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Von unten aufgerollt

Dem türkischen Solarmarkt wird glanzvolles Wachstum prophezeit. Aber er zündet nur langsam. Ab 2015 wird er im Jahr um ein Gigawatt wachsen – stetig und zuverlässig. Denn die Sonne lockt – und der Eigenverbrauch.

Lebe deine Träume: Mit diesem Slogan warb die türkische Tourismusindustrie vor wenigen Jahren um deutsche Urlauber. Sonne satt, Meer und Wind – doch die erneuerbaren Energien kommen in der 80-Millionen-Republik am Bosporus nicht voran. „Bis Ende dieses Jahres wird die Gesamtleistung der installierten Photovoltaikgeneratoren rund 100 Megawatt erreichen“, sagt Murat Catakli. Der 42-Jährige ist in Heidelberg aufgewachsen. Er hat in Deutschland das Abi gemacht, eine Lehre als Betriebswirt absolviert. Seit Jahren unterstützt der deutsche Firmen in der Türkei, vornehmlich beim Aufbau von Vertriebsstrukturen. Seit 2010 ist er in der Photovoltaikbranche tätig, mit einer Firma in Istanbul.

Murat Catakli bildet Solarteure aus. Er baut keine Anlagen, sondern er zeigt jungen Leuten und gestandenen Handwerkern, wie man Photovoltaikanlagen professionell baut und vermarktet. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie in Berlin gibt er den DGS-Leitfaden „Fotovoltaik Sistemler“ heraus, der Ende des Jahres in der zweiten, aktualisierten Ausgabe erscheint. „Innerhalb von zwei Jahren sind die ersten tausend Exemplare bereits vergriffen“, erzählt er. „Die Nachfrage nach fundierten Kenntnissen über die Photovoltaik wächst in der Türkei stetig an.“

Seit Sommer 2012 laufen die Kurse, mittlerweile wurden 570 Fachkräfte ausgebildet. Der mehrtägige Lehrgang beinhaltet die Grundlagen der Photovoltaik, die Technik und Montage, spezielle Fragen zu Offgridsystemen und den Umgang mit dem Projektordner. Alle Dozenten stammen aus der Türkei, sind aber in Deutschland groß geworden.

Lizenzfreie Anlagen treiben den Markt

Wenn Catakli die Zubauzahlen schätzt, dann meint er die so genannten lizenzfreien Anlagen, die maximal ein Megawatt Leistung haben. Für 2015 schätzt er dieses Marktsegment auf rund 400 Megawatt. „In der Türkei wird fleißig gebaut“, meint er. „Die neuen Rahmenbedingungen der Regierung werden effektiv umgesetzt. Und sie werden in den kommenden Jahren stabil bleiben.“ Er resümiert: „Wir werden in der Türkei keine Überhitzung wie in Spanien, Italien oder Griechenland bekommen, mit drei, vier oder mehr Gigawatt Zubau im Jahr. Ein Gigawatt pro Jahr, das ist realistisch.“

Die zuständige Behörde hat für die Abnahme der Generatoren ein Stab aus fünf oder sechs Fachleuten gebildet. Sie geben den Takt des Marktes vor, denn jede Anlage braucht umfangreiche Planung und eine Freigabe. Zudem neigen sich die Ausschreibungen von rund 600 Megawatt für Anlagen mit mehr als einem Megawatt dem Ende zu. Seit im Sommer wurde diese Kapazität für Großprojektierer ausgeschrieben. Aber die Ergebnisse werden erst im Dezember erwartet. „So kamen beispielsweise Angebote mit 400.000 Euro je Megawatt“, berichtet der Insider. „Das kann niemand bauen, auch nicht unter türkischen Sonnenverhältnissen.“ Ein simpler Trick: Um möglichst geringe Preise zu bieten, haben die Anbieter mit einer Standzeit der Anlage von 49 Jahren gerechnet.

Kampfpreise für den Zuschlag

Mit solchen Verwerfungen schlägt sich die zuständige Vergabebehörde nun herum. Auch üben sich die Beamten in Vorsicht, weil bei früheren Ausschreibungen von Windkraftrotoren etliches schiefging. Damals hatte die Regierung ein ähnliches Ausschreibungssystem benutzt – und war gescheitert. Um den Zuschlag zu bekommen, unterboten sich die Kombattanten gnadenlos. Zwar erhielten sie die Lizenz, doch die angebotenen Windparks wurden nie gebaut: Weil das Geld zur Refinanzierung nicht reichte.

Zudem hat die Behörde den Netzanschluss vorgegeben, weil das Stromnetz in der Türkei veraltet ist. „Es stehen kaum genug Transformatoren zur Verfügung, um die zusätzliche Solarleistung aufzunehmen. „Aber bis Jahresende wird klar, wer bauen darf“, erläutert Murat Catakli. „Dann werden die 600 Megawatt im kommenden Jahr tatsächlich gebaut. Mit den 400 Megawatt aus lizenzfreien, kleineren Anlagen kommen wir also auf ein Gigawatt.“ Wichtig für ihn ist: Die türkische Regierung sieht in der Photovoltaik eine wichtige Säule der Stromversorgung. „Sie soll kontinuierlich und langfristig zugebaut werden. Das geht eben nicht so schnell, von heute auf morgen.“ (Heiko Schwarzburger)

Den vollständigen Report lesen Sie im Novemberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 6. November 2014 erscheint.