Dilemma für Energieversorger: EuGH kippt Regelung zu Preisanpassung in Tarifkundenverträgen

Die Klauseln für Preisanpassungen in Energieliefer-Verträgen für Tarifkunden in Deutschland sind unwirksam, da sie nicht den europarechtlichen Anforderungen an die Transparenz für die Kunden entsprechen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem am 23.10.2014 veröffentlichten Urteil entschieden.

Zur Begründung heißt es, es könne nicht sein, dass die Versorgungsunternehmen nach der derzeit geltenden Strom-Grundversorgungs-Verordnung (StromGVV) nicht verpflichtet sind, dem Kunden Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung spätestens dann offenzulegen, wenn ihm die Änderung mitgeteilt wird.

Energieversorger stehen vor einem Dilemma
Das Urteil hat weitreichende Folgen, denn Tarifkunden beziehungsweise Grundversorgungskunden stellen heute mit einem Anteil von rund 40 Prozent immer noch einen Großteil der Energiekunden. Sie beziehen ihren Strom über Standardverträge der Energieversorger.
Nachdem der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 31.07.2013 bereits die „Leitbildrechtsprechung“ in Sonderkundenverträgen aufgegeben hatte, stünden die Energieversorger nun vor einem Dilemma, berichtet Rödl & Partner (Nürnberg). Weder für Sondervertragskunden noch für Tarifkunden bestehe derzeit eine rechtssichere Grundlage für Preisanpassungen.
„Das Chaos ist nun perfekt“, erklärt Rechtsanwalt Christian Marthol. „Die Politik muss jetzt schnell handeln. In einem Massengeschäft wie der Energieversorgung muss es verlässliche gesetzliche Grundlagen für die Erhöhung oder Senkung von Preisen geben. Alles andere ist weder praktikabel noch akzeptabel.“
„In einigen Tagen soll eine Änderung der StromGVV in Kraft treten, um die Bedenken des EuGH auszuräumen. Es ist aber keinesfalls sicher, dass diese Änderungen den strengen Anforderungen des EuGH genügen werden“, ergänzt Heike Viole.

EuGH ermöglicht Rückzahlungsansprüche
Von einer weiteren Hiobsbotschaft blieben die Energieversorger allerdings nicht verschont: Rückzahlungsansprüche für die Vergangenheit hat der EuGH nicht ausgeschlossen, die Entscheidung gilt auch für die Vergangenheit. „Damit werden die Versorger für die Versäumnisse der Politik in den letzten Jahren bestraft“, so Marthol.
Hintergrund des Verfahrens ist die Klage von Verbrauchern gegen die Erhöhung ihrer Strom-Gaspreise durch die Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG und die Stadtwerke Ahaus GmbH. Die Verträge mit den Versorgern hatten sie zwischen 2005 und 2008 abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hatte die Verfahren dem EuGH vorgelegt, da europarechtliche Grundsätze in Bezug auf den Verbraucherschutz berührt waren.

25.10.2014 | Quelle: Rödl & Partner | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen