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Frequenzschwankungen im Netz - Erklärung des 50,02 Hz-Problems

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Eingestellt 6, Jun 2011 in Photovoltaik von Anonym

Blackout durch Frequenzschwankungen?

In Fachberichten wird vor blackouts gewarnt, wenn die Frequenz im Stromnetz über 50,2 Hertz steigt. PV-Anlagen schalten dann automatisch ab und könnten bei starker Sonneneinstrahlung im Gigawatt-Bereich Stromausfälle verursachen. Um diesen Stromausfall vorzubeugen sollten PV-Anlagen teuer nachgerüstet werden. Frage: Wieso sind PV-Anlagen für externe Frequenzschwankungen verantwortlich und müssen entspr. nachgerüstet werden? Für interne Schwankungen übernimmt der Wechselrichter die Frequenzstabilisierung und notfalls die individuelle PV-Abschaltung.

   

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Beantwortet 17, Jan 2012 von Felix Kever (220 Punkte)

Alle Abweichungen von der Sollfrequenz (50 Hz) im europäischen Verbundnetz sind auf ein momentanes Ungleichgewicht der europaweiten Erzeugungs- und Verbrauchsleistung zurückzuführen, wobei der Einfluss einzelner Photovoltaik-Anlagen naturgemäß zu vernachlässigen ist. Durch die bis vor kurzem noch vorgeschriebene Netztrennung von PV-Anlagen beim Überschreiten von 50,2 Hz Netzfrequenz kann es jedoch zu einer gleichzeitigen Abschaltung sehr vieler einspeisender PV-Anlagen kommen – so vieler, dass die Netzfrequenz deutlich unter den Sollwert absinken würde.  Das eigentliche Problem besteht also darin, dass sehr viele Anlagen mit aus heutiger Sicht extrem ungünstigen Abschaltkriterien in Betrieb sind, weil diese Abschaltkriterien beim Bau der Anlagen genau so vorgeschrieben waren.  Interne Frequenzschwankungen gibt es bei netzgekoppelten PV-Anlagen nicht, der Wechselrichter erzeugt den Wechselstrom immer genau „passend“ zur Netzfrequenz (anders würde es kaum funktionieren). Hier noch mal eine ausführlichere Erläuterung: Netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen haben bei guter Sonneneinstrahlung inzwischen einen erheblichen Anteil an der Erzeugungsleistung – allein in Deutschland sind bereits mehr als 20 Gigawatt Leistung am Netz (zum Vergleich: 1 großes, konventionelles Kraftwerk leistet etwa 1 bis 1,5 Gigawatt). Die gesammelte Leistung der PV-Anlagen spielt bei der kontinuierlich stattfindenden Ausbalancierung von Verbrauch und Erzeugung daher eine wichtige Rolle. Und das Verhältnis von europaweiter Erzeugung und europaweitem Verbrauch spiegelt sich in der europaweit einheitlichen Netzfrequenz. Langsame Anstiege der Netzfrequenz aufgrund überschüssiger Erzeugungsleistung werden von der Netzregelung durch entsprechende Drosselung konventioneller Kraftwerke und ggf. auch die ferngesteuerte Leistungsbegrenzung von erneuerbaren Erzeugern ausgeglichen, bei einem Absinken der Frequenz erhöhen einige gedrosselt betriebenen Kraftwerke ihre Leistung entsprechend. Für die Vorausplanung der konventionellen Kraftwerksressourcen ist aber auch eine präzise 24h-Prognose der PV-Leistung notwendig. Im Ergebnis bewegt sich die Netzfrequenz fast immer in einem engen Bereich um 50,0 Hz. Das Problem: Steigt die Frequenz schnell an (z. B. aufgrund einer kurzzeitigen Netzstörung in Südspanien...) und überschreitet für einen Moment den Grenzwert von 50,2 Hz, trennen sich je nach Wetter und Tageszeit mehrere Gigawatt PV-Leistung in Deutschland aufgrund der bei ihrer Inbetriebnahme gültigen Anschlussregeln schlagartig vom Netz. Der abrupte Wegfall dieser Erzeugungsleistung kann die Netzfrequenz aber so stark absinken lassen, dass sich noch weitere Erzeugungsanlagen und konventionelle Kraftwerke vom Netz trennen müssen – bis hin zu einem großflächigen Blackout.  Das 50,2 Hz-Problem dreht sich letztendlich also um die unzureichende bzw. falsche Beteiligung der zunehmenden Zahl dezentraler Erzeugungsanlagen an der Netzregelung.  Konkret: Um die für die meisten PV-Wechselrichter bis vor kurzem noch verbindlich vorgeschriebenen, ungeeigneten Abschaltkriterien bei Überfrequenz. Fast alle Neuanlagen, die ins Niederspannungsnetz einspeisen, werden daher bereits seit Frühsommer 2011 mit einer sanften Leistungsabregelung sowie geänderten Grenzwerten installiert (verpflichtend gelten die neuen Anschlussregeln seit 1.1.2012). Für PV-Großanlagen waren die entsprechenden Anschlussregeln bereits 2009 geändert worden. An der Nachrüstung bestehender PV-Anlagen bzw. –Wechselrichter führt angesichts ihrer großen Gesamtleistung aber kein Weg vorbei.

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