaten und gewerblichen Endkunden, gehört.

Verantwortung

Wir leben in einer Zivilgesellschaft, die mit der Errungenschaft der Demokratie und einem gemeinsamen verantwortlichen Handeln einhergeht. Diese Gesellschaft kann bekanntlich nur funktionieren, wenn wir unser Handeln nicht nur nach unseren eigenen Interessen ausrichten und lediglich für unser Eigenwohl Verantwortung übernehmen. Existiert tatsächlich ein gemeinsames Ziel einer Energiewende, so ließe sich diese am besten solidarisch umsetzen. Schließlich steht solidarisches Handeln für eine Haltung der Verbundenheit mit den Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. Es drückt den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus. Dieser Zusammenhalt untereinander hat viele Vorteile. Solidarität gewährt Unterstützung und gegenseitige Absicherung, zum anderen können große Aufgaben gemeinsam einfacher bewältigt werden. Das vielleicht bekannteste Prinzip gemeinsamen Handelns in der Wirtschaft ist das Konstrukt der Genossenschaften. Diese Wertegemeinschaften verfolgen in der Regel Ziele, die über reine Wirtschaftsbetriebe hinausgehen. Grundpfeiler sind Werte wie Selbsthilfe, Selbstverantwortung und unter anderem auch Solidarität.

Alle sollten partizipieren

Unsere Energieversorgung ist eine gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe. Der Moment des Umbaus unserer Energiewirtschaft ist ein idealer Zeitpunkt, diesen „Mammutprozess“ auf neue Beine zu stellen. Weshalb auch sollte die Investitionshoheit nur auf wenige beschränkt bleiben? Die Modelle der Arealnetze und Energieversorgung in Bürgerhand sind sehr reizvoll. Gerade im Sinne einer gemeinsam gelebten Verantwortung eröffnen sie kreative Möglichkeiten, zu denen zentrale Energieversorgungsstrukturen nur schwer in der Lage sind. So sollte man nicht „vorweg gehen“, sondern vielmehr gemeinsam voranschreiten. Anhand des Generationenvertrags in Deutschland lässt sich das sehr gut begründen. Da für den Umbau immense Investitionskosten notwendig sein werden, ist es naheliegend, diese auf Generationen aufzuteilen. Vielleicht wäre es ja interessant über die Energiewende als generationenübergreifenden Solidar-Vertrag auf Grundlage eines Umlageverfahrens nachzudenken. Überlässt die Gesellschaft diese Aufgabe wenigen, würden vor allem diese davon profitieren. Sieht man die Gesellschaft als Solidargemeinschaft, kann eine nachhaltig umgebaute Energiewirtschaft in Händen der Bürger zudem durchaus zur Sicherung des sozialen Friedens beitragen.

Runder Tisch

Fehlender Mut und Ehrlichkeit in der Politik verklärt oft die Lage. Eine Strompreisbremse, die uns Energie „gut und billig“ machen soll, ist in ihrem Denken problematisch und unehrlich, da sie nicht die ganze Wahrheit auf den Tisch legt. Genauso wenig, wie sich hochwertige Lebensmittel zu Schnäppchenpreisen produzieren lassen, ist es machbar, eine Energiebereitstellung qualitativ aufzuwerten und gleichzeitig preisstabil zu halten. Will man nachfolgende Generationen nicht belasten, muss Energiepolitik frei von Wahlkalku?l sein. Der Aufbau einer verantwortungsvollen und vor allem gerechten Energieversorgung benötigt Zeit und wird auch nicht ohne große Umwälzungen vonstattengehen. Vielmehr ist ein Schulterschluss aller Entscheider notwendig. Es sollten keine blühenden Landschaften versprochen werden. Um nicht in alten Denkmustern zu verharren, muss sich die große Politik deutlicher von der konventionellen Energiewirtschaft emanzipieren. Ein gemeinsames Brainstorming aller Beteiligten (und das sind vor allem die Verbraucher) wäre angebracht, ein runder Tisch der Energie ist überfällig. Besitzstandwahrung als solche ist eine gute Sache, jedoch nur, wenn es um unser allen Besitzstand geht und nicht nur um den von Wenigen.

Quelle: http://www.sonnenenergie.de/index.php?id=30&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=285

   

1 Antwort

+1 Punkt
Beantwortet 30, Mai 2014 von Hubertus Grass (42 Punkte)
Danke für diese sachlichen Überlegungen in einer sonst sehr überdrehten Debatte. Es ist wahrlich an der Zeit, gemeinsam zu überlegen, wie wir die grundlegende Zustimmung zur Energiewende erhaten und das Vorhaben zum Erfolg führen können.

Bei uns im Blog hatte Ben Schlemmermeier unter der Überschrift "Energiewende politikfähig machen" das Thema von anderer Seite aufgemacht https://www.dialog-energie-zukunft.de/energiewende-politikfaehig-machen/#inhalt.

Man wird nicht zum Ziel kommen, wenn es beim Entweder-Oder bleibt. Bürgerenergie allein wird die Energiewende ebenso wenig retten wie der zwanghafte Erhalt überkommender Strukturen.
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