Zur Info: Marco Bülow ist der einzige SPD-Abgeordnete, der gegen das EEG 2014 mit
"Nein" gestimmt hat.

Ich kann dieser Reform des EEG nicht zustimmen.

Seit Beginn meiner Abgeordnetentätigkeit setze ich mich im Deutschen Bundestag für die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Die jetzt beschlossenen Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz werden den nötigen Umbau unseres Energieversorgungssystems nicht beschleunigen, sondern es droht ein Ausbremsen der Dynamik bei den erneuerbaren Energien. Das EEG war immer ein Parlamentsgesetz, es wurde aus dem Parlament heraus entwickelt und verändert.

Diesmal ist es den Parlamentariern nicht mal gelungen, entscheidende Änderungen an der Regierungsvorlage durchzusetzen. Fundamentale Änderungen werden höchstens auf Druck der EU-Kommission vorgenommen. Umwelt- und Energiepolitiker der SPD-Fraktion haben versucht, die schlimmsten Punkte im Sinne der erneuerbaren Energien wenigstens zu entschärfen, doch weil die Unionsverhandlungsgruppe die Position der Erneuerbaren noch weiter verschlechtern wollte, ist es im Wesentlichen beim Regierungsentwurf geblieben.

Zwar wird diese Reform nicht das Ende des EEG und des Ausbaus der erneuerbaren Energien zur Folge haben, sie ist aber der Einstieg in den Ausstieg. Nach bisherigem Stand werden 2016/2017 Ausschreibungen festgelegt, obwohl bisher alle Erfahrungen mit Ausschreibungsmodellen in anderen Ländern negativ waren.

Damit werden in Deutschland bewusst viele Errungenschaften der bisherigen Energiewende zunichte gemacht.

Es scheint also große Kräfte in diesem Land zu geben, die kein Interesse daran haben, dass die Dynamik des Erneuerbaren-Ausbaus beibehalten oder beschleunigt wird, und denen die Akteursvielfalt ein Dorn im Auge ist. Dies zeigt auch der Aufwand, mit dem in den letzten Jahren Kampagnen gegen das EEG betrieben wurde.

Der eigentliche Vorteil des EEG – die enorme CO2 Reduzierung – wird gar nicht mehr erwähnt, obwohl gerade diesbezüglich das Gesetz eine riesige Erfolgsgeschichte ist. Mittlerweile wird die Klimabilanz in Deutschland allerdings wieder schlechter. Aber nicht nur das Argument Klimaschutz spricht für ein anspruchsvolles EEG. Andere Argumente sind:
Generationengerechtigkeit, Ressourcenschutz, technische Innovationen, Schaffung von Arbeitsplätzen, eine verstärkte regionale Energieversorgung, zunehmende Unabhängigkeit von Energieimporten, Vermeidung von Gesundheits- und Folgekosten in Milliardenhöhe, wie sie durch die fossile und nukleare Industrie entstehen.

Alles hat sich zuletzt nur noch auf eine undifferenzierte Kostendiskussion, eine Problematisierung der erneuerbaren Energien
konzentriert. Die wesentlichen Begründungen für die jetzige EEG-Reform waren, die Kosten zu senken und die Erneuerbaren besser in den Markt zu integrieren. Beide „Probleme“ werden durch die jetzigen Vorschläge nicht gelöst. Der Neubau von Solar- und Windkraftanlagen macht nämlich nur noch einen geringen Teil der EEG-Umlage aus. Zu den größten Faktoren beim Anstieg der EEG-Umlage in den letzten Jahren gehören dagegen der auszugleichende sinkende Börsenpreis für Strom sowie die Ausnahmeregelungen für die Industrie. Letztere wurden jetzt aber doch nicht, wie von vielen Experten gefordert, eingeschränkt, sodass wirklich nur die Unternehmen profitieren, die im internationalen Wettbewerb stehen, sondern sogar eher ausgeweitet. Nahezu alle Branchen können bei entsprechendem Anteil der Energiekosten an der Bruttowertschöpfung die Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen. Die großzügigen Übergangsregelungen lassen sogar befürchten, dass die Kosten für die übrigen Normalverbraucher durch die besondere Ausgleichsregelung sogar noch ansteigen. Man muss also das Kostenargument als Vorwand interpretieren, die Erneuerbaren zu beschneiden, da man nur hier die Kostenschere ansetzt und nicht bei der übrigen Industrie.

Auch eine bessere Integration in den Markt ist lediglich so zu verstehen, dass sich die Erneuerbaren in dem bestehenden Energiesystem ein- und somit unterordnen sollen. Dieses ist aber für große fossile und nukleare Kraftwerke konzipiert, denen nicht mehr die Zukunft gehört. Es würde viel mehr Sinn machen, ein komplett neues Marktdesign zu etablieren, das die erneuerbaren Energien in den Mittelpunkt stellt. Das wäre zwar der richtige Schritt, um das System frühzeitig zukunftssicher zu machen, aber nicht im Interesse der großen Energieversorgungsunternehmen, die die Entwicklung verschlafen haben und mit ihrem veralteten Kraftwerkspark noch so viel Geld wie möglich verdienen wollen.

Die jetzige EEG-Reform ist zwar sehr umfassend, da sie einen grundsätzlichen Wandel in der Systematik bei der Förderung der erneuerbaren Energien weg von festen Vergütungssätzen hin zur verpflichtenden Direktvermarktung und zu – aus meiner Sicht besonders problmatischen – Ausschreibungen bringt, aber sie ist nicht der große Wurf, der nötig gewesen wäre, um die Energiewende einen entscheidenden Schritt voranzubringen.

Hierzu hätte zum Beispiel, wie genannt, ein neues Marktdesign gehört, die Frage der Verknüpfung und Regelung der Erneuerbaren untereinander, mit Speichern und die Integration in die Netze, der Einsatz erneuerbarer Technologien im Bereich der Wärme und Mobilität usw. Ein ganzheitliches umfassendes Energiewendepaket wäre sinnvoll gewesen.

Der Hinweis, dafür fehle die Zeit, weil die Kosten explodieren würden und die EU Druck machen würde, ist nicht nachvollziehbar. Den Anstieg der EEG-Umlage sehe ich zwar auch kritisch, aber in anderen Bereichen, zum Beispiel Öl, sind zeitweise die Preise viel stärker angestiegen als bei Strom, ohne dass dies zu irgendeiner Form von Aktionismus geführt hätte. Und auch das EU-Argument ist fadenscheinig, weil Deutschland als – vor allem wirtschaftlich – größtes EU-Land auch in vielen anderen Bereichen seinen Einfluss geltend gemacht hat. Hier hat man sich dagegen gerne treiben lassen.

Der enge Zeitplan wird nun auch als Vorwand genommen, dass man viele Kritikpunkte und Änderungsforderungen nicht mehr berücksichtigen kann. Dabei gab es trotz der viel zu geringen Beratungszeit viel Kritik nicht nur vonseiten der Parlamentarier, sondern auch vonseiten der Bundesländer, der Verbände, der Verbraucher und vor allem auch von Energieexperten. Diese Kritik von anerkannten Fachleuten, unter anderem geäußert in öffentlichen Anhörungen der zuständigen Fachausschüsse des Deutschen Bundestages, wurde in keiner Weise berücksichtigt. Die Interessen der vier großen Energieversorger und der Großindustrie finden sich allerdings in dem jetzt zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf eindeutig wieder.

Zudem werden nun Maßnahmen beschlossen, die nur aus populistischen Gründen und zu Wahlkampfzwecken in bestimmten Bundesländern versprochen wurden, die aber für die Energiewende völlig kontraproduktiv sind. Die Einführung einer Länderöffnungsklausel zur Vorgabe von Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und zulässigen Nutzungen wird von allen maßgeblichen Experten kritisiert. Auch diese Kritik hatte keinen Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren, was ich ausdrücklich kritisiere.

Ich befürchte, dass mit dieser EEG-Reform das Rad in die falsche Richtung gedreht wird.

Das EEG führte zu vielen Errungenschaften: einen ungekannt schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien mit all seinen klimaschonenden und volkswirtschaftlich positiven Effekten, eine Dezentralisierung der Energieproduktion und eine Akteursvielfalt, die es sonst im Energiebereich nicht gibt. Über 50 Prozent der erneuerbaren Energien befinden sich in der Hand von Bürgern und Genossenschaften und nicht von vier großen Unternehmen. All diese positiven Faktoren haben dazu
geführt, dass Deutschland international als Vorbild gesehen wird und das EEG in so vielen Ländern kopiert wurde.

Viele Länder schauen auf Deutschland. Das Signal, das der Bundestag mit der Zustimmung zu diesem fragwürdigen Gesetzentwurf international aussendet, ist eindeutig: „Der Ausbau der Erneuerbaren geht uns zu schnell. Wir als eines der technologisch führenden Länder dieser Erde sehen uns nicht in der Lage die Energiewende, so wie es nötig wäre, zu bewerkstelligen. Wir kapitulieren vor den Interessen einiger großer Unternehmen.“ Dieses Signal ist fatal. Auch deswegen würde ich einem solchen Gesetz niemals zustimmen.