Belectric und Vattenfall koppeln erstmals Batteriespeicher an großes Solarkraftwerk

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Bernhard Beck ist seinem Ziel einen Schritt näher gekommen. „Wir sind jetzt auf Augenhöhe mit konventionellen Kraftwerksbetreibern“, sagt der Geschäftsführer und Gründer von Belectric anlässlich der offiziellen Eröffnung der so genannten Energy Buffer Unit beim Solarkraftwerk Alt Daber. Der Batteriespeicher erlaubt es, die so genannte primäre Regelleistung einzuspeisen, und zwar in das 110 kV-Hochspannungs-Verteilnetz, an das auch das Solarkraftwerk angeschlossen ist. Das ist noch die Ausnahme, die meisten Photovoltaik-Kraftwerke sind an das Mittelspannungs- und Niederspannungsnetz angeschlossen. „Es wird immer behauptet, Solarkraftwerke könnten das nicht. Wir zeigen jetzt das Gegenteil.“ Vattenfall, ebenfalls bei der Eröffnung anwesend, vermarktet die Regelleistung.

Beck sieht das als energiewirtschaftlichen Beitrag der Photovoltaik, die ihr zusätzlich eine Berechtigung verschafft, zügig ausgebaut zu werden. Es passt ins Portfolio, hat er doch schon in der Vergangenheit Solarkraftwerke mit Systemen ausgestattet, die nicht nur tagsüber, sondern auchnachts die im Netz nötige Blindleistung zur Verfügung stellen können.

Bernhard Beck, Geschäftsführer von Belectric. Foto: Belectric

Primärregelenergie dient dazu, schnelle Fluktuationen der Stromnachfrage oder des Stromangebots innerhalb weniger Sekunden auszugleichen und dadurch Spannung und Frequenz im Netz konstant zu halten. Sie wird unabhängig von dem Handel an der Strombörse abgerechnet und auf die Netzentgelte umgelegt (Siehe Glossar Energiemarkt von Energy Brainpool, pv magazine September 2014). Es geht bei dem neuen Speicher als nicht darum, Solarstrom vom Tag in die Nacht zu bringen.

Premium-Regelenergie aus den Batterien

Bernhard Beck betont, dass der Batteriespeicher jetzt nicht nur die Regelenergie zur Verfügung stellen kann, sondern mit einer Reaktionszeit unterhalb einer Sekunde schneller als die konventionellen Kraftwerke, die diese Aufgabe bisher alleine übernehmen. Das würde wiederum zusätzliche Kosten sparen. „Wenn Sie schnell auf Frequenzänderungen reagieren, müssen Sie insgesamt weniger Regelleistung vorhalten, als wenn Sie langsam reagierende Einheiten haben“, erklärt Beck. Daher ist er der Überzeugung, dass sich diese Batteriespeicher energiewirtschaftlich schon jetzt sinnvoll sind, vor allem weil bei zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien die schnellen Fluktuationen zunehmen würden.

Auch wenn im Prinzip sinnvoll, unter den derzeitigen Regulierungen allerdings lässt sich dieser jetzt gebaute Speicher laut Beck nur dadurch wirtschaftlich betreiben, dass er teilweise mit Fördergeldern finanziert wurde. „Damit er auch unter diesen Bedingungen wirtschaftlich ist, müssen die Kosten um rund ein Drittel sinken“, sagt Beck. Das könnte jedoch schon bald der Fall sein, schließlich war Alt Daber ein Pilotprojekt, wo Belectric "viel gelernt hat". Wenn die Bedingungen stimmen, dazu gehören zum Beispiel auch günstige Kosten für den Netzanschluss, könnten die nächsten Installationen jetzt durchaus schon durch Markterlöse finanzierbar sein. In Alt Daber gab es übrigens den Synergieeffekt, dass der Speicher den Hochspannungs-Netzanschluss mitnutzen kann.

Speicher sind derzeit allerdings auch in der Regulierung benachteiligt.Das Argument führen auch etwa die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken an. Die Betreiber werden nämlich als Verbraucher behandelt und müssen auf die elektrische Energie, die sie einspeichern, Umlagen und Abgaben zahlen. Wir der Speicher entladen, fallen diese Zahlungen nochmals an.

Derzeit diskutieren Experten viel darüber, wieviel Primärregelenergie nötig ist und wie diese bereitgestellt werden kann.Agora Energiewende hat in der Speicherstudie (undhier undhier) einige Szenarien untersucht, um zu analysieren, wann wieviel Speicherkapazität nötig ist. Den Primärregelenergiemarkt im Übertragungsnetz hat sie aber ausgelassen, da „es sich zum einen hierbei nur um eine geringe vorzuhaltende Leistung (circa 500 bis 600 Megawatt in Deutschland, drei Gigawatt in Europa)“ handele.

Bei dem Projekt in Alt Daber ist Vattenfall mit im Boot, das die Vermarktung der Regelenergie übernimmt. Das dürfte ja durchaus als Hinweis gewertet werden, dass auch der Netzbetreiber einen Markt für die Regelenergie aus dem Batteriespeicher sieht.

Energy Buffer Unit von Belectric mit einem Blei-Säure Batteriespeicher. Die Unit soll weltweit verkauft werden. Leistung: 800 Kilowatt, Kapazität 948 Kilowattstunden. Foto: Belectric

Auf der technischen Seite geht Belectric einen anderen weg als zum Beispieldie Wemag mit Younicos, die einen großen Lithium-Ionen Batteriespeicher, der nicht direkt an ein Solar- oder Windkraftwerk gekoppelt ist, zur Vermarktung von Primärregelenergie eröffnet haben (siehe auchKommentar: Das Ende des Must-Run-Märchens).

Blei-Säure-Batterie mit hoher Betriebsspannung

Belectric setzt dagegen auf Blei-Säure-Akkus, weil das insgesamt günstiger sei. Auch sonst haben sie laut Bernhard Beck auf die Kosten optimiert und zum Beispiel eine mit 1500 Volt eine hohe Betriebsspannung für die Batterien gewählt, seines Wissens seien sie „auch da die ersten“. Die hohe Betriebsspannung erlaube, Leitungen und damit Kupfer einzusparen und die Zahl der Wechselrichter zu reduzieren. Die Speicherkosten würden sich bei der Verdoppelung der Betriebsspannung ungefähr halbieren. Der Batteriespeicher hat eine Einspeiseleistung von 800 Kilowatt und eine Kapazität von 948 Kilowattstunden. Das Kraftwerk Alt Daber hat eine Leistung von 68 Megawatt und ist 2011 an das Netz gegangen.

Belectric verkauft die Energy Buffer Unit jetzt auch einzeln. Sie wird in einem Container geliefert, ist cirka 36 Tonnen schwer und soll Käufer im In- und Ausland finden. (Michael Fuhs)

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