25.07.2016, 14:47 Uhr

Was der Windenergieausbau für Rotmilan und Mäusebussard bedeutet

Berlin – Das Forschungsprojekt Progress gilt als das größte Projekt, das sich mit den Auswirkungen des Windenergieausbaus auf die Bestände von Vögeln, insbesondere Greifvögeln, beschäftigt hat. Bei über 600 Anlagen wurden die Vogel-Kollisionen ermittelt und registriert. Zu den Schlussfolgerungen und Ergebnissen hat sich nun der ehemalige Bundestags-Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Hans-Josef Fell, geäußert.

Die Untersuchung Progress wurde von der Bioconsult SH GmbH & Co. KG aus Husum in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe für regionale Struktur- und Umweltforschung GmbH (ARSU) aus Oldenburg, dem Institut für Angewandte Ökosystemforschung GmbH (IfAÖ) aus Neu Broderstorf und der Universität Bielefeld durchgeführt. Fell findet die Feststellung, dass es Bestandsrückgänge für Mäusebussard und Rotmilan gegeben könnte, "sehr zweifelhaft".

291 Vögel in zwei Jahren und in 46 Windparks gefunden

In dem kürzlich vorgelegten Abschlussbericht des von der Bundesregierung geförderten Projekts Progress sei zunächst keine Bestandsgefährdung von Vogelarten nachgewiesen worden. Zwar geben die Autoren „Entwarnung für den größten Teil der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten, für die auch in Bezug zu dem sehr umfangreichen Ausbau der Windenergienutzung keine Bestandsgefährdung durch Kollisionen zu erwarten ist.“ Die Forscher, die vor allem im norddeutschen Tiefland aktiv waren, konstatieren „niedrige Fundraten“. Es seien aber auffällige Unterschiede z.B. zu den Daten der zentralen Fundopferdatei der Vogelschutzwarte Brandenburg festgestellt worden. Der Aufwand der Untersuchungen sei sehr hoch und die Datenlage immer noch gering, so die Wissenschaftler in ihrem Fazit. Insgesamt haben die Wissenschaftler im Zeitraum Frühjahr 2012 bis Frühjahr 2014 in 45 unterschiedlichen Windparks insgesamt 291 Vögle gefunden, die als Kollisionsopfer eingestuft wurden. . Die beiden am häufigsten gefundenen Arten waren die häufigen, weit verbreiteten Arten Ringeltaube (41) und Stockente (39). Es wurden 25 Mäusebussarde und fünf Rotmilane gefunden.

Fell: Windkraftgegnern wird das Vogelschutz-Argument genommen

Für wenige Vogelarten, vor allem für Mäusebussard und Rotmilan, sehen die Autoren allerdings Anzeichen dafür, „dass durch den derzeitigen Ausbauzustand bereits Kollisionsraten auftreten, die zu einem Bestandsrückgang führen können.“ Für Fell ist diese Einschätzung allerdings „sehr zweifelhaft“. Fell argumentiert, dass überhaupt nur unter einem geringen Bruchteil der Windenergieanlagen tatsächliche oder vermutete Kollisionsopfer gefunden worden. Dieses Ergebnis stehe nicht nur im Widerspruch zur Interpretation der Autoren, sondern auch zu zahlreichen bisherigen Erkenntnissen. Damit werden laut Fell gleich mehrere Problemfelder der Progress-Studie augenfällig. Dazu würden die Hochrechnungen für die Kollisionsopfer zählen. Mit einer GPS-Besenderung für Greifvögel gäbe es eine viel präzisere als die Progress-Methode, so Fell. Weitere wissenschaftliche Fehler und Ungereimtheiten der Progress-Studie legen nach Einschätzung des Politikers nahe, dass sogar die Vermutungen von Bestandsrückgängen von Mäusebussard und Rotmilan infolge von Windkraftkollisionen nicht tragfähig sind. Fell betont zudem, dass von Bestandrückgängen und nicht Bestandsgefährdungen die Rede ist. Insgesamt werde aber den Windkraftgegnern eines ihrer scheinbaren Argumente, nämlich, dass die Windräder eine Bestandsgefährdung für Vogelarten seien, genommen. Fell: „Der unbestritten notwendige Schutz von Vogelpopulationen ist offensichtlich mit der Genehmigungspraxis der letzten Jahre gewährleistet.“

Quelle: IWR Online

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