Prozesswärmekessel einer Fernwärmeanlage. Foto: BDH

Wie die Deutschen heizen

von | 25. Juni 2015

Was macht ein Deutscher bei 30 Grad im Schatten? Ein Feuer! Und zwar zum Grillen.

Wenn das Ther­mo­meter jedoch deutlich unter die magische Hitzegrenze-​Marke fällt, ist Holzkohle eher nicht gefragt. Dann nehmen Erdgas, Heizöl, Holz und immer mehr strom­ba­sierte Heiz­systeme wie Wärme­pumpen das Heft in die Hand. Der BDEW will es in schöner Regel­mä­ßigkeit genauer wissen und bilan­ziert in einer aktuellen Broschüre die Heiz­ge­wohn­heiten der Deutschen.

Dabei gibt es laut BDEW 5 wichtige Erkennt­nisse, die allesamt nicht neu und teils nicht mal Erkennt­nisse, eher Binsen­weis­heiten sind. Dennoch – wenigstens das erste ist ein Symptom für den Sanie­rungstau im Heizungskeller:

32 Prozent der Heizungen 20 Jahre oder älter

Öl-​Heizungen sind dabei oftmals noch älter als andere Heizungs­systeme. Heizungs­systeme, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, verur­sachen mehr Ener­gie­kosten und höhere CO2-​Emissionen als moderne Geräte.

Klar, dass die Ölheizung nicht gut wegkommt, aber dazu später. Inzwi­schen finden sich in deutschen Kellern auch genügend alte Gaskessel. Die Studie selbst gibt des Alters­un­ter­schied von Ölkesseln zu den von leitungs­ge­bun­denen Systemen mit 2 Jahren an.

Trend von Öl zu Erdgas

Wird ein Heizungs­system erneuert, ist dies besonders bei Öl-​Heizungen häufig mit einem Wechsel des Ener­gie­trägers verbunden.Die über­wie­gende Mehrheit der Heizungs­an­lagen, die seit 2000 auf Erdgas umge­stellt wurden, nutzte zuvor Heizöl als Ener­gie­träger. Der Trend weg vom Öl, hin zum Erdgas ist unge­brochen und kann weiter genutzt werden.

Das freut den BDEW als wich­tigsten Bran­chen­ver­treter der deutschen Gas- und Fernwärmewirtschaft. 

EVU über­wiegen bei der Wärmeversorgung

Die Ener­gie­ver­sorger sind im Heizungs­markt eine maßgeb­liche Größe. Zwei Drittel der Wohnungen werden mit Heizungs­sys­temen beheizt, die von den Ener­gie­ver­sorgern mit leitungs­ge­bun­denen Energien beliefert werden. Erdgas, Fernwärme oder Strom kommen in zahl­reichen verschie­denen Heizungs­sys­temen zum Einsatz. Damit ist die Wärme­ver­sorgung in Deutschland ein Kern­ge­schäft der Energieversorger.

Was denn sonst. Wenn mehr als die Hälfte der Wärme­kunden Gas beziehen, rund 12 % Fernwärme (gern auch mit Anschluss­zwang) und rund 6 % Strom, sind sie auf ein EVU ange­wiesen. Lediglich Öl, Kohle und Holz kommen ohne EVU aus. Die dürften aber gerade mal 35 % am Markt ausmachen.

Große Zufrie­denheit der Kunden

Eine große Mehrheit der Kunden, die Heizungs­systeme auf Basis leitungs­ge­bun­dener Ener­gie­träger nutzen – zum Beispiel die Erdgas-​Zentralheizung oder die Fern­wär­me­heizung –, ist mit ihrer Anlage zufrieden. Die unkom­pli­zierte und konti­nu­ier­liche Bereit­stellung der Energie durch die Versor­gungs­un­ter­nehmen trägt in erheb­lichem Maße zur Zufrie­denheit der Kunden bei.

Etwas Eigenlob muss sein. Es gibt aber auch andere Stimmen dazu.

Der Heizungs­markt verdient eine diffe­ren­zierte Betrachtung

Der Heizungs­markt in Deutschland ist heterogen und besteht sowohl aus Ein- als auch aus Mehr­fa­mi­li­en­häusern. Die Beheizung dieser Gebäu­de­typen erfolgt unter verschie­denen Ausgangs­si­tua­tionen, die jewei­ligen Bewohner haben verschiedene Ansprüche und Bedürfnisse.

Was für eine Binse. Am Strand liegt Sand.

Der künftige Markt

Inter­es­santer wird es, wenn es um die künftige Aufteilung des Marktes geht. Der BDEW sieht 5,5 Millionen Öl-​Zentralheizungen, von denen 2,2 Millionen in Gebieten mit Gas- und 240.000 in Fernwärme-​Infrastruktur liegen. Diesen Schatz will man natürlich heben. Unum­wunden heißt es: Die Umstellung alter Öl-​Anlagen auf leitungs­ge­bundene Systeme bietet Ener­gie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen ein großes Marktpotenzial.

Umstellung einfach, schnell, preiswert?

Den Umwelt­nutzen wollen wir mal nicht in Abrede stellen, jedoch den preis­lichen Vorteil, der in der Broschüre beschworen wird. Bei den derzei­tigen Ölpreisen ist der nicht nach­voll­ziehbar. Doch „einfache, schnelle und preis­werte Umstellung des Ener­gie­trägers auf Erdgas oder auch auf Fernwärme“, wie behauptet, gibt es so nicht. Anschluss­ge­bühren fallen in jedem Fall an. Die Fern­wär­me­preise sind oftmals über­teuert, was auch das Bundes­kar­tellamt fest­stellte. Ihr Umwelt­nutzen ist nicht in jedem Fall gegeben.

Nun zu den Fakten, und hier gibt es tatsächlich Ände­rungen gegenüber den Vorjahren:

  • Zentral­hei­zungen: 78,4 Prozent der Wohn­ge­bäude und 70,4 Prozent der Wohnungen 

Wohnungen

  • Erdgas: 47,8 Prozent
  • Heizöl: 26,8 Prozent
  • Fernwärme 13,5 Prozent

Wohn­ge­bäude

  • Erdgas: 47,7 Prozent
  • Heizöl: 28,9 Prozent
  • Fernwärme: 5,2 Prozent
  • 56,1 Prozent der Wohn­ge­bäude und 63,5 Prozent der Wohnungen werden demnach mit leitungs­ge­bun­denen Ener­gie­trägern versorgt.

Die Studie befasst sich auch ausführlich mit dem Moder­ni­sierer. Dies wird Thema eines zweiten Beitrages sein.

Die Broschüre „Wie heizt Deutschland?“ kann hier herun­ter­ge­laden werden.

Kursiv = Studienzitat

Vorschaubild: Prozess­wär­me­kessel einer Fern­wär­me­anlage. Foto: BDH

Studi­en­design

Die GfK nutzte für die Umfrage ihr Consumer Panel mit insgesamt 16.500 Privat­haus­halten, die reprä­sen­tativ für die Bevöl­kerung in Deutschland in allen rele­vanten sozio­de­mo­gra­fi­schen Kriterien (Alter, Einkommen, Berufs­tä­tigkeit etc.) stehen. 5.227 Teil­nehmer dieses Consumer Panels wurden für die Studie „Wie heizt Deutschland?“ 2014 schriftlich mit einem struk­tu­rierten Frage­bogen, der gemeinsam von BDEW und GfK erar­beitet wurde, befragt. Die Befragung soll im zwei­jähr­lichen Rhythmus wiederholt werden.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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