Biokraftstoffe der 1. Generation haben keine Zukunft. Foto: Urbansky

Übersicht zu Biokraft­stoffen der 2. Generation

von | 13. Januar 2017

Die EU drängt auf Been­digung der Förderung für Biokraft­stoffe der 1.Generation. Das sind Biodiesel, in Deutschland in aller Regel aus Raps herge­stellt, oder Bioethanol, der aus Zucker­rüben oder Getreide gewonnen wird. 

Abgelöst werden sollen sie von Biokraft­stoffen der 2. Gene­ration. Hier eine Übersicht, die den Defi­ni­tionen folgt, die die Bundes­re­gierung in einer aktuellen Unter­richtung des Bundes­tages zur Lage der Biokraft­stoffe verwendet.

Hydriertes Pflan­zenöl

Unter hydriertem Pflan­zenöl (HVO) versteht man Pflan­zenöl, das in einer Hydrie­rungs­anlage durch eine chemische Reaktion mit Wasser­stoff in Kohlen­was­ser­stoff­ketten umge­wandelt wird. Eine Produktion dieses Biokraft­stoffs findet in der Bundes­re­publik Deutschland nicht statt. Gleichwohl wird im Ausland herge­stelltes hydriertes Pflan­zenöl in zuneh­menden Umfang als Beimi­schungs­kom­po­nenten auch in der Bundes­re­publik Deutschland in den Verkehr gebracht. Anders als bei Biodiesel kann die für Diesel­kraft­stoff nach der 10. BImSchV vorge­schriebene Kraft­stoffnorm (DIN EN 590, Ausgabe April 2014) auch mit einem höheren Beimi­schungs­anteil an hydriertem Pflan­zenöl (mehr als 7 Volu­men­prozent) erfüllt werden, sofern die Anfor­de­rungen der Norm weiterhin einge­halten werden. In Rein­kraft­stoffform ist hydriertes Pflan­zenöl nach der Verordnung über die Beschaf­fenheit und die Auszeichnung der Quali­täten von Kraft- und Brenn­stoffen dagegen nicht verkehrsfähig.

Biogas und Biomethan

Biogas entsteht als methan­reiches Gas aus der Vergärung von Biomasse. Es kann nach einer Aufbe­reitung zu Biomethan in Verkehr gebracht werden, sofern es den Anfor­de­rungen der Kraft­stoffnorm DIN 51624, Ausgabe Februar 2008, entspricht, und in Fahr­zeugen mit erdgas­taug­lichen Motoren einge­setzt werden. In der Bundes­re­publik Deutschland sind zum 1. Januar 2016 97.879 Erdgas­fahr­zeuge ange­meldet. An über 900 Tank­stellen kann deutsch­landweit Erdgas und somit auch Biomethan getankt werden. Es kann davon ausge­gangen werden, dass der Markt für Biomethan als Kraft­stoff weiter wachsen wird. Insbe­sondere flüssiges Erdgas (LNG) soll im Bereich der Nutz­fahr­zeuge in Zukunft einen erheb­lichen Beitrag zur Treib­haus­gas­min­derung leisten. Künftig könnten auch Power-​to-​Gas (PtG) Anlagen bei der Versorgung mit Erdgas eine Rolle spielen, in denen unter Verwendung von Über­schuss­strom aus erneu­er­baren Ener­gie­quellen Methan produ­ziert wird.

Pflan­zen­öl­kraft­stoff

Pflan­zen­öl­kraft­stoff kann aus Raps oder anderen Ölpflanzen oder Ölsaaten gewonnen werden, wobei keine chemische Umwandlung wie beim Biodiesel erfolgt. Als Kraft­stoff kommt vor allem Rapsöl sowie andere Öle oder Fette in Frage, die den Anfor­de­rungen der für Pflan­zen­öl­kraft­stoffe nach der 10. BImSchV vorge­schrie­benen Kraft­stoff­normen (DIN 51605, Ausgabe September 2010 – Rapsöl – oder der DIN SPEC 51623, Ausgabe Juni 2012 – alle Saaten –) entsprechen. Nur diese Kraft­stoffe können steu­erlich begünstigt und auf die Treib­haus­gas­quote ange­rechnet werden.

In der Bundes­re­publik Deutschland kann Pflan­zen­öl­kraft­stoff nur als Rein­kraft­stoff einge­setzt werden. Beimi­schungen zu fossilem Diesel­kraft­stoff sind im Rahmen der für Diesel­kraft­stoff nach der 10. BImSchV vorge­schrie­benen Kraft­stoffnorm (DIN EN 590, Ausgabe April 2014) nicht zuge­lassen. Pflan­zen­öl­kraft­stoff ist auf dem Markt nur noch in sehr geringen Mengen vorhanden. Die Produktion der in der Bundes­re­publik Deutschland ansäs­sigen Pflan­zen­öl­mühlen ist mitt­ler­weile in erster Linie auf andere Bereiche als den Pflan­zen­öl­kraft­stoff­markt ausge­richtet, insbe­sondere den Speise- und Futter­öl­be­reich. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Pflan­zenöl für die Biodie­sel­pro­duktion herzu­stellen. Nach Bran­chen­in­for­ma­tionen waren im Jahr 2015 weniger als 300 dezen­trale Ölmühlen existent, die derzeit in Betrieb (nur wenige mit dem Schwer­punkt Kraft­stoff­pro­duktion) sind.

Biome­thanol

Methanol kann wie BtL-​Kraftstoff über Synthe­segas aus einer breiten Biomas­se­pa­lette herge­stellt werden. Daneben kann Methanol auch durch Umwandlung von Rohgly­zerin herge­stellt werden. Die Nutzung von reinem Methanol bedarf aber ange­passter Verbren­nungs­mo­toren. Dabei weist Methanol gegenüber Ethanol eine Reihe von Nach­teilen auf, z. B. geringer Brennwert sowie einge­schränkte Material- und Schmier­stoff­ver­träg­lichkeit. Der Ersatz des fossilen Metha­nol­an­teils in Biodiesel durch Biome­thanol ist unter den derzei­tigen Rahmen­be­din­gungen weder technisch noch wirt­schaftlich umsetzbar. Möglich ist die Weiter­ver­ar­beitung von Biome­thanol zu Bio-​MTBE, das dem Otto­kraft­stoff beigemischt werden kann.

Biobu­tanol

Der Einsatz von Butanol als Kraft­stoff oder in Kraft­stoff­mi­schungen wird schon seit geraumer Zeit disku­tiert. Dabei gibt es prin­zi­piell zwei Wege. Einer­seits die Verwendung in Form von Pflan­zen­öl­bu­tyl­ester und ande­rer­seits die Nutzung von Butanol in Kraft­stoff­mi­schungen. Aktuell in der Entwicklung ist zudem die Herstellung von flüssigen Kohlen­was­ser­stoffen aus Biobu­tanol. Der Entwick­lungs­stand neuer Biobu­ta­nol­pro­duk­ti­ons­ver­fahren ist mitt­ler­weile fort­ge­schritten. Demonstrations-​anlagen wurden im Ausland in Betrieb genommen.
Die Energie- und Ökobi­lanzen sind aufgrund des ähnlichen Verfahrens kaum von denen der Bioetha­nol­her­stellung zu unter­scheiden. Butanol ist als Kraftstoff-​Blendkomponente zudem besser geeignet als Ethanol und kann in höherer Konzen­tration beigemischt werden.

Zellulose-​Ethanol

Die herkömm­lichen Verfahren der Bioetha­nol­er­zeugung ließen aufgrund der chemi­schen Zusam­men­setzung keine Verwertung von ligno­zel­lu­lo­se­hal­tiger Biomasse zu. Die Haupt­be­stand­teile dieser Biomasse sind Zellulose, Hemi­zel­lulose und Lignin. Hier sind in den letzten Jahren enorme Fort­schritte fest­zu­stellen. Grund­sätzlich steht die Tech­no­logie für Zellulose-​Ethanol bereit, es wurden bereits erste Anlagen in Betrieb genommen. Gegenüber Bioethanol aus Stärke weist Zellulose-​Ethanol Vorteile bei der Kohlendioxid-​Bilanz auf. Darüber hinaus können Rest­stoffe genutzt werden, wodurch eine direkte sowie indirekte Konkurrenz bei Flächen für die Nahrungs- und Futter­mit­tel­pro­duktion vermieden wird.

Wasser­stoff

Die Wasser­stoff­nutzung in Brenn­stoff­zellen wird lang­fristig als viel verspre­chende Option einge­schätzt. Der Weg dorthin ist aller­dings aufwendig, da sowohl neue Antriebs­tech­no­logien als auch hohe Inves­ti­tionen in Anlagen zur Wasser­stoff­her­stellung und ein neues Vertei­lungs­system erfor­derlich sind. Die Gewinnung aus Biomasse ist dabei eine Möglichkeit der Wasser­stoff­her­stellung. Die Inte­gration dieser Technik bleibt jedoch noch abzu­warten. Ähnlich wie Methan kann auch Wasser­stoff in PtG-​Anlagen gewonnen werden.

Flüssige Kohlen­was­ser­stoffe

Mittel- und lang­kettige Kohlen­was­ser­stoffe aus Biomasse sind aussichts­reiche Optionen für die Substi­tution von fossilen Otto- und Diesel­kraft­stoffen. Da diese direkt in Motoren einge­setzt werden können und kompa­tibel mit der bestehenden Kraft­stoff­in­fra­struktur sind, ist deren Produktion auf Basis nach­wach­sender Rohstoffe ein attrak­tives Ziel für die Mineralöl- und Automobilindustrie.

BtL-​Kraftstoff

Als Biomass-​to-​Liquid (BtL)-Kraftstoffe werden flüssige Kohlen­was­ser­stoffe für den Trans­port­be­reich bezeichnet, die über die ther­mo­che­mische Vergasung von Biomasse zu Synthe­segas und anschlie­ßende Kohlen­was­ser­stoff­syn­these erzeugt werden. Dieser Herstel­lungsweg zeichnet sich durch hohe Flexi­bi­lität aus: Neben – eher kurz­kettige Kohlen­was­ser­stoffe enthal­tenden – Otto­kraft­stoff­kom­po­nenten können bei entsprechender
Verfah­rens­führung auch Kerosin oder Mittel­de­stillate wie Diesel­kraft­stoff erzeugt werden. Der Einsatz von BtL-​Kraftstoffen ist in heutigen Otto- oder Diesel­mo­toren möglich, eine Verteilung über die vorhandene Versor­gungs­in­fra­struktur kann ohne Probleme erfolgen. BtL-​basierte Otto- oder Diesel­kraft­stoffe zeichnen sich durch ein güns­ti­geres Emis­si­ons­ver­halten als fossil­ba­sierte Kraft­stoffe aus, da BtL-​basierte Kraft­stoffe schwe­felfrei sind und arm an aroma­ti­schen Verbin­dungen. Eine Anpassung der BtL-​Erzeugungsverfahren an sich ändernde Kraft­stoff­stan­dards, die mögli­cher­weise bei der Einführung neuer Verbren­nungs­ver­fahren in zukünf­tigen Moto­ren­ge­ne­ra­tionen notwendig werden kann, ist technisch machbar.

In Deutschland konnte bislang keine BtL-​Produktion etabliert werden. Zwar wurde in Freiberg/​Sachsen mit der Errichtung einer Demons­tra­ti­ons­anlage für eine Jahres­pro­duktion von 15.000 t/​a begonnen; nach der Insolvenz des reali­sie­renden Unter­nehmens Choren im Jahre 2011 und dessen zwischen­zeit­licher Zerschlagung ist mit einer Inbe­trieb­nahme in naher Zukunft jedoch nicht zu rechnen.

In Skan­di­navien ist die Entwicklung weiter fort­ge­schritten, dort wurden erste Anlagen auf Basis von Schwarz­lauge, einem Neben­produkt der Zellstoff- und Papier­pro­duktion, in Betrieb genommen, um insbe­sondere Kraft­stoff zum Antrieb von LKWs zu produ­zieren. BtL-​Kraftstoffe könnten mittel- und lang­fristig eine große Markt­be­deutung erlangen. Das sich abzeich­nende Potenzial von BtL-​Kraftstoffen ist deutlich höher als das von Biodiesel und Ethanol auf Basis von Getreide oder Zucker. Die BtL-​Produktion kann auf Basis jeder festen Biomasse erfolgen, ein Umstand, der insbe­sondere der Nutzung von Rest- und Koppel­pro­dukten oder von Ener­gie­pflanzen entge­gen­kommt. Bei der Ganz­pflan­zen­nutzung sind deutlich höhere Erträge pro Hektar möglich als beispiels­weise bei der Rapsproduktion.

Biotech­no­lo­gisch erzeugte Kohlenwasserstoffe

Zur Herstellung von flüssigen Kohlen­was­ser­stoffen unter Einsatz von biotech­no­lo­gi­schen Verfahren werden in der Forschung und Entwicklung derzeit zwei Lösungs­an­sätze verfolgt. Bei der indi­rekten Erzeugung findet eine Kombi­nation von biotech­no­lo­gi­scher Herstellung einfacher Verbin­dungen (z. B. von Alkoholen) als Inter­me­diate mit einer anschlie­ßenden chemisch-​katalytischen Konversion zum Endprodukt statt. Vorteil hierbei sind die meist schon relativ hohen Ausbeuten und Produk­ti­vi­täten der Zwischen­pro­dukte sowie die bereits etablierte Folgechemie.
Einen alter­na­tiven Lösungs­ansatz dazu stellt die direkte Herstellung geeig­neter Kohlen­was­ser­stoffe durch Mikro­or­ga­nismen dar. Dieses Verfahren hat gegenüber der indi­rekten Produktion den Vorteil, dass die Notwen­digkeit für die kosten- und ener­gie­in­ten­siven chemi­schen Konver­si­ons­ver­fahren entfallen würde. Demons­tra­ti­ons­lagen, in denen modi­fi­zierte Mikro­or­ga­nismen Isobuten, einen Grund­stoff zur Herstellung vieler Kraft­stoffe und anderer Indus­trie­pro­dukte, herstellen, wurden kürzlich in Betrieb genommen.

Am kommenden Montag gibt es eine Bewertung zur erwähnten Unter­richtung der Bundes­re­gierung zur Lage der Biokraft­stoffe und insbe­sondere zu deren steu­er­lichen Bewertung, die hier schon teils ange­deutet ist.


Über die aktuellen Möglich­keiten von Power to Gas schreiben die Energieblogger-​Kollegen Max Fuhrmann und Christian Sperling von next­kraft­werke hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. JÜRGEN HOLZ

    EIN INTERRESSANTES THEMA; AUS ABFALL KRAFTSTOFF MACHEN!LÄSST SICH DARÜBER MEHR IN ERFAHRUNG BRINGEN ?PER NEWSLETTER ;ODER SO ?

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