© University of Twente / Elena Findeisen beim Aufbau des innovativen Zeltes auf dem Enscheder Campus
© University of Twente / Elena Findeisen beim Aufbau des innovativen Zeltes auf dem Enscheder Campus

Studentin half bei Entwicklung von Solarzelten für Flüchtlinge

Eine deutsche Studentin half im Rahmen ihrer Masterarbeit an der University of Twente bei der Entwicklung eines neuartigen Solarzeltes.

Enschede / Das Zelt verfügt über integrierte Solarmodule und verspricht schnelle Hilfe bei der Stromversorgung von Flüchtlingen oder in Krisenregionen.

Fernsehbilder von überfüllten Flüchtlingslagern und von Erdbeben erschütterten Regionen bewegen die Menschen weltweit. Wie gut wäre eine schnelle und unkomplizierte Hilfe, dachte sich auch Elena Findeisen aus Bochum. Sie begeisterte sich für die Idee, Zelte mit Solarpaneelen auszustatten. Notleidende ‘erhalten nicht nur ein Dach über den Kopf, sondern werden auch gleich mit Strom versorgt’, sagt die Studentin der University of Twente. Ein Konzept, das auch im deutschen Urlaubs- und Festivalalltag greifen könnte – für Zelte könnte der Komfort bequem erhöht werden. Der niederländische Vermarkter O&H Concepts und der Hersteller Airquee sehen bereits ein großes Potenzial in der gemeinsamen Entwicklung.

‘Seit Beginn meines Studiums an der University of Twente in Enschede hatte ich den Wunsch, etwas Nützliches zu entwickeln. Hinzu kam auch mein Interesse an erneuerbaren Energien’, erzählt Elena Findeisen. Ihr Wunsch ging mit ihrer Masterarbeit zu Zelten mit Solarpaneelen in Erfüllung. Zu Beginn des Projektes sei allerdings die Flüchtlingskrise noch nicht so groß gewesen wie jetzt. ‘Ich hatte Notsituationen nach Überschwemmungen wie in Pakistan oder das Erdbeben in Nepal vor Augen.’ Auch die University of Twente erkannte die Wichtigkeit des Projektes und unterstützte tatkräftig die 25-Jährige, die an der Fakultät CTW (Construeerende Technische Wetenschappen) ihren Abschluss im Industrial Design Engineeering absolvierte.

Strom für Handys und Beleuchtung

Bei einem Solar-Unternehmen untersuchte Elena Findeisen, wie extrem dünne und flexible Sonnenpaneelen am Zelt anzuwenden sind: Sie warf ihr Augenmerk bei der Master-Arbeit darauf, die sehr empfindlichen Paneelen sicher auf dem Zeltdach zu integrieren, damit sie beim Zeltaufbau und -abbau nicht beschädigt werden. ‘Die größte Herausforderung war, dass die zerbrechlichen Paneele aufrollbar bleiben bei Transport und Verpackung.’ Das sei ihr durch eine ‘Sandwich-Konstruktion gelungen, die als unterste Schicht über eine gewebte Matte von Strohhalmen verfügt.’ Ein entscheidender Beitrag von Findeisen zum Projekt.

Mission geglückt – das mit acht Solarpaneelen mit einer Gesamtfläche von sieben Quadratmetern ausgestattete Zelt bietet nun das, was bei Katastrophen verloren geht: Strom für beispielsweise Beleuchtung und Laptops sowie zum Aufladen von Handys und natürlich Schutz vor der Witterung. Eine Kommunikation bleibt erhalten und verbessert die Koordinierung der Flüchtlingshilfe. Die Verteilung der Zelte in Krisengebieten übernehmen Hilfsorganisationen.

Als weiterer Partner kam das Konzeptbüro O&H Concepts aus Hengelo hinzu, das bereits die Idee zu einem aufblasbaren Zelt hatte und zusammen mit Airquee das Solarzelt designt und produziert.

Wichtig für Erste-Hilfe und Kommunikation

Dank des mobilen Charakters sei dieses Zelt, das beim Hersteller O&H Concepts BV unter dem Begriff Self Supporting Inflatable (SSI) Shelters firmiert, auch kurzfristig als Registrierungszentrum, Kommunikationszentrum und als Erste-Hilfe-Einheit einsetzbar.
Und die Hilfe vor Ort ist ganz schnell und einfach: Eine mitgelieferte Pumpe bläst innerhalb von zehn Minuten das sechs mal vier Meter große Zelt auf. Problemlos kann es zu zweit durch normal kräftige Menschen aufgestellt werden. Je nach Bedarf wird das Zelt beispielsweise in drei Schlafräume und ein Wohnzimmer aufgeteilt und bietet – bei der Nutzung von Hochbetten – Platz für maximal 16 Personen.

Tagsüber wird überschüssige Energie in einer Batterie für die Nacht gespeichert. ‘Über die Software wird eine Sicherung eingebaut, wodurch sich das System automatisch abschaltet, wenn eine kritische Grenze erreicht wird, so dass zumindest die Beleuchtung für die Nacht gesichert ist’, erläutert Elena Findeisen.

‘Ein großes Marktpotenzial’

Mit Blick auf die heutige Weltlage sieht O&H Concepts ‘ein großes Marktpotenzial’, betont Jeroen Rijnenberg, Chief Concepts & Trendwatching. Und die Vermarktung hat bereits begonnen. Bei der DIHAD, der Internationalen Werkkonferenz für humanitäre Hilfe & Technologien in den Vereinigten Arabischen Emiraten, präsentierte das Unternehmen die neue Zeltkonstruktion. Das ‘Orient TV’ strahlte ein Interview mit Rijnenberg aus. ‘Das hat bereits zu zahlreichen Anfragen geführt.’

Und die Produktion und der Verkauf beginnen nun. Zunächst sollen in diesem Jahr 30 SSI-Produkte monatlich hergestellt werden. 2017 soll die Kapazität mit einem Partner auf 50 Zelte erhöht werden. 20 Prozent des Umsatzes sollen in Forschung und Entwicklung investiert werden. Damit wolle man die nachhaltigen Technologien weiter verbessern für den Einsatz in Krisengebieten, erläutert Rijnenberg. Raden Roro Rachel Harwini Harbantomo Tjokropranoto, CEO und Gründer von O&H Concepts, ist sehr zufrieden mit der internationalen Zusammenarbeit. ‘Wir sind Mitglied des Global Compact der Vereinten Nationen. Gemeinsam wollen wir ein internationales Bewusstsein für innovative Energie-Anwendungen schaffen.’

Es gilt, Menschen in Not zu unterstützen. Und hier zieht das Unternehmen mit der Uni-Twente-Studentin Elena Findeisen an einem Strang…

GastautorIn: Alf Buddenberg für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /