„Ein umwelt- und industriepolitisches Trauerspiel“

„Ein umwelt- und industriepolitisches Trauerspiel“

Erneuerbare Energien – allen voran die Photovoltaik – durchleben zurzeit eine schwere Phase in Deutschland. Simone Peter, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, sieht die Gründe dafür überwiegend in der „verkorksten Energiepolitik“. Vor allem das „tatenlose Zusehen beim Untergang der heimischen Solarwirtschaft“ sei Schuld an der aktuellen Krise. Im Interview analysiert Simone Peter die aktuelle Situation sowie die Zukunft der Photovoltaik und der deutschen Solarwirtschaft.

 

Milk the Sun: Frau Peter, wie bewerten Sie den Entwicklungsstand des Photovoltaik-Marktes und der Solarindustrie vor dem Hintergrund des neuen EEG, der verfehlten Zubauziele und der startenden Ausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen?

Simone Peter: Kanzlerin Merkel hat beim Neujahrsempfang des BEE von einer „Atempause“ für die Solarindustrie gesprochen. Die meisten Branchenkenner diagnostizieren eher schwere Atemnot.

Ständig erreichen uns aus der Solarbranche Hiobsbotschaften über Insolvenzen und drastischen Arbeitsplatzabbau. Der Zubau 2014 blieb mit 1.900 MW noch unter dem von der Großen Koalition abgesenkten Zielkorridor. Für 2015 sind die Prognosen noch düsterer. Hier droht eine energiepolitische Erfolgsgeschichte made in Germany abzubrechen. Eine Zukunftsbranche wird abgewickelt. Das ist ein umwelt- und industriepolitisches Trauerspiel.

Ohne einen deutlich größeren Beitrag der Sonnenenergie, lassen sich weder die Klimaziele noch das Versprechen der Energiewende erfüllen. Doch die Bundesregierung schaut dem Niedergang der heimischen Solarwirtschaft nicht nur tatenlos zu, sie hat der Branche mit immer neuen Belastungen die Luft abgedrückt. Die überbürokratischen und beengenden Konditionen der PV-Ausschreibungen sind da nur das jüngste Beispiel. Ohne Umsteuern führt Merkels „Atempause“ über kurz oder lang zum Atemstillstand.

 

Milk the Sun: Laut „Deutschem Energiekompass“ sinkt die Akzeptanz der Bürger gegenüber der Energiewende immer weiter. Wie erklären Sie sich diesen Trend nach den Jahren des Solarbooms?

Simone Peter: Meines Erachtens bezieht sich dieser wachsende Unmut nicht auf die Energiewende an sich, sondern auf die verkorkste Energiepolitik der Bundesregierung. Die Erneuerbaren Energien, gerade auch die Solarenergie, genießen weiter überwältigenden Rückhalt in der Bevölkerung. Von solchen Zustimmungswerten können andere Branchen und Institutionen nur träumen. Aber die Bundesregierung stellt gerade einen der populärsten Aspekte der Energiewende zur Disposition, nämlich die dezentrale Energieerzeugung in Bürgerhand. Das Abwürgen der PV und die drohenden Ausschreibungen für die Windbranche treffen Energiegenossenschaften und Bürgerenergie-Projekte besonders.

 

„Den Erneuerbaren Energien gehört die Zukunft.“

 

Milk the Sun: Aktuell ist die deutsche Solarbranche stark getroffen von den Markteintritten chinesischer Unternehmen mit immer günstigeren Modulpreisen. Deutsche Qualitätshersteller erwirtschaften Verluste und streichen immer mehr Stellen. Kann sich dieser Trend in Zukunft noch einmal zum Positiven wenden?

Simone Peter: Unter den zehn führenden Solarkonzernen der Welt ist kein einziger deutscher mehr. Das ist ein bitterer Befund. Im der Solarbranche ist seit 2011 jeder zweite Arbeitsplatz verloren gegangen. Wo einst 130.000 Menschen Arbeit und Lohn fanden, sind es heute weniger als 50.000. Die Probleme sind teils hausgemacht, teils Folge der Dumping-Konkurrenz aus China. Trotzdem sehe ich die Chance, dass innovative Unternehmen weiter Kunden überzeugen und am Markt bestehen können. Eine Voraussetzung dafür ist aber, dass die Politik den deutschen Solarmarkt nicht weiter drangsaliert.

 

Milk the Sun: Welche Entwicklung(en) sehen Sie für die Photovoltaik in Deutschland? Und wie schätzen Sie die Relevanz von Energiespeichern und dem Zusammenspiel aller erneuerbaren Energien in diesem Kontext ein?

Simone Peter: Langfristig bleibe ich optimistisch. Den Erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Sonne und Wind werden die Grundpfeiler der deutschen Energieversorgung werden, in einem breiten Mix Erneuerbarer Energien. Schlechte Politik kann diese Entwicklung verzögern, sie wird sie aber nicht aufhalten.

Wir danken Frau Peter für das Interview.

 

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Im Rahmen der Fortsetzung der Interviewreihe „Vier Fragen an …“ stellt der Milk the Sun-Blog führenden Köpfen aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die nationale und internationale Energiepolitik, die Energiewende und  die Reform des EEGs.

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