28.06.2017, 08:33 Uhr

Französische Atomaufsicht beschränkt Zulassung des AKW-Neubaus Flamanville

Paris/Münster – Im französischen AKW Neubau Flamanville III wurde möglicherweise mangelhafter Stahl im Druckbehälter verbaut. Die französische Atomaufsicht lehnt eine langfristige Freigabe dieser sicherheitskritischen Komponente ab.

Die französische Atomaufsicht ASN gibt dem Milliarden-Projekt Flamanville III nur jeweils wenige Jahre Laufzeit, bevor die Reaktorabdeckung mit dem mangelhaften Stahl getauscht werden muss. Der Meiler soll eigentlich 60 Jahre betrieben werden.

Flamanville III kann nach Fertigstellung nur wenige Jahre betrieben werden

Seit 2015 untersucht ASN wegen Stahlproblemen und teils gefälschter Sicherheitszertifikate die Druckbehälter mehrere französischer Atomkraftwerke (AKW). Auch der Neubau Flamanville III an der Atlantikküste ist davon betroffen. Die Atomaufsicht hat nun festgestellt, dass die Abdeckung des Reaktorbehälters eventuell nur für wenige Jahre betrieben werden kann, wenn der Betreiber EDF nicht weitere Tests durchführen kann. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf einen aktuellen ASN-Bericht, der im Rahmen der laufenden Untersuchung erstellt wurde. So sei Areva als Hersteller des inzwischen verbauten Druckbehälters nicht in der Lage gewesen, ausreichende Tests an der Reaktorabdeckung durchzuführen, als diese noch zugänglich war. Diese seien aber unabkömmlich, um die Sicherheit des Reaktors über 60 Jahre zu gewährleisten.

Neuer Reaktorbehälter müsste bereits 2017 bestellt werden

Der Betrieb der nun verbauten Reaktorabdeckung könne daher ohne entsprechende Kontrollen nur für „ein paar Jahre“ in Betracht gezogen werden, zitiert Reuters aus dem Bericht. EDF habe sich laut dem Report zudem verpflichtet, die Abdeckung innerhalb der ersten zehn Betriebsjahre des AKW auszutauschen, falls die für 2025 angesetzten Prüfungen ein negatives Resultat aufweisen. Die Reaktorabdeckung könne innerhalb von 80 Monaten, also bis 2024, ausgetauscht werden, wenn sie noch im Jahr 2018 bestellt würde, heißt es weiter. Flamanville III soll 2018 in Betrieb gehen.

Flamanville III sprengt jeden Zeit- und Kostenplan

Das Problem mit dem Druckbehälter ist nur eines der jüngsten in einer langen Serien von Pannen und Verspätungen, rund um das ursprüngliche Prestige-Projekt der französischen Nuklearindustrie. Der Atom-Neubau mit einer Nettoleistung von 1.630 Megawatt (MW) sprengt bislang jeden Zeit- und Kostenplan. Der neue Reaktor, den Areva seit 2007 für EDF baut, sollte ursprünglich 3,3 Mrd. Euro kosten und 2012 fertiggestellt sein. Nach mehreren Verzögerungen werden nun Kosten von 10,5 Milliarden Euro und die Fertigstellung im Jahr 2018 erwartet.

ASN-Prüfung könnte Areva-EDF-Übernahme platzen lassen

Der staatliche Atom-Baukonzern Areva geriet im Zuge der Konstruktion von Flamanville III und wegen Problemen mit weiteren Neubauprojekten dieser Art in Schieflage und wurde daraufhin zu großen Teilen dem ebenfalls staatlichen AKW-Betreiber EDF zugeschlagen. Der Vorgang wurde von französischen Staatskrediten mit 4,5 Milliarden Euro flankiert. Die EU-Kommission hat die erfolgreiche Sicherheitsprüfung des neuen AKW zur Bedingung für die Auszahlung der Staatshilfe erklärt. Bis September 2017 will die ASN ein Statement zu den derzeit laufenden Untersuchungen zur Stahlqualität in Flamanville III vorlegen, dass die Basis für die spätere finale Entscheidung sein wird.

Quelle: IWR Online

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