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Importzölle für Photovoltaik-Produkte - eine Einschätzung

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Eingestellt 27, Mär 2013 in Photovoltaik von Anonym

Importzölle für Photovoltaik-Produkte - eine Einschätzung

   

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Beantwortet 27, Mär 2013 von Michael Fuhs (118 Punkte)

Gegen die Zölle sprechen drei Argumente Die Diskussion über die drohenden Schutzzölle für Photovoltaik-Produkte spaltet die Branche wie selten zuvor. Sie schafft noch mehr Chaos als durch die politische Debatte sowieso schon besteht. Den Durchblick zu bekommen oder zu behalten ist schwierig. Keine der Seiten spielt mit offenen Karten. Beide Seiten instrumentalisieren die Argumente. Das Schlüsselereignis hatte ich vor einer guten Woche. Da wirft in einer Diskussion mit seinen chinesischen Kollegen der Geschäftsführer eines deutschen Modulherstellers einfach mal so ein, dass wir hierzulande ja sowieso nicht mehr so viel Photovoltaik bräuchten. Man könne doch Zölle erheben und würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Weniger Zubau, nämlich in einer richtigen Größenordnung, und Sicherung der Arbeitsplätze bei deutschen Unternehmen. Der Bundesumweltminister, der nach einer so genannten Strompreisbremse sucht und den Photovoltaik-Zubau reduzieren will, dürfte sich über die ungewohnte Schützenhilfe freuen. Eventuell erledigt die EU-Kommission seine Arbeit einfach qua Zoll. Doch auch der deutsche, hochrangige Angestellte eines chinesischen Herstellers erzählt, wie viele Mitarbeiter er wohl entlassen muss, wenn die Zölle kommen, die Module teurer werden und er weniger Ware verkauft. Der deutsche Projektierer in der Runde hält Zölle naturgemäß auch für Quatsch. Da sie sein Geschäft schädigen. Der Chef des Fraunhofer ISE, Eicke Weber, setzt derweil mit unglaublichem Optimismus auf eine neue Gigawatt-Fabrik in Deutschland, „um die Technologieführerschaft zu erhalten“. Die findet sich jedoch vor allem bei den Maschinenbauern. Preisziel von EU Prosun unbekannt Was man glauben kann, ist schwer zu wissen. In Brüssel diskutieren Branchenexperten in Anhörungen über die Auswirkung von möglichen Zöllen auf Markt und Arbeitsplätze, von denen sich die Mehrzahl auf Zahlen beruft, die sich als Luftnummern erweisen. Das kann man ihnen nicht einmal vorwerfen. Denn die Zahlen stammen aus einem so genannten Open Document der Initiative EU Prosun, hinter der Solarworld und weitere nicht namentlich genannte europäische Hersteller stehen. Darin wird quartalsweise vorgerechnet, wie stark chinesische Anbieter europäische unterbieten würden. Für das 1. Quartal 2012 wird dort ein Zielpreis für Module von 1,50 Euro bis 2,40 Euro berechnet und den Importpreisen von 70 Cent bis 1,40 Euro pro Watt für Importware (CIF) gegenübergestellt. Diese Preisvorstellungen sind angesichts der Preisentwicklung absurd – und jetzt stellte sich heraus, dass sie auch nicht ernst gemeint sind. Damit Solarworld keine wahren Kosten nennen muss, wurden falsche Zahlen eingetragen. Das ist noch absurder als es die falschen Zahlen sowieso schon sind. Es wird in Europa zwar seit Jahren davon erzählt, dass chinesische Hersteller von billigen Kreditlinien profitieren und es gibt auch einige Meldungen dazu. Diese Mittel seien unerlaubte Subventionen, die ein Dumping möglich machen. Ganz unglaubwürdig ist das angesichts der großen Verluste auch der chinesischen Hersteller nicht. Doch einige chinesische Hersteller argumentieren dagegen, dass ihre Bilanzen doch offen liegen, da sie an der Börse gehandelt werden. Bei Prosun ist auf der Webseite ein Dokument zu finden in dem immense Geldsummen genannt werden, die als Kredite an chinesische Unternehmen geflossen sein sollen - allerdings ohne Bedingungen und ohne Begründung, warum sie unfair sein sollen. Mir ist nicht bekannt, dass einer der Verfechter der Zölle bisher im Detail dargelegt hat, was es mit den billigen Krediten auf sich hat. Warum nicht? Mehr Aufklärung bitte Auch Afase, die Initiative gegen die Zölle, könnte das Thema offensiv aufgreifen und uns erklären, ob es billige Kreditlinien, Steuererleichterungen und weitere Hilfen für chinesische Hersteller gibt, warum diese WTO konform sind, ob sie vielleicht eher eine willkommene erlaubte Förderung der Solarenergie als unerlaubte Subventionen zu sehen sind. Die Organisation könnte auch offensiv über die im Prosun-Dokument genannten Summen informieren. Doch es überrascht, wie Afase in der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermeiden versucht, dass chinesische Firmen Einfluss in der Organisation haben könnten. Das ist der Grund, warum sie nach eigener Aussage "nicht zu den Produktionsbedingungen und Krediten einzelner Unternehmen aus China" aufklärt. Die Gegner der Zölle bei Afase, das sind qua ihres Interesses nahezu alle Player außer den europäischen Modulherstellern, wenden ein, dass die Zölle die Systemkosten erhöhen würden. Dadurch sänke die Zahl der Installationen, wodurch Arbeitsplätze verloren gehen und die Energiewende langsamer verlaufen würde. Afase hat dazu eine Studie vom Marktforschungsinstitut Prognos anfertigen lassen. Die präsentierten Zahlen sind horrend. Danach würden 92.200 Beschäftigte allein in Deutschland und dieses Jahr ihre Jobs verlieren, wenn Zölle in Höhe von 60 Prozent eingeführt würden. So richtig nachvollziehbar ist die Studie für mich nicht, da die Berechnungen nicht detailliert dargestellt sind, und die Höhe der prognostizierten Effekte bedarf einer genauen Evaluierung (pv magazine wird weiter darüber berichten). Auswirkung auf Zubau und Arbeitsplätze Doch auch wenn man den PR-Faktor abzieht, von der Hand zu weisen ist das Arbeitsplatzargument nicht. Momentan gibt es chinesische Module für rund 45 Cent pro Watt. Bei einem Zoll von 50 Prozent stiege dieser Preis auf über 65 Cent pro Watt. Das ist eine Größenordnung, in der auch deutsche Hersteller anbieten können. Dass solch eine Erhöhung zu einem Rückgang des Zubaus und zur Verlangsamung der Energiewende führt, ist offensichtlich. Henning Wicht, Analyst bei IHS, schätzt bei diesem Szenario, dass der Zubau in diesem Jahr um ein Gigawatt zurückgehen würde. Schwer zu glauben, dass dadurch keine Arbeitsplätze und Wertschöpfung verloren gehen. Selbst wenn Anlagen mit chinesischen Modulen gebaut werden, bleiben konservativ gerechnet 60 Prozent des investierten Geldes in Deutschland und damit auch Arbeitsplätze. Von Prosun ist zu wünschen, dieses Argument aufzunehmen und ebenfalls im Detail quantitativ vorzurechnen, falls das Gegenteil stimmen sollte. Trotzdem mehren sich die Anzeichen, dass Zölle kommen. Der befragte Wirtschaftsprofessor Christian Tietje hält es für unwahrscheinlich, dass die EU- Kommission die Registrierungspflicht einführt, wenn sich die Hinweise auf ein Dumping in ihren Augen nicht erhärtet hätten. Karin Freier, Leiterin des Referats Solarenergie, Biomasse, Geothermie im Bundesumweltministerium, sagte Anfang März auf dem Photovoltaik-Symposium in Staffelstein, dass sich die Bundesregierung positiv zur Einführung der Registrierungspflicht geäußert habe. Auf die Nachfrage, ob die Bundesregierung nicht grundsätzlich skeptisch gegenüber Zöllen sei, weil Deutschland stark vom Export abhängt, antwortet sie, diese Anti-Dumpingklage sei ein Einzelfall und werde auch als solcher behandelt. Warum sollte sich das Ministerium Altmaiers auch dagegen aussprechen, wo der Chef sowieso den Zubau reduzieren will, siehe oben. Auch sein Kollege Wirtschaftsminister Rösler von der FDP dürfte bei dieser Frage alle liberale Freihandelsideologie gerne über Bord werfen. Thema kommt in der Praxis an Bereits jetzt besteht die Registrierungspflicht für die Module. Damit steigt der Druck, sich nicht nur auf der politischen Ebene mit dem Thema zu beschäftigen. Das Thema kommt in der Praxis an, da die Zölle nun rückwirkend erhoben werden könnten, so unwahrscheinlich das auch ist (zu Fragen und Antworten für die Praxis). Händler gehen dazu über, die Ware nur noch DDP, das bedeutet Delivered Duty Paid oder Zoll bezahlt, zu kaufen. Das Risiko tragen damit andere, die es sich bereits mit einigen Extra Cent pro Watt extra bezahlen lassen. Ist es nun richtig, dass es so kommt? Die Diskussion spaltet die Branche scharf nach den Interessen der Beteiligten und die europäischen Modulherste

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