29.07.2014, 12:11 Uhr

Roland Berger: Energiebranche braucht frische Ideen

München – Eine Branchenanalyse des Beratungsunternehmens Roland Berger kommt zu dem Ergebnis, dass die Profitabilität in der deutschen Energiewirtschaft gesunken ist. Ein starkes regulatorisches Umfeld mache daher neue Geschäftsmodelle und frische Ideen der Versorger notwendig.

Mit der neuen Studie "Deutsche Energiewirtschaft 2014" von Roland Berger analysiert das Beratungsunternehmen den deutschen Energiemarkt mit seinen rund 500 Energieversorgern. Die vollständige Studie wird erst im August veröffentlicht.

Profitabilität lässt immer weiter nach

Die Experten von Roland Berger analysieren in der Studie detailliert die Situation der Energieversorger im aktuellen Marktumfeld. Dabei fließen vor allem Kriterien wie die Finanzlage, die Effizienz der Produktionsprozesse sowie das gesamte Geschäftsmodell der einzelnen Firmencluster in die Bewertung ein. Betrachtet werden rund 500 Energieversorger unabhängig von Größe oder regionalem Tätigkeitsbereich. So werden sowohl große Verbundunternehmen als auch kleine Stadt- und Gemeindeversorger in der Studie berücksichtigt. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Branchenumsätze sich zwischen 2004 und 2012 zwar positiv entwickelt haben, die Profitabilität jedoch merklich gesunken ist. So verringerte sich beispielsweise die Ebitda-Marge bei Verbundunternehmen von 25 Prozent im Jahr 2004 auf 16 Prozent im Jahr 2012. Bei den regionalen und lokalen Versorgern ist die Situation ähnlich. Hier verringerte sich die Ebitda-Marge im gleichen Zeitraum von 22 auf 15 Prozent.

Kohle- oder Gaskraftwerke lohnen sich immer weniger

"Sinkende Margen sind hauptsächlich auf die niedrigeren Gewinne mit konventionellen Anlagen wie Kohle- oder Gaskraftwerke zurückzuführen. Aber auch der starke Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren spielt eine wesentliche Rolle. Denn diese haben bislang noch keinen maßgeblichen Ergebnisbeitrag geliefert", so Roland Berger-Partner Torsten Henzelmann.

Private Versorger rentabler als kommunale Unternehmen

Auch die Eigentümerstruktur spielt laut Studie eine wichtige Rolle. So konnten privatwirtschaftlich geführte Stadtwerke im Jahr 2012 eine höhere Kapitalrendite (Return on Capital Employed (ROCE)) erwirtschaften als Stadtwerke in kommunaler Hand.

"Private Energieunternehmen arbeiten profitabler und setzen ihr Kapital gewinnbringender ein als Versorger, die mehrheitlich in öffentlicher Hand liegen", sagt Torsten Henzelmann. "Das liegt in erster Linie an den flexibleren und schlankeren Unternehmensstrukturen. Damit können Firmen schneller und besser auf das veränderte Marktumfeld reagieren und wettbewerbsfähig bleiben."

Schwierigkeiten aufgrund geringer Kapitalausstattung

Größere Effizienzwerte bezgl. Umsatz in Verbindung mit den eingesetzten Mitteln sieht Roland Berger im Allgemeinen bei den größeren Stadtwerken. Kritisch wird es laut Studie besonders für kommunale Versorger, die evtl. durch ihre Anteilseigner wie Stadt oder den Gemeinden über eine geringere Kapitalausstattung verfügen. "Deutsche Versorger sollten ihr Produktportfolio sorgfältig prüfen und optimieren, wenn Bereiche bzw. Leistungen nicht mehr rentabel sind", rät Henzelmann. "Denn durch eine kleinere Leistungstiefe und -breite können Anbieter fokussierter arbeiten und Kosten sparen", so Henzelmann weiter.

Roland Berger empfiehlt daher Anbietern, die weiterhin erfolgreich am Markt agieren wollen, mit passenden Produkten und Dienstleistungen sowie Partnerschaften und neuen Vergütungsmodellen zu reagieren. Dies könnte helfen, die Unternehmensergebnisse kurzfristig zu verbessern. "Um in diesem neuen Wettbewerbsumfeld profitabel zu wirtschaften, sollten Energieanbieter effizienter werden und neue Geschäftsmodelle entwickeln. Dabei kommen Produktinnovationen, Kooperationen und neue Vergütungsmodelle infrage", erklärt Henzelmann.

VKU kritisiert: Will Roland Berger Neukunden aus der Energiebranche gewinnen?

Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) erklärt: "Bei der Bewertung der Unterschiede in den Kapitalrenditen privater und rein kommunaler Unternehmen bleibt offensichtlich unberücksichtigt, dass sich Unternehmen der Privatwirtschaft in der Regel nicht an den Verlusten aus den Bereichen ÖPNV oder Bäder beteiligen. Dass kommunale Unternehmen, die auch solche Tätigkeiten ausüben, eine andere Kapitalrendite erzielen als reine Energieversorger, wird niemanden überraschen, sagt aber über die Effizienz der Unternehmen nichts aus." Man könnte eher den Eindruck haben, dass es Roland Berger um die Gewinnung von Neukunden aus der Energiebrache ginge. Zudem kritisiert der VKU einzelne Medien, die aus der Studie folgern, dass nach nach Gera weitere Stadtwerke insolvenzgefährdet seien. Dies lasse sich nicht aus der Studie von Roland Berger ableiten, so Reck. Die Stadtwerke Gera AG beantragte Ende Juni 2014 ein Insolvenzverfahren, nachdem das zuständige Landesverwaltungsamt der Stadt die Aufnahme eines notwendigen 30,5 Mio. Euro schweren Kredites abgelehnt hatte. Mit diesem Kredit sollte die Stadt Anteile an einer Wohnungsbaugesellschaft von den Stadtwerken übernehmen.


© IWR, 2014