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Bundestag beschließt Strommarktgesetz

Den Strommarkt an die Anforderungen der Energiewende anpassen – so war die Bundesregierung mit dem neuen Strommarktgesetz gestattet. Am Ende kam aber weniger heraus als eine Minireform und eine Finanzspritze für alte Braunkohlekraftwerke.

Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen gegen die Opposition hat der Bundestag das neue Strommarktgesetz verabschiedet. Damit will die Bundesregierung den Strommarkt fit für die Energiewende machen, was allerdings nur halbherzig gelungen ist. Immerhin werden ab 2016 schrittweise Braunkohlekraftwerke stillgelegt. Das gilt allerdings nur für eine Gesamtleistung von 2,7 Gigawatt. Damit bleibt der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bei 13 Prozent der installierten Leistung stecken. Die restlichen 87 Prozent Braunkohlekraftwerksleistung werden am Netz bleiben.

Eine widersinnige Idee

Zudem sollen die geplanten 13 Prozent nicht tatsächlich vom Netz gehen. Sie werden für die kommenden vier Jahre als Kapazitätsreserve vorgehalten, die vom Stromkunden finanziert werden muss. Immerhin 1,6 Milliarden Euro bekommen die Kraftwerksbetreiber so als Sterbegeld für ihre alten Braunkohlemeiler ausgezahlt. Offiziell wolle man damit die Versorgungssicherheit aufrecht erhalten. So zumindest begründet Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Subventionsgeschenk. Konkret sollen diese Kraftwerke dann einspringen, wenn weder Wind weht noch die Sonne scheint – ein eher unwahrscheinliches Szenario. Wie diese Reserve technisch dann das Netz stabilisieren und die Stromversorgung absichern soll, ist komplett unklar. „Denn die Reserve steht erst nach elf Tagen zur Verfügung“, stellt Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von B90/Grüne im Bundestag, klar. „Dann ist entweder der Blackout da, oder die Knappheitssituation ist vorbei“, bringt er die widersinnige Idee der Bundesregierung auf den Punkt, ein Braunkohlekraftwerk hochzufahren, wenn der Ökostrom zu knapp wird.

Hürden für Speicher und flexible Strompreise bleiben

Krischer fordert, das Geld, das in diese Braunkohlereserve gesteckt wird, besser in erneuerbare Energien zu investieren. Vor allem kann die Volatilität der Stromerzeugung aus Sonne und Wind durch Speicher viel besser und sicherer ausgeglichen werden. Dafür hält das neue Strommarktgesetz aber genauso wenig bereit wie für flexible Haushaltsstrompreise. Dadurch können wie besser nicht nur Versorgungsengpässe, sondern auch Einspeisespitzen abgefedert werden. Die Bundesregierung geht aber mit dem neuen Strommarktgesetz weder die größte Hürde für Speicher an, die doppelt mit Netzentgelten belastet werden, weil man sie als Letztverbraucher und nicht als Netzstabilisatoren behandelt.

Reserven, Reserven, Reserven

Auch die freie Preisbildung an der Strombörse wird kaum ermöglicht – weder für die Verbraucher noch für die Erzeuger. So haben die Energieversorger nur zu einem verschwindend geringen Teil die sinkenden Preise an der Strombörse aufgrund der steigenden Einspeisung von Ökostrom weitergegeben. Doch auch die verschiedenen Reserven machen den Strom unnötig teurer. So will die Bundesregierung gleich sechs Reserven aufbauen. Neben der Braunkohlereserve soll es noch eine Kapazitätsreserve, eine Netzreserve, einen Lastabschaltreserve und eine Sicherheitsreserve geben, die alle der Stromkunde finanzieren muss. Statt den sogenannten Energy-only-Markt durchzusetzen, auf dem ausschließlich gelieferte Energiemengen gehandelt werden, die den Strompreis bestimmen, setzt die Bundesregierung weiter auf einen stark regulierten Strommarkt, der auch von den vorgehaltenen Kapazitäten bestimmt wird. Ob die Bundesregierung damit tatsächlich die Weichen für einen Wettbewerb von flexibler Erzeugung, flexibler Nachfrage und Speichern stellt, wie es Gabriel formuliert, bleibt mehr als fraglich. (Sven Ullrich)