Das Hauptargument für Atomstrom hieß Jahrzehnte lang: Atomstrom ist billig. Das Märchen wurde gerade widerlegt. Der „Spiegel“ deckt jetzt auf, dass die deutschen Atomkonzerne die Kosten für die Stilllegung der restlichen neun AKW und für die Entsorgung des Atommülls, der bis zu einer Million Jahre strahlt, liebend gerne dem Steuerzahler aufbürden möchten. Deutschland ist mit seinen neun AKW nach Frankreich noch immer der größte Atomstrom-Produzent in der EU.
Die Atomlobby will eine öffentlich-rechtliche Stiftung zum Weiterbetrieb ihrer AKW einrichten. In diese Stiftung können die Betreiber ihre 36 Milliarden Euro an bisherigen Rückstellungen einbringen und auf Schadenersatzforderungen an die Bundesregierung für den Atomausstieg verzichten. Wachsende Sonnen- und Windstromanteile machen schon jetzt die AKW in Deutschland überflüssig und mittelfristig auch die Kohle- und die Gaskraftwerke. Den alten Stromkonzernen ging es finanziell schon mal besser. Jetzt rächst sich, dass sie die Energiewende verschlafen haben anstatt sich rechtzeitig auf die Produktion von Solaranlagen, Windrädern und Biogasanlagen zu konzentrieren.
Wenn Steuerzahler bisher in Deutschland schon fast 200 Milliarden an Atomsubventionen und über 300 Milliarden Euro an Kohlesubventionen finanziert haben, dann können sie doch auch den Ausstieg und die Entsorgung bezahlen, dachten sich wohl die Atombosse. Doch die Bundesregierung blockt. Wer auf Kosten der Umwelt gewirtschaftet hat, soll auch die Folgekosten bezahlen, sagt die Bundesumweltministerin. Die Atomkraft hat der alten Energiewirtschaft auch viele Jahre lang fette Gewinne gebracht. Es gilt das Verursacher-Prinzip. Doch die drohenden Verluste sollen jetzt wieder sozialisiert werden. Die vier Besatzungsmächte E.on, RWE, EnBW und Vattenfall schrecken vor keiner Frechheit zurück.
Ich habe mal in einer Fernsehsendung leichtsinnigerweise die Frage gestellt: Was kostet es, einen Pförtner zu bezahlen, der eine Million Jahre lang den Atommüll zu bewachen hat? Ein kluger deutscher Mathematik-Professor hat die Frage ernstgenommen und gerechnet. Er ging davon aus, dass ein Pförtner im Monat 2.500 Euro verdient und bei einer Inflationsrate von jährlich zwei Prozent eine Million Jahre beschäftigt sein wird. Ergebnis: Ein solcher Pförtner kostet mehr Geld kosten als die gesamte Menschheit heute an Vermögen hat.
Jetzt ist das Märchen vom billigen Atomstrom endgültig geplatzt. Nichts ist so teuer wie „billiger“ Atomstrom. Das werden auch noch unsere französischen und britischen Nachbarn lernen.