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Solarthermie - Dunkle Wolken über Wüstenkraftwerken

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Eingestellt 20, Feb 2013 in Solare Wärme, Heizen von Anonym

Solarthermie - Dunkle Wolken über Wüstenkraftwerken

   

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Beantwortet 20, Feb 2013 von Matthias Hüttmann (208 Punkte)

Ist Desertec noch eine erfolgversprechende Vision? Solarthermische Kraftwerke sollen langfristig einen wichtigen Beitrag für die globale Energieversorgung liefern. Erste Wüstenkraftwerke befinden sich bereits in Spanien, den USA, Marokko oder Abu Dhabi. Laut Dr. Hans-Joachim Konz, Mitglied des Vorstandes von Schott, befinden sich weltweit 40 weitere Projekte in der Konstruktion bzw. in der konkreten Planungsphase. Erst kürzlich hat Schott 17.000 Solar-Receiver für eine Anlage nach Indien geliefert. Diese Receiver sind das Herzstück von CSP1)-Wüstenkraftwerken, bei denen aus gebündelter Sonnenenergie mittels Dampfturbinen Strom erzeugt wird. Die Solar-Receiver werden von Schott seit 2006 im bayerischen Mitterteich in Serie produziert. Am 22. November feierte man Jubiläum: In der Oberpfalz, zeitgleich auch im spanischen Tochterwerk in Aznalcóllar, wurde der einmillionste CSP-Receiver fertig gestellt. Technischer Fortschritt
Neben neu zu erschließenden Standorten wird ebenso in die technologische Weiterentwicklung der Parabolrinnenkraftwerke investiert. Laut Schott wurde der Wirkungsgrad des Receivers seit dem Beginn der Produktion 2006 kontinuierlich um 4% zu verbessert. Auch können diese dank eingebauter Edelgaskapseln länger als bislang üblich betrieben werden. Da im Laufe der Jahre Wasserstoff aus dem Thermoöl durch das Stahlrohr permeiert2) wird das Vakuum zwischen den beiden Glasrohren zerstört. Derart erhitzte Receiver mussten frühzeitig ausgetauscht werden. Dem wirkt das Edelgas entgegen. Durch öffnen der Kapsel mittels Laser entweicht der eingeschlossene Inhalt. In der Folge werden die Wasserstoff-Moleküle gebunden, das Vakuum bleibt erhalten. Eine weitere Innovation stellt das Solarkessel-Konzept von Desertec3)-Mitgründer Dr. Ulrich Hueck dar. Momentan handelt es sich zwar noch um strategische Überlegungen, als nächster Schritt soll jedoch eine Machbarkeitsstudie erstellt werden. Der neue Ansatz: Künftig sollten auch günstigere flache Spiegel eingesetzt werden. Gewöhnlich sind Solarthermische Kraftwerke wegen ihrer Parabolrinnenspiegeln bzw. Fresnel Spiegeln auf horizontale Flächen beschränkt. Durch die Möglichkeit auch unebene Gelände nutzen zu können erhofft man sich sowohl eine Kostensenkung wie auch eine Verbesserung des Wirkungsgrades.

Gegenwind für Desertec
Die Erfolgsmeldung aus Bayern wird durch die jüngst erfolgten Rückzüge der beiden Technologiekonzerne Siemens und Bosch aus dem Desertec-Projekt getrübt. Die Bosch-Tochter Rexroth, seit 2009 assoziierter Partner, begründet den Schritt mit der schwachen Konjunktur. Noch schwerwiegender, vor allem hinsichtlich der Außendarstellung, wiegt jedoch der Abgang von Siemens. Das ehrgeizige Infrastrukturprojekt, langfristig angelegt und nach wie vor auf dem Weg „von der Vision zur Realität“, gerät in Gefahr. Zwar hält Vorstandsvorsitzender Peter Löscher Desertec für langfristig richtig, aber nicht zuletzt im jetzigen Kontext der europäischen Schuldenkrise gebe es, so die Verlautbarung, „andere Schwerpunkte“. Auch hätten sich die geopolitischen Rahmenbedingungen verändert. Noch 2009 hatte man mit dem Kauf des israelischen Unternehmens
Solel Weltmarktführer im Solarwärmemarkt werden wollen. Die so entstandene Siemens Concentrated Solar Power Ltd. sollte solarthermische Kraftwerke in Eigenregie bauen. Doch die Übernahme wurde zum millionenschweren Verlustgeschäft. Die Führerschaft in Sachen Solar-Receiver hat damit wohl an Schott abgegeben. „Die Desertec-Initiative ist viel, viel breiter als Siemens, das hat in keinster Weise eine Wirkung“, sagte Löscher auf einer Veranstaltung in Berlin. Siemens habe gerade entschieden, das Solargeschäft aufzugeben. Insofern sei es logisch gewesen, auch aus dem Projekt Desertec auszusteigen. Dr. Nikolaus Benz, Geschäftsführer der Schott Solar CSP GmbH, kommentierte dies lapidar mit den Worten „Schade das Siemens raus ist, dieser Schritt ist nicht nachvollziehbar und war auch nicht notwendig“. Benz ergänzte seine Anmerkungen noch mit ein klein wenig Ironie: „Wenn aufgeräumt wird, wird auch etwas weggeworfen, was vielleicht besser nicht aufgeräumt worden wäre“. Er bezog sich dabei offensichtlich auf den eigentlichen Hintergrund des Rückzugs, dem vor kurzem gestarteten Sanierungsprogramms „Siemens 2014“. Durch dieses sollen in den kommenden zwei Jahren Einsparungen in Höhe von sechs Milliarden Euro erreicht werden.

Marktaussichten und politische Rahmenbedingungen
Laut einer Studie des DLR geht man von einem Marktpotential der CSP-Technologie in der EU um in der MENA-Region (Middle East & North Africa) von mehr als 500 GW installierter Leistung im Jahr 2050 aus. Bis dahin könnten etwa 10–25% des europäischen Strombedarfs aus den Wüsten gedeckt werden. Für den gesamten CSP-Markt wird in den kommenden Jahren ein jährliches Marktvolumen von 15 Milliarden Euro erwartet.

Aber es gibt auch Akteure außerhalb des Desertec-Konsortiums, die den Wüstenstrom-Markt für profitabel halten. Gerüchten zufolge soll die chinesische Regierung planen bis zum Jahr 2015 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 40 GW zu errichten. Vor 18 Monaten nannte man als selbst gestecktes Ziel noch 5 GW. Soviel wie allein in diesem Jahr installiert wurde. Noch vor wenigen Wochen vermeldeten Analysten eine geplante Kapazität von 3 GW konzentrierender Solarthermie (CSP). Andere kursierende Zahlen: 10 GW per annum! Wenn die Entwicklung in dem Tempo fortschreitet, könnte China im Jahr 2020 bis zu 100 GW an solaren Kapazitäten aufgebaut haben. Auch gibt es seit kurzem offensichtlich auch Interesse von Seiten der State Grid Corporation of China, dem größten Netzbetreiber der Welt, sich an dem europäisch-afrikanischen Wüstenstrom-Projekt zu beteiligen.

Da die bevorzugten Flächen für Desertec-Kraftwerke meist in Regionen liegen, die zumindest bis vor kurzem als weniger zuverlässig galten, ist die politische Arbeit auf breiter Ebene nach wie vor unabdingbar. So ersuchte man von Seiten Schotts erst kürzlich um Unterstützung in der Politik. „Die Komplexität einer solchen Initiative erfordert eine ressourcenübergreifende Unterstützung“ so Schott-Vorstandsmitglied Konz. Einen Tag vor der Jubiläumsproduktion saß man noch im Bundeswirtschaftsministerium, Besuche bei den Ministern Altmeier (BMU) wie auch Niebel (BMZ) fanden ebenso statt. Gerade die außenpolitische Komponente sei, so Konz, von großer Bedeutung, die Überzeugungsarbeit in der Politik noch lange nicht beendet. Die Problematik lässt sich sehr gut am Beispiel Marokko festmachen. Ausgerechnet in der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara sollen Solarkraftwerke errichtet werden, immer wieder wird die Hauptstadt der Westsahara Al-Aaiún als Standort genannt. An anderer Stelle, in Ouarzazate, sind die Planungen bereits weiter fortgeschritten. In der Wüstenstadt zwischen Atlas und Sahara, in dem sich auch zahlreiche Filmstudios angesiedelt sind, soll 2013 ein Kraftwerk mit einer Leistung von 160 MW ans Netz gehen. In der zweiten Baustufe soll die Leistung bis 2017 auf 500 MW ausgebaut werden. Das entspricht letztendlich der Größenordnung eines konventionellen Kohlekraftwerks, in Marokko stünde dann das größte thermische Solarkraftwerk der Welt.

Photovoltaik statt Solarthermie?
Vor gut einem Jahr im August vermeldete die Solar Millennium AG aus Erlangen, damals noch einer der großen Player auf dem Markt der Projektentwicklung und -finanzierung bzw. Errichter und Betreiber von Solarkraftwerken, überraschend eine sogenannte strategische Neuausrichtung. Hinter dem offiziellen Sprachgebrauch der „Anpassung der Unternehmensstrategie“ trat eine deutliche Kehrtwende zu Tage. So wurde bei der Planung des damals größten Solarenergiestandorts der Welt im kalifornischen Blythe ein radikaler Technologiewechsel vollzogen. Anstatt der ursprünglich vorgesehenen CSP-Variante wechselte man in der Planung zur Photovoltaik. Der eigentliche Vorteil von den beispielsweise

Kommentiert 11, Nov 2014 von Paul van Son (46 Punkte)
'Desertec' wurde in Deutschland lange mit 'Export aus CSP-Anlage in MENA' identifiziert. In den letzten Jahre wurde, u.a. auf der Basis von Studien und neuen Einsichten das 'Desertec'-Vorhaben in MENA breiter aufgestellt. Es geht nunmehr um gleichgültig welche Erneuerbare Energietechnologie, um Integration in die lokale Netze in MENA und Integration der MENA Märkte mit Europa. Letzteres ist deutlich etwas langfristiges. Auch ist wichtig festzustellen, dass 'Desertec' kein 'Projekt' ist, sondern eine allgemeine Entwicklung in den MENA Ländern (und in ähnlichen Wuestengegenden weltweit), getragen von den lokalen Regierungen und (internationalen) Instanzen. Dii (Desertec Industrial Initiative) war eine reine "Wegbereiter" in diesem Prozess. Die Pionierarbeiten sind in 2014 abgeschlossen, aber die Entwicklung von Erneuerbaren geht autonom weiter (z.B. Marokko, Algerien, Ägypten, Saudi Arabien, VAE usw.). Dii macht kleiner als Beratungsfirma weiter. Gesellschafter: RWE, ACWA Power (Saudi), SGCC (China)
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