Investition in Hersteller von Kleinwindanlagen per Crowdfunding

24/05/2023

Die Finanzierung innovativer Kleinwindkraftanlagen findet weltweit zunehmend über Crowdfunding statt. Der private Investor sollte die Investition sorgfältig prüfen: Nicht alle technischen Konzepte sind erfolgsversprechend. Zwei Beispielprojekte und Tipps für Kleinwind-Investments helfen bei der Entscheidung.

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Teilnahme an der #ziek Blog-Parade: mit Crowdfunding zu mehr Klimaschutz

Mikro-Windanlagen für die Energieerzeugung vor Ort sind einer der häufigsten Technologien, die als Crowdfunding-Projekte im Bereich Erneuerbare Energien eine Unterstützung suchen.

Dieser Artikel fügt sich ideal in die #ziek Blog-Parade des Bundesumweltministeriums ein. Als Experte für Kleinwindanlagen sehe ich große Diskrepanzen bei den Erfolgschancen für Ideen im Bereich der Mikrowindkraft. Dieser Artikel erläutert Grundlagen und hilft dem Leser, sein Geld in aussichtsreiche Projekte zu investieren.

 

Crowdfunding ist Volksfinanzierung

Dank Crowdfunding muss man für die Finanzierung eines Projekts oder Produkts nicht mehr zur Bank, sondern kann sich an Millionen von Internetnutzern wenden. Banken als Vermittler sind außen vor, die Geldbeschaffung wird direkt zwischen Kapitalsuchenden und teils tausenden von Kapitalgebern abgewickelt. Ein berühmtes Crowdfunding-Projekt in Deutschland war der Stromberg-Film: über 3.000 Investoren haben damit einen Gewinn erzielt. Den Vorteilen von Crowdfunding stehen auch Nachteile gegenüber. Banken haben bessere Ressourcen, die Erfolgschancen innovativer Produkte zu beurteilen als private Kleinanleger.

Crowdfunding für Erneuerbare Energien

Wer sich über Crowdfunding im Bereich des Energiesektors und Erneuerbare Energien informieren möchte, sollte sich den Energieblog energynet.de anschauen. Energieblogger Andreas Kühl hat sich dem Thema angenommen und erstellt hilfreiche Übersichten. Das Spektrum der auf energynet.de dargestellten Crowdfunding-Projekte ist reichhaltig und vielseitig: Neben Erfindungen und Innovationen werden finanzielle Beteiligungen für Kraftwerksprojekte (z.B. PV-Anlagen oder Bürgerwindräder), Medienprojekte (z.B. Dokumentarfilme) oder Spenden für Entwicklungsprojekte gesucht.

Crowdfunding-Seiten bei energynet.de:

 

Crowdfunding für Kleinwindkraftanlagen

Wer sich für Kleinwind-Technik interessiert, hat über Crowdfunding ganz neue Möglichkeiten des Engagements. Wenn man z.B. kein geeignetes Grundstück für eine eigene Windanlage hat, kann man externe Projekte oder Innovationen anschieben. Doch Vorsicht ist geboten: Vor allem bei Kleinwindkraftanlagen trifft man regelmäßig auf kuriose Erfindungen, deren Erfolgschancen gering sind.

Weltweit gibt es zahlreiche Crowdfunding-Initiativen für Kleinwindanlagen oder deren Komponenten. In diesem Artikel wird ein Fokus auf Produktinnovationen gelegt. Eine Suche nach Kleinwind-Projekten bei der Crowdfunding-Plattform Kickstarter zeigt die Vielseitigkeit der eingereichten Projekte. Kanadische Wissenschaftler stellen beispielsweise den „Vibro-Wind Generator“ vor, der nicht mit einem Rotor, sondern über piezoelektrische Kontakte aus Wind Strom erzeugen soll. Eine Firma aus den USA versucht sich mit der Finanzierung eines Wechselrichters für Kleinwindräder. Zwei Projekte mit erfolgreicher Finanzierung mittels Crowdfunding werden im Folgenden vorgestellt.

Vertikale Mini-Windanlage aus dem 3D-Drucker für die ländliche Elektrifizierung

Vertikales Mini-Windrad
Vertikales Kleinstwindrad zur Handy-Aufladung (Quelle: RMRDTECH bei kickstarter.com)

Das Projekt wurde im Mai 2015 von RMRDTECH auf Kickstarter vorgestellt. Die Zielsumme von 40.000 USD wurde in kurzer Zeit übertroffen, insgesamt wurde eine Summe von über 45.000 USD von 325 Investoren bereitgestellt. Dabei handelt es sich teils um Spenden, teils um einen vorfinanzierten Produktkauf.

Diese Kleinstanlage mit vertikaler Rotorachse hat eine Nennleistung von 5 Watt, um damit über einen USB-Stick kleine Elektrogeräte wie Handys zu laden. Zur Zwischenspeicherung des volatilen Windstroms werden kleine Batterien verwendet. Um die Produktion der Windräder überall auf der Welt zu ermöglichen, werden wichtige Komponenten für den 3D-Drucker ausgelegt. Für die Rotorblätter mit den Maßen 50 x 25 cm wird Segeltuch verwendet. Nach Angabe der Entwickler haben diese bei einem Aufenthalt in Zentralamerika von 2010 bis 2012 mit selbstgebauten Miniatur-Windturbinen über 1.500 Handys und Taschenlampen geladen.

Weitere Infos auf der Projektseite bei Kickstarter.

Windrad ohne Rotorblätter

Eine ebenfalls erfolgreiche Projektfinanzierung kann das spanische Unternehmen Vortex vorweisen. Das Vorhaben wurde im Juni 2015 auf die Crowdfunding-Plattform Indiegogo gestellt. Die Zielsumme von 50.000 USD wurde in kürzester Zeit eingesammelt. Insgesamt haben 1.155 Kleinanleger Finanzmittel von über 64.000 USD bereitgestellt.

Die Vortex-Anlagen sehen aus wie zylinderförmige Masten. Die Energiegewinnung erfolgt über die sogenannte Vortizität oder Wirbelstärke. Wenn Wind auf die Pfeiler trifft kommt es zu einer Oszillation, die wiederum in Energie umgewandelt wird. Das kleine Modell Vortex Mini hat eine Leistung von 4 kW, das Modell Vortex Gran wird mit 1 MW Leistung angegeben.

So mancher Windenergie-Experte schüttelt bei dieser Technologie den Kopf und würde wohl kein Cent investieren. Das A und O der Ertragskraft einer Windanlage ist die Windangriffsfläche, bei herkömmlichen Windanlagen in Form der umstrichenen Rotorfläche. Damit ist die Kreisfläche des sich drehenden Rotors gemeint. Fehlt diese Fläche, kann nur sehr wenig Energie umgewandelt werden. Warnungen und kritische Berichte über die Vortex-Technologie gibt es unter anderem bei Technology Review und bei Renewables International.

Skurril muten auf der Projektseite die Merchandising-Angebote von Vortex an: Man kann T-Shirts, Fächer und Trinkflaschen mit Vortex-Grafiken erwerben.

Fazit

Das erste Beispiel mit dem vertikalen Miniwindrad hat mit den erfolgreichen Praxistests der Vorgängermodelle eine realistische Erfolgschance. Die flügellosen Vortex-Windanlagen dagegen werden von vielen Experten kritisch beurteilt. Ein Merkmal der weltweiten Kleinwindkraft-Branche sind die unzähligen technischen Konzepte und auf dem Markt vorgestellten Innovationen. Längst nicht alle dieser Ideen haben in Bezug auf Technik und Marktreife realistische Erfolgschancen. Wer per Crowdfunding innovative Kleinwindräder finanziell unterstützt, sollte vorsichtig sein. Das Geld sollte in sinnvolle Kanäle fließen. Dann werden die Innovationen gestützt, die Aussicht auf Erfolg haben.

Tipps für die Beurteilung von Kleinwind-Innovationen

Wer in Startups oder Produktideen im Bereich der Kleinwindenergie investieren will, sollte ein paar Fakten beachten.

Wind kann extreme Kräfte ausüben

Sturm - Orkan - Schäden
Sturmschäden führen die Kraft des Windes vor Augen

Bei einem Sturm wirken gewaltige Kräfte auf der Kleinwindkraftanlage. Eine hohe Qualität der Komponenten und eine ausgefeilte Sturmsicherung sind von großer Bedeutung für die langfristige technische Verfügbarkeit. Je größer der Rotor, desto stärker die Windleistung. Hat der Hersteller für Starkwindbelastungen ein Konzept? Hat er ähnliche Anlage oder Prototypen bei starkem Wind schon getestet?

Schlechte Windverhältnisse in Bodennähe

Ein Betrieb des Rotors in geringer Entfernung von nur wenigen Metern vom Boden oder von einer Dachfläche entfernt ist oft problematisch. In Bodennähe ist nicht nur die Windgeschwindigkeit viel zu schwach, es können ungünstige Windturbulenzen entstehen. Vor allem private Dachinstallationen im Siedlungsgebiet gehören zu den fragwürden Anwendungsfällen. Der Hersteller muss beweisen, dass seine Anlagentechnik für den beschriebenen Anwendungszweck funktioniert und nennenswert Strom produziert.

Angaben zu Jahreserträgen bei realistischen Windbedingungen

Die Nennung vermeintlicher Vorteile wie Geräuschlosigkeit und niedrige Anlauf-Windgeschwindigkeit  der Kleinwindenergieanlage verschleiert manchmal den Blick für das Wesentliche. Eine Kleinwindanlage ist ein Kraftwerk. Als Investor muss man einen Anhaltspunkt haben, wie viel Strom das Kleinwindrad pro Jahr erzeugt. Unter Windbedingungen, die für den Betreiber des Windrads realistisch sind.

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Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.