Modul- und Zellkapazitäten in der EU 2016 – runter oder rauf?

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Die Produktionskapazitäten für Solarmodule in der EU sind nach einer Umfrage von Solarpower Europe im vergangenen Jahr von 6,9 auf 6,7 Gigawatt gesunken. Auch die produzierte Menge sei gegenüber 2015 um 16 Prozent auf 2,7 Gigawatt zurückgegangen. Die Auslastung der Modulfabriken in der EU sei damit von 46 auf 40 Prozent gesunken, heißt es bei dem europäischen Photovoltaik-Verband.**

Solarworld – der größte europäische Hersteller – wurde dafür allerdings nicht kontaktiert. Solarpower Europe habe nicht nach entsprechenden Informationen angefragt. Gleiches gelte für andere Hersteller und EU Prosun-Unterstützer, erklärt Milan Nitzschke – Präsident von EU Prosun und Sprecher von Solarworld – auf Anfrage von pv magazine. „Die Zell- und Modulproduktion in der EU haben sich weiter erhöht – wie es schon 2015 verglichen mit 2014 der Fall war“, sagt er.

Im Fall von Solarworld spezifiziert Solarpower Europe, dass Milan Nitzschke nicht direkt kontaktiert worden sei. Als börsennotiertes Unternehmen gebe es aber entsprechende Veröffentlichungen und es gebe „Kontakte zu Mitarbeitern bei großen Unternehmen“, so dass Einschätzungen spezifiziert werden können. Daher sei der deutsche Hersteller mit einem Gigawatt Produktionskapazität in der Umfrage enthalten. Solarpower Europe habe die Daten von 137 Unternehmen "gecheckt", erklärte Michael Schmela, Executive Advisor des Verbands, pv magazine. Das bedeute, dass man versucht habe die Unternehmen oder Mitarbeiter zu kontaktieren. Sie haben außerdem nach eigenen Aussagen bei nationalen Mitgliedsverbänden recherchiert, auf andere Netzwerke, auf Daten im Internet und auf andere Studien zurückgegriffen. Die Ergebnisse dieser Recherche wurden laut Solarpower Europe analysiert und die Zahlen in der Übersicht entsprächen dadurch nicht notwendigerweise den offizielle publizierten Daten der Firmen. Dabei sei auch herausgekommen, dass Firmen nicht mehr existieren  oder keine aktiven Produktionskapazitäten mehr haben.

Allerdings ist auch bekannt, dass im vergangenen Jahr allein in Deutschland etliche Modulproduktionen wieder hochgefahren und erweitert worden sind. So begann etwaCS Wismar wieder mit der Herstellung von Solarmodulen in der ehemaligen Centrosolar-Fabrik. Zudem sind Produktionslinien derinsolventen Solar-Fabrik von einem neuen Eigentümer übernommen und hochgefahren worden. Der deutsche ProduzentHeckert Solar hat seine Produktion in Sachsen erweitert und auchAstronergy ist dabei die Herstellung von Solarmodulen in Frankfurt/Oder weiter hochzufahren.

Michael Schmela erklärte weiter zu der Befragung durch seinen Verband: „Unsere Umfrage zeigt, dass leider viele EU-Modulproduktionen einfach nur ‚Geisterkapazitäten‘ sind. Es gibt mehrere Gründe für die Konsolidierung des Solarmodulproduktionssektors in der EU, unter anderem die eher geringe Photovoltaik-Nachfrage in Europa und die Größe der der lokalen Modulfabriken, die oft zu klein sind, um bei Standardanwendungen zu konkurrieren.“ Der Hauptgrund sei jedoch der bestehende Mindestimportpreis für Solarzellen, der den EU-Herstellern das Leben schwer mache, weil er die asiatischen Produkte auf einem künstlich hohen Preisniveau halte, so Schmela weiter. Er fordert daher die Abschaffung des Mindestimportpreises.

Eine Position die Solarpower Europe seit dem Frühjahr 2015 vertritt und naturgemäß bei EU Prosun, als Initiator der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen gegen die chinesischen Photovoltaik-Hersteller in Europa, auf wenig Gegenliebe trifft. „Anstatt mit dubiosen Zahlen für Verwirrung zu sorgen, wäre Solarpower Europe besser beraten, einen fairen und freien Handel sowie ein nachhaltiges Wachstum der Solarindustrie und dem Markt in Europa zu unterstützen“, sagt Nitzschke. Mit der wiederholten Forderung nach Abschaffung der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen mache der Verband jedoch genau das Gegenteil. „Die Vereinigung fordert in der Tat die Uhren zu den Zeiten zurückzudrehen, als unbegrenztes chinesisches Dumping mehr als die Hälfte der EU-Solarindustrie zerstörte“, sagt der EU Prosun-Präsident weiter.

In Bezug auf die Entwicklung der Zellkapazitäten gibt Solarpower Europe an, dass diese 2016 weiterhin weit unter jenen für die Modulproduktion in der EU lagen. Mit 1,8 Gigawatt seien sie relativ konstant geblieben, wobei es sich oftmals um kleinere Kapazitäten von integrierten Herstellern handele. Mit Aleo Solar und Recom haben allerdings gleich zwei Hersteller im vergangenen Jahr in der EU wieder eine Zellfertigung in Betrieb genommen.

James Watson, CEO von Solarpower Europe, wirft der EU-Kommission vor, sie habe bei ihrer Auslaufprüfung der Mindestimportpreise eine Chance verpasst, die europäischen Modulhersteller zu unterstützen. Brüssel hatte sich kurz vor Weihnachten in seiner vorläufigen Entscheidung für eine Verlängerung der bestehenden Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen um zwei weitere Jahre ausgesprochen. Diese Entscheidung habe negative Auswirkungen auf den gesamten Solarsektor, erklärt Watson und fordert daher ein Nein der Mitgliedsstaaten zur geplanten Verlängerung der Importzölle und Mindestimportpreise.

„Die Forderung, die Zellen aus den Maßnahmen rauszunehmen, und damit vorzugeben, sich um die EU-Modulhersteller zu sorgen, ist einfach nur ein weiteres Täuschungsmanöver“, sagt EU Prosun-Präsident Milan Nitzschke zu den neuerlichen Forderungen von Solarpower Europe. Er vermutet, dass nur ein weiteres Schlupfloch geschaffen werden solle, damit die chinesischen Photovoltaik-Hersteller bestehende Anti-Dumping-Maßnahmen umgehen könnten. So sollen Solarzellen aus China zu Dumpingpreisen in die EU eingeführt werden, um sie dann in Modulen von OEM-Fertigern und Produktionen, die zu chinesischen Unternehmen gehörten, verbaut werden. EU Prosun hatte 2015 die Auslaufprüfung der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen bei der EU-Kommission beantragt – mit dem Ziel eine Verlängerung der Maßnahmen zu erreichen.

Mit einer endgültigen Entscheidung über ein Auslaufen oder die Verlängerung ist in den kommenden Wochen aus Brüssel zu rechnen. (Sandra Enkhardt)

** Dieser Absatz und die beiden folgenden Absätze wurden auf Basis eines Telefonats mit Solar Power Europe geändert, das am Tag nach der Veröffentlichung der Pressemeldung und des Artikels stattfand. Das Telefonat hat verdeutlicht, wie die Umfrage durchgeführt wurde.

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