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Klimaschutz mit erneuerbaren Energien ohne Biomasse? Offener Brief an die Agora Energiewende

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Eingestellt 21, Apr 2014 in Energiewende von Robert Wasser (48 Punkte)

Offener Brief an die Agora Energiewende

Ich verfolge mit großem Interesse die sehr detaillierten und sachlich wirkenden Publikationen der Agora Energiewende, es scheint als wird hier Energiewende gemacht. Aus Sicht des Strommarktes in Deutschland und der EU werden die Probleme der Energiewende sehr treffend untersucht und nachvollziehbare Lösungswege skizziert.

Leider wird das Thema Biomasse und Kraft-Wärme-Kopplung in Ihren Überlegungen nur rudimentär behandelt und bei Ihren 12 Thesen nicht einmal erwähnt. Lediglich Auf ihren sehr anschaulichen Grafiken zur aktuellen Stromerzeugung ist dargestellt, wie die Biomasse eine kontinuierliche Grundlast bereitstellt. Und dies obwohl Biomasse heutzutage mit 6,8% Anteil an der Bruttostromerzeugung einen fast ebenso großen Beitrag wie die Windenergie (mit 7,9%) darstellt. Betrachtet man den Anteil der Biomasse am Primärenergiebedarf in Deutschland, so dominiert hier die Biomasse mit 71% mit deutlichem Abstand zu allen anderen erneuerbaren Energien! (bmwi) Dieser besonderen Rolle der Biomasse wird bei Agora Energiewende meiner Meinung nach viel zu wenig Beachtung geschenkt.

Statt dessen setzen sie sich in Ihren Thesen für die Bereitstellung der Ausgleichsenergie Kohle- und Gaskraftwerke ein. Diese werden jedoch in der Regel nicht in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben. Aber ohne Nutzung der Abwärme können sie damit dem Anspruch auf Effizienz und Einbindung des Wärmesektors (Ihre Thesen 6 und 12) nicht gerecht werden.

Ich sehe ein dass eine wesentliche Erhöhung des Einsatzes von Biomasse aufgrund von Flächen- und Ressourcenkonkurrenzen nicht zielführend ist, aber ich kann mir nicht erklären, warum sie das erhebliche Potential der flexiblen Energiebereitstellung durch Biomasse ignorieren.

Biomasseanlagen, insbesondere Biogasanlagen haben heutzutage in der Regel Wärmekonzepte, welche die fossile Wärmeerzeugung substituieren und damit einen doppelten Beitrag zur Energiewende leisten. Durch deutliche Leistungserhöhungen in Verbindung mit einer Erweiterung der Gas- und Wärmespeicherkapazität (welche technisch mit vergleichsweise einfachen Mitteln durchzuführen ist) OHNE Erhöhung der insgesamt produzierten Strommenge, kann das bestehende Potential von Biomasse sehr viel effizienter und nachhaltiger als Ausgleichsenergie genutzt werden und den Strommarkt massiv entlasten. Netze sind billiger als Speicher, aber flexible dezentrale KWK-Anlagen sind noch besser als Netze!

Die Kraft-Wärme-Kopplung und flexible Fahrweise bei Biogasanlagen hat noch weiteres Potential:

So lässt sich in den Wärmespeichern ein elektrisches Heizsystem (Power to Heat) integrieren, welches ebenfalls effizient zur Netzstabilisierung beiträgt.

Die Wärme nutzen Bürger-Genossenschaften in Wärmenetzen und Bioenergiedörfern, Krankenhäuser und Industrien, welche damit Ihre (alten fossilen) Heizungsanlagen ersetzen.

Durch den großen Wärmespeicher lassen sich problemlos weitere Technologien wie Solarthermie, Wärmepumpen, Holzheizungen, etc. ergänzen.

Statt Kohle und Gas als Ziel-Energieträger für die Ausgleichsenergie einzusetzen, sollte diese zu möglichst großen Teilen mit dem bestehenden Potential an Biomasse umgesetzt werden.

Die darüber hinaus noch erforderliche flexible Kapazität sollte durch effiziente, ebenfalls flexible dezentrale Erdgas-KWK-Anlagen, welche nach dem gleichen Prinzip wie erläutert arbeiten, bereitgestellt werden. Erst damit werden sie Ihrem Anspruch auf Energieeffizienz und Einbindung des Wärmesektors gemäß Ihren Thesen gerecht.

Durch diese feste Platzierung der fossilen Energien im Energiemarkt wird bei mir der (hoffentlich falsche) Eindruck erweckt, dass die Agora Energiewende auf Kosten der technisch optimalen Lösung und auf Kosten der neutralen wissenschaftlichen Analyse den Interessen der großen Akteure im Energiemarkt Rechnung trägt. Ich bitte daher um eine Erläuterung, warum KWK aus Biomasse und Erdgas in Ihrem Konzept keine Berücksichtigung findet und statt dessen Kohle und Gas dauerhaft in den Energiemix eingebunden werden soll.

Ich wünsche frohe Feiertage,

 

mit freundlichen Grüßen,

Dipl.-Ing. (FH) Robert Wasser

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