Lange Zeit waren sie das Opfer ihrer eigenen Propaganda: „Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4 Prozent unseres Strombedarfs decken“. Doch spätestens im Jahr 2010, als alleine in einem einzigen Jahr Solarmodule mit einer Spitzen-Leistung von über 7 Gigawatt (GW) in Deutschland montiert wurden (7 GW ist so viel wie sieben große Kernkraftwerksblöcke leisten können), da haben sie gemerkt, dass Erneuerbare Energien in der Hand von engagierten Bürgern ein ernstzunehmender Wettbewerber für ihre fossilen und atomaren Kraftwerke ist. Und dann haben sie rasch und entschlossen gehandelt, die Manager der Stromwirtschaft. Wenn schon Geld mit der Energiewende verdient werden soll, dann möchten sie es natürlich selbst tun. Und man muss einräumen, sie haben professionell reagiert.

Ihre erste selbstgestellte Aufgabe war: Sie mussten Politik und Medien davon überzeugen, dass sie das bessere Konzept hätten - riesige Windanlagen weit draußen auf dem Meer - wo keine Bürgerinitiative Ärger macht und der Wind (angeblich) fast immer weht.

Mit diesem Konzept glaubte die Bundesregierung guten Gewissens ihre Unterstützung der Hobby-Stromerzeuger auf der Kuhwiese zurückfahren zu können, denn die Großtechnik auf dem Meer versprach mehr Strom und billigeren Strompreis (später stellte sich heraus, dass der geringere Strompreis doch nicht möglich war, aber da waren die Weichen in Richtung Offshore bereits gestellt).

Dann, wenige Jahre später - direkt nach dem Fukushima Desaster kam der zweite Coup:

Angela Merkel kündigte nach einer Beratung mit den Managern der Stromwirtschaft den Bau der Supertrassen an, mit dem Ziel den Atomausstieg zu flankieren. Diese Idee mit dem Fernübertragungs-Stromnetz war geradezu genial. Die Planung von Super-Stromleitungen, die angeblich den Windstrom von der Küste bis nach Süddeutschland transportieren sollten, überzeugte nicht nur die tonangebenden Politiker, sondern auch viele Umweltfreunde. Seit der Verkündung des großen Netzausbauplans durch Angela Merkel kurz nach dem Fukushima Desaster geht ein tiefer Riss durch die Umweltbewegung.
Der Bau von Ferntransporttrassen wird von vielen Umweltfreunden und Atomkraftwerksgegnern als notwendiges Opfer angesehen. Nur mit riesigen Windrädern und Supertrassen kann man ihrer Meinung nach der mächtigen Atomenergie Paroli bieten. Riesige Ausmaße beeindrucken immer! Gegner des Trassenbaus werden als ahnungslose - realitätsfremde Idealisten angesehen (es sei denn, sie sind zufällig Ministerpräsident eines Bundeslandes).

Und die technischen Zusammenhänge sind so kompliziert, dass weder Politiker noch Umweltaktivisten die versteckten Mängel in der Planung entdecken (ein bekanntes Problem bei vielen Großprojekten, vom Hauptstadtflughafen bis zur „Atommüll-Endlagerung“).

Die Idee mit dem Fernübertragungs-Stromnetz war noch aus einem anderen Grund genial, denn so ein Netz kann man - wenn die Angelegenheit mit der Windenergie-Versorgung scheitert - immer noch für den Verkauf von Strom aus den Braunkohlekraftwerken nutzen, und für jeglichen anderen Stromhandel. Es sind die Stromnetze, mit denen die elektrische Energie zu den Kunden gebracht wird; Stromnetze als wichtigste Handels-Instrumente und als zukunftssichere Investition mit einer garantierten Rendite von fast 10 Prozent.

Den Ausbau der Fernübertragungs-Stromnetze wird die Stromwirtschaft engagiert weiter betreiben, gleichgültig, ob sie Windstrom oder Braunkohlestrom übertragen, schon wegen der schönen Rendite. Die Netze liegen in ihrem eigenen Interesse. Aber dass die Versorgung mit dem Windstrom nicht funktionieren wird, das wird sich möglicherweise erst zeigen, wenn die Netze fertig gestellt sind. Und schon wieder gehen wichtige Jahre für die Umstellung auf die Erneuerbaren Energien verloren.

Unsere Aufgabe ist deshalb klar. Wir müssen die grundlegenden Fehler in der Planung so schnell wie möglich öffentlich machen. Am besten geht das, wenn wir auf das Fehlen der Stromspeicher und auf das Missverhältnis zwischen dem Strombedarf an einem windstillen Winterabend (fast 80 GW) und der Übertragungsleistung der geplanten Fernleitungen (unter 8 GW) verweisen. Bei diesem Missverhältnis bleiben wir „auf ewig“ von fossilen Kraftwerken abhängig.

Die Politiker und ihre Wähler müssen begreifen, das die etablierte Stromwirtschaft uns mit ihren großartigen Ankündigungen einer Versorgung aus deutschen Offshore-Windparks und norwegischen Pumpspeicherkraftwerken schlicht an der Nase herumführt. Der fehlende Ausbau von Stromspeichern für die Zeiten von Wind- und Solar-Schwäche verrät ihr Desinteresse an den Erneuerbaren Energien.

Um das begreiflich zu machen, haben wir einen ausführlichen Folienvortrag ins Internet gestellt, den Referenten des SFV auch bei Ihnen halten möchten. Dieser Vortrag eignet sich ebenfalls zum Selbststudium. Wenn Fragen auftreten, beantworten wir sie gerne telefonisch.

Den Vortrag finden Sie unter „Fernübertragungstrassen oder Stromspeicher“. Machen Sie sich die Mühe, ihn einmal anzuschauen.