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Gegen eine "Renaissance der Atomkraft"

Ärztekammer fordert Umdenken im Sinne einer generationsübergreifenden Gesundheitsverantwortung - "Atomkraft ist reelle Gesundheits- und Lebensbedrohung"

Die Wiener Ärztekammer begrüßt ausdrücklich die Initiative der österreichischen Bundesregierung, im Sinne von Public Health eine Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die staatlichen Subventionen für Bau und Betrieb von zwei Reaktoren im geplanten Atomkraftwerk Hinkley Point C in Großbritannien einzubringen. Mit den von der scheidenden EU-Kommission erlaubten staatlichen Zuschüssen wird in Großbritannien der erste Neubau eines Atommeilers seit fast 20 Jahren stattfinden.

"Die Atomkraftwerkskatastrophen der letzten Jahre zeigen, dass diese Technologie nicht nur potenziell, sondern auch reell gesundheitsgefährdend und lebensbedrohend ist", warnt Piero Lercher, Referent für Umweltmedizin der Ärztekammer für Wien.

Die Subventionen würden auf zwei Wegen fließen: Einerseits erhält der Betreiber des Kraftwerks, der französische Konzern EdF, eine staatliche Bürgschaft für alle Kredite, die er für den Bau aufnimmt. Zusätzlich garantiert ihm der Staat für 35 Jahre stabile Einnahmen, indem er EdF einen deutlich über dem derzeitigen Marktpreis für Strom liegenden Abnahmepreis gewährt.

Als "äußerst bedenklich" bezeichnet Lercher auch den Umstand, dass keine Kostentransparenz vorherrscht, was die Entsorgung und Lagerung der gesundheitsgefährdenden radioaktiven Abfälle betrifft. Ebenso wenig sind Kosten für etwaige Unfälle und Freisetzungen radioaktiver Substanzen einkalkuliert. Lercher: "Die Umweltprobleme und daraus resultierende Kosten werden, wie es die bisherigen Kernkraftunfälle gezeigt haben, der Allgemeinheit überantwortet und die Verantwortlichen sind für Schadensersatzansprüche nicht greifbar."

"Eine Mindestforderung muss daher sein, dass die verantwortlichen Personen, die diese Entscheidungen getroffen haben, und die Betreiber der Kernkraftwerks Haftungsgarantien abgeben und Fonds in Milliardenhöhe für Katastrophenfälle einrichten", so Lercher.

Reaktorunfälle sind kein nationales Problem

Bei dem Projekt in Großbritannien handelt es sich laut Lercher "um einen Präzedenzfall, der scharf kritisiert und verhindert gehört". Tatsache sei, dass die Atomstromförderung mit größter Wahrscheinlichkeit Nachahmer in anderen Ländern finde und im Sinne einer "Renaissance der Atomkraft" mit Aus- und Neubauprojekten in Tschechien, Ungarn oder Finnland gerechnet werden müsse. "Daher müssen wir in Mitteleuropa rechtzeitig reagieren", ist Lercher überzeugt - speziell vor dem Hintergrund, dass beispielsweise in der Slowakei bereits ein Endlager für radioaktiver Abfälle in Mochovce geplant ist: "Diese Tatsache ist leider den wenigsten bekannt."

Vor einem Reaktorunfall sei niemand gefeit, denn selbst die modernste Kernkrafttechnologie sei "unbeherrschbar und fehleranfällig". Tschernobyl, Fukushima & Co haben auf dramatische Weise gezeigt, dass die Gesundheitsgefährdung und Lebensbedrohung durch radioaktive Verstrahlung keine Utopien und schon gar keine nationalen Probleme seien. Auch die Unfallfolgen könnten "definitiv nicht in ihrer Ausbreitung auf andere Länder eingegrenzt werden". Damit aber betreffe das Gefahrenpotenzial eines Kernkraftwerks schnell eine sehr hohe Bevölkerungszahl.

Lercher: "Die aktuelle Subventionspolitik beweist, dass Atomstrom ohne Förderung unrentabel ist. Zudem ist auch aus ärztlich-moralischer Sicht nicht einzusehen, warum für solche Projekte die Gesundheit ganzer Generationen aufs Spiel gesetzt werden soll." Atomkraft stelle aufgrund der technischen Nichtbeherrschbarkeit weder eine umweltschonende noch eine fördernswerte Energieform dar und sei daher "im Sinne unserer Verantwortung für zukünftige Generationen" strikt abzulehnen.

Quelle Ärztekammer für Wien



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /