Firmenverzeichnis Experts Preisvergleich

Wie ist der neueste Stand des grossangekündigten Solarprojektes: Solarstrom für Europa aus der Sahara?

+2 Punkte
956 Aufrufe
Eingestellt 29, Mai 2014 in Photovoltaik von Helmut Wagner (69 Punkte)
   

6 Antworten

+1 Punkt
Beantwortet 29, Mai 2014 von Martin Werner (2,069 Punkte)
Kurz gesagt: Es steht schlecht um das Projekt Desertec, das hier wohl angesprochen wird. Einige Projekt- und Finanzierungspartner sind abgesprungen. Es wird ernstaft bezweifelt, ob das Ziel 2050 17% des europäischen Strombedarfs aus diesem Projekt zu decken erreicht werden kann und ob es überhaupt dann noch notwendig ist.

Eine detaillierte Darstellung findet man in Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Desertec

Meine persönliche Meinung: Ich bin nicht traurig, wenn dieses Projekt stirbt. Es ist m.E. nicht sinnvoll in einer politisch so instabilen Region wie Nordafrika, ein solches Mammutprojekt umzusetzen, um nach der Abhängigkeit vom Erdöl sich in die Abhängigkeit von Wüstenstrom zu begeben.

Andererseits: Desertec hat ja, zumindest auf dem Papier, aus zwei Zielen: Versorgung Europas, aber auch Versorgung der Region. Den zweiten Teil halte ich für sinnvoll. Und wenn es gelingt, dadurch die Region zu stabilisieren, würde ich das sehr begrüßen. Den ersten Teil mit der HGÜ-Leitung durch Spanien nach Mittel-Europa sollte man aber ersatzlos streichen und das Geld lieber dafür verwenden, die Erneuerbaren Energien hierzulande auszubauen und die entsprechende Infrastruktur aus Speicher- und Netzkaoazität zu schaffen.
+1 Punkt
Beantwortet 10, Nov 2014 von Paul van Son (46 Punkte)
Desertec habe ich nie als 'Projekt' verstanden, sondern eher als internationale Bewegung um erneuerbaren Energien in den Wüsten der Erde für die Menschheit zu nutzen. Die Dii wurde (unter dem Namen 'Dii') in 2009 gegründet um die Desertec Idee in MENA umzusetzen und die Konditionen für 'lokalen Verbrauch und Export von Wüstenstrom nach Europa' zu schaffen. Obwohl man immer von Ziele bis 2050 sprach wurde gerade in Deutschland das 'Exportthema' extrem stark überbeleuchtet. In den Medien wurde fast ausschliesslich über 'Export nach Europa' gesprochen und dann selbst nur kurzfristig!. Unabhängig von der Frage ob es markttechnisch kurzfristig überhaupt Sinn machen würde. Wie oft habe ich nicht die Frage bekommen 'wann kommt der Strom nach Europa bzw. Deutschland'. Meine Antworten dazu wurden nur selten in Artikel aufgenommen.

In diesem Forum teile ich gerne meine Sicht der Dinge, falls Ihr das schätzt. Wenn wir das Thema Wüstenstrom betrachten gibt es viele interessante Aspekten. Ich nenne einige:

- Die Energieversorgung in MENA ist fast ausschliesslich auf Öl, Gas und einigermasse Kohle basiert. Wüstenstrom bzw. -wärme könnte das in einigen Jahrzehnten trotz Wachstum locker ganz ersetzen. Fossilen sind dort jetzt noch stark subventioniert. Regierungen haben erkannt, dass das so nicht nachhaltig ist und reduzieren die Subventionen schrittweise. Dadurch werden Erneuerbaren überall wettbewerbsfähig. Das braucht natürlich noch einige Begleitung. Die Dii, aber auch viele andere Instanzen beschäftig(t)en sich damit.

- Warum auch immer sind Vielen In Deutschland sehr auf 'Physischer Strom aus der Wüsten für Europa oder sogar für Deutschland' fixiert. Physischer Strom wird in der Regel lokal und regional für den jeweiligen Verbrauch vorort  produziert. Nur dann wenn in entfernten Gebieten, inklusiv Transport, sehr günstig erzeugt werden kann wird es interessant internationale und interkontinentale Netzverbindungen (die es momentan schon gibt) weiter auszubauen. Es geht dabei nicht um 'Strom aus einem bestimmten entfernten Kraftwerk für Export' sondern um Verbinding zwischen Märkten, die einander insgesamt Tag und Nacht ergänzen (z.B. Marokko - Spanien).

- wenn es das Ziel ist den Energiemix wo auch immer (Deutschland, Berin, Helisnki, Tunis usw.) zu verbessern ist es gut zu wissen, dass alle Verbraucher in Europa, Maghreb usw. ihren Strom aus einem Verbundsystem abzapfen (wir sitzen also allen in der gleichen Badewanne). Es geht u.a. darum den Energiemix in unserem gemeinsamen Verbundsystem möglichst emissionsfrei zu machen. Das bedeutet, dass jeder emissionsfreier bzw. erneuerbarer KWh, gleichgültig wo es erzeugt wird, prinzipiell zu einem besseren, grüneren Energiemix beiträgt. Also dezentral z.B. in Berlin oder in grossen Windanlagen irgendwo weit weg, inkl. Übertragungskapazitäten und -kosten, alles kann zum Ziel beitragen. Viele Studien belegen u.a. dass Wüstenstrom langfristig sehr interessant wird für Europa. Inwieweit das realisiert wird hängt vorallem von den langfristigen Angebots- und Nachfragekonditionen in MENA und Europa ab. Kurzfristig ist Wüstenstrom noch nicht interessant für Europa, weil Europa im Allgemeinen grosse Überkapazitäten hat. Hingegen leidet Maghreb unter erhebliche Engpässe. Das erklärt warum z.B. Spanien strukturell nach Marokko exportiert!

- MENA wäre 'instabil'. Das Thema 'Sicherhei' bzw. 'Instabilität' wird oft sehr unspezifiert und ängstlich beschrieben. Es gab und gibt Länder In Europa und MENA mit 'instabilen' Verhältnisse. Das wird in der Zukunft auch bestimmt nicht anders sein. Kein Land, auch Deutschland nicht, kann hier ewige Garantien abgeben. Das ist auch gar nicht nötig. Das internationale Verbundsystem kann sehr gut mit lokalen und regionalen Schwierigkeiten umgehen. Insgesamt werden an strategischen Stellen ausreichende Reservekapazitäten für denkbare Kalamitäten vorgehalten. Anderseits trägt die internationale Kooperation und Verbindungen, die wir heute kennen, stark zur Gesamtsicherheit bei. Also primitive Ängste von Terroristen die 'alle Wüstenanlagen' zerstören würden (MENA ist 2.5 x West-Europa!) soll man nicht ernst nehmen.

- Der Begriff 'Desertec' ist leider durch übertriebenen Darstellungen am Anfang, Turbulenzen und Missverständnisse stark verschmutzt und m.E. dadurch nicht mehr gut für Diskussionen brauchbar. Ich rede darum lieber über 'Wüstenstrom' bzw. 'Wüstenenergie'. Oder Wind- und Sonne-energie aus den Wüsten für die lokale Märkte und langfristig für entfernten Verbraucher.

- Die Dii hat in 5 Jahren brav seine Aufgaben erledigt: Langfristperspektiven für Wüstenstrom im Bericht Desert Power 2050 bzw. Getting Started und Getting Connected. Auch hat die Dii Referenzprojekte definiert und ein internationales Industrienetzwerl aufgebaut. Ich finde das sehr gelungen. Unser Mandat war 3 Jahre und wurde noch 2 Jahre verlängert. Es gab viel Lärm um Unternehmen wie Siemens die aus Diii ( weil ganz aus Solar) ausgestiegen sind. Obwohl Gesellschafter frei kommen und gehen sollen, wurde das Kommen nicht wahrgenommen, aber das Gehen wurde als etwas fatalistisches dargestellt. Schade.

So könnte ich nioch länger weitermachen, aber jetzt erstmal genug. Feel free to shoot at it!

 

Gruss, Paul van Son
0 Punkte
Beantwortet 8, Okt 2014 von Nicole Münzinger (686 Punkte)

Hier ein aktueller Artikel zu diesem Thema:

  • Der Wüstenstromgesellschaft Desertec Industrial Initiative (Dii) droht Ende 2014 die Abwicklung.
  • Die beteiligten Firmen aus der Energie-, Technologie- oder Finanzbranche können sich nicht auf ein Zukunftskonzept einigen.
  • Das Projekt sollte unter anderem Strom aus Nordafrika nach Europa liefern.

Für Sonnenuntergänge gilt die Villa Miani als einer der schönsten Orte Roms. Auf dem Monte Mario hoch über der Stadt thront der weiße klassizistische Prachtbau umgeben von grünem Park. Weitblick, Sonne, ein historischer Ort wie geschaffen für die Jahreskonferenz der Wüstenstromgesellschaft, dachten sich wohl deren Planer. Schließlich sollte das Desertec-Vorhaben mit der Konferenz in eine neue Phase eintreten - und zur Dauereinrichtung werden. Jetzt zeichnet sich ab: Die Villa könnte zum Schauplatz eines Sonnenuntergangs der anderen Art werden.

Denn nach Informationen der Süddeutschen Zeitung droht der vor fünf Jahren mit großen Hoffnungen gestarteten Desertec Industrial Initiative (Dii) Ende 2014 die Abwicklung. Wenn am Montag Konzerne wie die Deutsche Bank, MunichRe, der schweizerische ABB-Konzern, die italienische Energiefirma Enel, Spaniens Abengoa oder der saudische Energieversorger Acwa Power Emissäre auf den Hügel in Vatikannähe schicken, geht es um alles oder nichts für den Zusammenschluss von 35 internationalen Konzernen.

Der gesamte Artikel der süddeutschen Zeitung:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wuestenstromprojekt-desertec-karawane-am-abgrund-1.2162839

Kommentiert 15, Okt 2014 von Nicole Münzinger (686 Punkte)
Hier noch der aktuellste Artikel zu diesem Thema:
Der Traum vom Wüstenstrom ist gescheitert

Vor fünf Jahren hat die Idee eines großen Wüstenstrom-Projektes für viel Euphorie gesorgt. Doch nun steigen die meisten Unternehmen aus dem Projekt aus. Klein soll es zwar noch weitergehen, aber viel bleibt von den einstigen Plänen nicht mehr übrig.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/wuestenstrom-projekt-desertec-ist-gescheitert-13207437.html
Kommentiert 24, Feb 2015 von Nicole Münzinger (686 Punkte)
Also nun ist der Traum wohl doch nicht ausgeträumt. The story goes on!
Heute kann man lesen, warum Desertec nicht gescheitert ist:
Heute, fast sechs Jahre nach Veröffentlichung des Planes für ein Projekt, das später als Desertec bekannt werden sollte, ist Ernüchterung eingetreten.Viele Beobachter meinen sogar, dass es gescheitert sei. Aber das ist nicht der Fall. Desertec war sogar ein Erfolg. Warum, möchte ich im Folgenden erläutern.
Lesen Sie hier mehr: http://green.wiwo.de/wuestenstrom-projekt-warum-desertec-nicht-gescheitert-ist/
0 Punkte
Beantwortet 9, Okt 2014 von Jürgen König (394 Punkte)
Ich kann mich den Vorgänger-Kommentatoren nur anschliessen:

Desertec gehörte von Anfang an nicht nach Nordafrika, sondern nach Südeuropa.

Südeuropa hat ähnliche Sonneneinstrahlungswerte wie Nordafrika, ist politisch (noch) stabil und gleichzeitig wären durch die Investitionen in Erneuerbare Energien die angeschlagenenen Volkswirtschaften von Portugal, Spanien, Italien und Griechenland in Schwung gekommen.
0 Punkte
Beantwortet 10, Okt 2014 von Franz Alt (1,830 Punkte)
Guten Tag Herr Wagner,

sicherlich liefert Ihnen mein Artikel die gewünschte Information:
http://experts.top50-solar.de/5395/ist-der-desertec-gr%C3%B6%C3%9Fenwahn-ausgetr%C3%A4umt

Viele Grüße
0 Punkte
Beantwortet 14, Sep 2015 von DESERTEC Foundation (12 Punkte)

Die oben genannte Frage „Wie ist der neuste Stand des groß angekündigten Solarprojektes: Solarstrom für Europa aus der Sahara?“ ist unserer Meinung nach fehlleitend. Die gemeinnützige DESERTEC Foundation stimmt Herrn Paul van Son zu, dass DESERTEC kaum als ein „Projekt“ zu verstehen sein kann, sondern eher als eine internationale Bewegung zur Verbreitung von erneuerbaren Energien in den Wüsten, welches auf einer Vielzahl von einzelnen Kraftwerks-, Öffentlichkeits-, und Bildungsprojekten besteht . Der in der Fragestellung angesprochene Aspekt Wüstenstrom zur Europäischen Energie Wende einzusetzen, ist also bloß ein Bestandteilt der viel breiteren DESERTEC Vision.

 Auch wird die DESERTEC Industrial Initiative (Dii) häufig, jedoch fälschlicher Weise, als Hauptinitiator und Träger des DESERTEC Konzeptes interpretiert. Ziel der Initiative war es jedoch, die wirtschaftliche Rentabilität der DESERTEC Vision zu analysieren. Diese Rentabilität wurde, wie bereits von Herrn Paul van Son erwähnt, erfolgreich bestätigt in dem 2013 Report „Getting Started“. Die DESERTEC Foundation sieht dies als einen wahnsinnigen Erfolg an, denn es vermittelt der globalen Öffentlichkeit, dass Wüstenstrom eine wirtschaftlich profitable und plausible Energie Ressource darstellt. „DESERTEC ist eine globale Idee, jeder soll und kann seinen Teil zur Realisierung beitragen. Die Vision entfaltet immer mehr Kraft und inspiriert Menschen in aller Welt“, erläuterte Andreas Huber, Direktor der DESERTEC Foundation, und Dii trug und trägt durch ihre Wirtschaftsanalysen wesentlich dazu bei, eine Globalen Bewegung hin zu Wüstenstrom anzuregen.

In den meisten hier erfassten Kommentaren wird vermittelt,  dass DESERTEC vor dem Aus steht. Wir möchte deswegen hier ein paar Punkte auflisten, die dieser Einstellung widersprechen und die verdeutlichen, dass sich in der DESRTEC Mission einiges getan hat-, und weiterhin tut.

Ziel der gemeinnützigen DESERTEC Foundation ist es, durch Bildungsinitiativen und Öffentlichkeitsarbeit, weltweite Blockaden abzubauen, damit das Potenzial von Wüstenenergie frei entfaltbar wird. Dieses Potenzial ist jedoch nicht nur einsetzbar um in Europa eine Energiewende herbeizuführen, sondern auch, um lokale Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung zu schaffen. Dass Europa hier also nicht der Hauptnutzer ist, sondern DESERTEC ebenso auf lokaler Ebene positive Effekte für die dort lebenden Menschen kreieren soll/kreiert, ist hier in diesem Portal ein, unserer Meinung nach, sehr unterbeleuchteter Aspekt.

Allgemein setzt die DESERTEC Foundation auf den Ansatz, die Vision durch lokale Akteure global zu verbreiten. Mittlerweile hat sich der Fokus der Foundation stark erweitert, von der Region EU-MENA auf Chile, Mexiko, Brasilien, Indien, Iran, West- und Südafrika. In diesen Ländern setzt sich die Foundation für eine starke Dezentralisierung und enge Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung Vorort ein.  Bestandteil hiervon ist es, eine internationale DESERTEC Allianz aufzubauen, mit aktuell 12 Koordinatoren in der ganzen Welt. Diese schaffen globales Bewusstsein und Interesse-, aber auch Finanzierung und wirtschaftliche Partnerschaften. Ebenso besteht ein starker Fokus auf Partnerschaft und Wissensaustausch mit Universitäten aus der Region, um lokale Akteure mit fachspezifischer Expertise zu unterstützen.

Weitere Projekte der Foundation beziehen sich spezifisch auf Bildung und Einbindung der jungen Generation.

Zusammen mit Greenpeace entwickelt die DESERTEC Foundation Schulmaterial, welches Jugendlichen gezielt das Potential von Energiekooperation und Wüstenstrom vor Auge führt. Der DESERTEC Atlas ist hiervon ein konkretes Beispiel.

Einbindung von Jugendlichen wurde durch die im Mai stattgefundene Unterzeichnung des Generationenvertrags mit Ronald Berger (neuer Kuratoriumsvorsitzender der Foundation) und Jugendlichen aus aller Welt, versprochen. In sogenannten DESERTEC Akademien unterstützen und trainieren sich junge Menschen weltweit gegenseitig, um bei Altersgenossen Begeisterung für das Potential erneuerbarer Energien zu wecken. Die erste Akademie fand bereits in Kenia statt und weitere sind geplant für Mexiko, Indien und Malawi. Um eine schnelle und globale Etablierung der DESERTEC Akademien und einer einhergehenden Jugendbewegung zu fördern, hat die DESERTEC Foundation eine Crowdfunding Initiative eröffnet:  https://www.indiegogo.com/projects/desertec-foundation#/story.

Ziel hiervon ist es den Hauptbetroffenen, sprich der kommenden Generation, eine zentrale Rolle in diesem Transformationsprozess zu geben und somit zugleich stärkere politische Akzeptanz zur politischen Umsetzung der DESERTEC Vision zu erzeugen.

Aufgrund der oben genannten weiten Bandbreite des Engagements von Dii und der DESERTEC Foundation, von Wirtschaftsanalysen, über lokale Partnerschaften, Bildungsinitiativen bis hin zur Einbindung der Jugend durch DESERTEC Akademien, sind wir der Überzeugung, dass es falsch ist das DESERTEC Konzept abzuschreiben.

Wir hoffen auch, durch diesen Kommentar verdeutlichen zu können, dass die Frage „Wie ist der neuste Stand des groß angekündigten Solarprojektes: Solarstrom für Europa aus der Sahara?“ falsch gestellt ist. Besser wäre: „Wie ist der neuste Stand der globalen Bewegung zur Verbreitung von erneuerbaren Energien in den Wüsten?“, denn hierzu passiert viel. Wenn die Frage richtig gestellt wird, erkennt man, dass die DESERTEC Vision nicht vor dem Aus-, sondern erst in den Startlöchern steht.

Stellen Sie Ihre eigene Frage:

 

...